Weihnachten in der Corona-Krise:Trotzdem froh und munter sein

Roland Zeiler-Matthe im Klinikum Harlaching in München, 2020

Roland Zeiler-Matthé will mit der Familie eine Zoom-Konferenz machen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Münchnerinnen und Münchner erzählen, wie das Coronavirus ihre Weihnachtstraditionen durcheinander bringt - und wie sie das Beste daraus machen.

Von Lea Arbinger und Sophia Kaiser

Feiern auf Abruf

Roland Zeiler-Matthé, 40, Bereichsleiter der Notaufnahme Klinikum Harlaching und Neuperlach: Dieses Jahr, mit der Coronapandemie und den anhaltend hohen Zahlen im Raum München, ist eine Weihnachtsplanung für das medizinische Personal wohl noch schwieriger als sonst - denn als Arzt muss man ständig auf Abruf erreichbar sein. "Das wird spannend dieses Jahr, weil wir gar nicht wissen, wie es weitergeht mit Covid 19. Ich kann gar nicht sagen, bin ich in der Klinik oder zu Hause", erzählt Roland Zeiler-Matthé. Der 40-Jährige ist Bereichsleiter der Notaufnahme der München-Klinik in Neuperlach und Harlaching und damit erste Anlaufstelle für Corona-Patienten, aber auch für jeden anderen Notfall.

Sein Plan für ein mögliches Weihnachten zu Hause steht trotzdem schon fest. Die Idee dafür ist ihm während der Arbeit gekommen, bei den mittlerweile zur Routine gewordenen Online-Konferenzen. "Ich werde eine Zoom-Konferenz mit meiner Familie machen. Das ist eine Möglichkeit, dass man sich wenigstens mal sieht", erzählt Zeiler-Matthé. Ein persönlicher Besuch sei auch wegen der eventuellen Infektionsgefahr nicht möglich.

Mit seinem Freundeskreis habe er ein solches digitales Treffen schon einmal erfolgreich ausprobiert. Angekündigt habe er die Idee auch schon bei allen Familienmitgliedern, jetzt müsse nur noch ein bisschen Nachhilfe zum Thema Zoom her. Er lacht. Auch das gehe gerade nur übers Telefon. Und doch könnte auch alles anders kommen, denn bei einem eventuellen Umschwung der aktuellen Corona-Lage, muss Zeiler-Matthé natürlich in der Klinik sein. "Das ist okay, wir wissen das seit Anfang des Jahres. Es geht ja nicht um was Banales, wir haben Menschenleben vor Augen", sagt Zeiler-Matthé. Von Sophia Kaiser

Glühwein statt Strand

Weihnachten in der Corona-Krise: „Dieses Jahr wird ein sehr trauriges Weihnachten“ für Kamila Soares.

„Dieses Jahr wird ein sehr trauriges Weihnachten“ für Kamila Soares.

(Foto: Gino Dambrowski)

Kamila Soares, 25, Studentin aus Brasilien: Ursprünglich wollte Kamila Soares nur einen Monat in Deutschland Urlaub machen. Das war vor sechs Jahren. Die 25-jährige Brasilianerin studiert im fünften Semester Kommunikationswissenschaften an der LMU. "Weihnachten in Brasilien ist ganz anders als hier", sagt sie. Im Dezember ist in Brasilien Sommer. "Wir haben keinen Tannenbaum, keinen Schnee und keinen Glühwein - auch den Nikolaus oder den Krampus gibt es nicht", erzählt sie. Was es in rauen Mengen gibt: Fleisch und Bier. "Wir sind Weihnachten mit unserer Familie zusammen. Wir grillen, gehen an den Strand oder ins Schwimmbad. Wir verbringen den ganzen Tag zusammen, nicht nur den Abend." Schokolade gebe es nicht, dafür sei es zu heiß.

Weihnachten kommen alle zusammen: Tanten, Großeltern, Eltern und Geschwister. "Dieses Jahr wird ein sehr trauriges Weihnachten für mich." Kamila Soares fliegt nicht in die Heimat. Gerade in diesem Corona-Jahr hätte die 25-Jährige ihre Eltern und Großeltern gerne in den Arm genommen. "Wegen Corona ist das unmöglich." Zum einen sei es zu gefährlich, 14 Stunden auf engstem Raum in einem Flieger zu sitzen. Zum anderen arbeite Kamila Soares Mutter in einer Klinik. Dazu komme, dass die Flugtickets wegen Corona gerade sehr teuer seien. "Ich müsste sowohl in Brasilien als auch dann in Deutschland in Quarantäne." Dieses Weihnachten verbringt Kamila Soares mit ihrer Cousine, die auch in München wohnt - "viel kleiner und ohne Sonne". Von Lea Arbinger

Zu zweit genießen

Weihnachten in der Corona-Krise: „Unser Weihnachtsfest war bisher immer geprägt von Großfamilie“, erzählt Sonja Guggenberger. Dieses Jahr freut sie sich auf schöne Tage mit ihrer Tochter.

„Unser Weihnachtsfest war bisher immer geprägt von Großfamilie“, erzählt Sonja Guggenberger. Dieses Jahr freut sie sich auf schöne Tage mit ihrer Tochter.

(Foto: Catherina Hess)

Sonja Guggenberger, 50, Geschäftsführerin beim Verband alleinerziehender Mütter und Väter: Ein anderes Weihnachtsfest erleben dieses Jahr auch die Alleinerziehenden. Ob mit kleinen oder schon erwachsenen Kindern, wenn der Familienbesuch ausfällt, sitzt man dieses Jahr wohl nur noch zu zweit unter dem Weihnachtsbaum. "Unser Weihnachtsfest war bisher immer geprägt von Großfamilie. Meine drei Geschwister mit Familie, dazu kommen die Großeltern und sogar die Geschwister vom Mann meiner Schwester," erzählt Sonja Guggenberger. 17 bis 19 Personen kamen so oft für Heiligabend im Haus von einem der Geschwister zusammen - nur dort gibt es genügend Platz für alle. Dieses Jahr sieht das bei der 50-Jährigen und ihrer 21-jährigen Tochter allerdings anders aus, statt großer Feier gibt es ein besinnliches Beisammensein zu zweit. Doch traurig klingt Guggenberger am Telefon trotzdem nicht.

"Einerseits ist das bitter, andererseits besinnt man sich so auf das Wesentliche zurück. Wir haben uns und sind gesund," sagt sie mit einem Lächeln in der Stimme. Sie ist sich sicher, dass ein Fest zu zweit die Besinnlichkeit nicht schmälern wird. Denn Rituale sind trotzdem wichtig, gerade bei Alleinerziehenden, sagt sie. Das erfahre sie auch täglich bei ihrer Arbeit als Geschäftsführerin des Verbandes alleinerziehender Mütter und Väter (VAMV). Gemeinsames Kochen, Weihnachtsdüfte genießen und mit alten Fotoalben in Erinnerungen schwelgen, steht in diesem Jahr auf dem Heiligabend-Programm. Und ein Besuch von Guggenbergers Mutter im Pflegeheim. Wie der zu der Zeit mit den geltenden Regeln ablaufen kann, müsse man zwar noch abwarten. Betrübt sein hilft aber keinem weiter, da ist sich Guggenberger sicher. Und vielleicht freut man sich dann nächstes Jahr umso mehr auf die wieder gemeinsame Weihnachtsfeierei. Von Sophia Kaiser

Nur auf den Friedhof

Weihnachten in der Corona-Krise: Robert Hesner stellt sich auf „ein Homeoffice-Weihnachten“ ein.

Robert Hesner stellt sich auf „ein Homeoffice-Weihnachten“ ein.

(Foto: Robert Haas)

Robert Hesner, 50, alleinstehend und kinderlos: Ein großes Familienessen, kein Stress, die Stimmung gediegen - so beschreibt Robert Hesner, 50, sein Weihnachten. Zumindest das Weihnachten, das er all die Jahre vor Corona gefeiert hat. Vor dem Essen geht der 50-Jährige normalerweise auf den Friedhof und anschließend in die Kirche zum Gottesdienst. In diesem Jahr bleibt davon nur der Besuch auf dem Friedhof. "Das große Familienessen fällt aus, das würde ja gar nicht gehen und muss schließlich nicht sein - auch, weil meiner Mutter dabei nicht so wohl ist", erzählt er. Dazu komme, dass der Stiefvater schwerer Asthmatiker ist - und somit zur Risikogruppe gehört.

Auch in die Kirche will er nicht gehen, es gebe schließlich nur begrenzt Plätze. Vom Online-Gottesdienst halte er nichts. "Alle in der Familie sind momentan sehr vorsichtig und sensibel. Beim Essen würden mehrere Generationen zusammenkommen. Man will ja das ganze Jahr über nicht umsonst auf alles verzichtet haben." Er selbst hat keine Kinder und ist alleinstehend. Robert Hesner besucht seine Mutter und den Stiefvater heuer vermutlich allein am Nachmittag, ganz sicher ausgemacht sei aber noch nichts. Ob und wie er seine Geschwister trifft, wisse er jetzt noch nicht. Dass es aber anders wird, als in den letzten Jahren, ist klar: "Heuer wird wohl ein Homeoffice-Weihnachten." Von Lea Arbinger

Einfach mehr Geduld

Weihnachten in der Corona-Krise: Ein Lichtblick sind die Lockerungen an Weihnachten für Doris Scheinkönig. Sie sieht jedoch „in den Regeln nicht den Sinn, sich dann jeden Tag mit anderen zehn Leuten zutreffen“.

Ein Lichtblick sind die Lockerungen an Weihnachten für Doris Scheinkönig. Sie sieht jedoch „in den Regeln nicht den Sinn, sich dann jeden Tag mit anderen zehn Leuten zutreffen“.

(Foto: Robert Haas)

Doris Scheinkönig, 68, Rentnerin: Als Großeltern die Kinder samt Enkel zu empfangen, ist zu Weihnachten bei vielen Tradition. Da viele Freizeiteinrichtungen geschlossen sind, wird sich die Familienweihnacht dieses Jahr wohl größtenteils in den eigenen vier Wänden abspielen, wie auch bei Doris Scheinkönig. Statt den üblichen rund 15 Personen, die fürs jährliche Weihnachtsfest aus dem Familienkreis zusammenkommen, sind es dieses Jahr nur neun. Ihre Tochter mit Familie, einer ihrer Brüder mit seiner Partnerin sowie eine enge Freundin werden anwesend sein. Auch die anderen Weihnachtsfeiern mit den engsten Freunden will Scheinkönig dieses Jahr hintanstellen. "Ich sehe in den Regeln nicht den Sinn, sich dann jeden Tag mit anderen zehn Leuten zutreffen", sagt sie.

Trotzdem habe sie sich über die Lockerung während der Weihnachtsfeiertage gefreut, so könne man immerhin einen Teil der Familie empfangen. Doch besonders die Programmgestaltung für die Enkelkinder wird in diesem Jahr schwieriger. Die zwölf und sechzehn Jahre alten Enkelkinder müssten schließlich auch mal das Hausverlassen und rauskommen, sagt Scheinkönig. "Wir machen uns als Großeltern natürlich Gedanken darüber, was man mit den Kindern machen kann, damit sie eine schöne Zeit haben. Normalerweise fahren wir in die Stadt, besuchen Museen oder gehen Eislaufen." Mit dem Lockdown sind diese Ideen dieses Jahr nicht umsetzbar. Was noch bleibt sind gemeinsame Spaziergänge, Spieleabende oder der Besuch der Krippe in einer der Kirchen. Irgendwas werde man für die gemeinsamen fünf Tage schon finden, ist sich Scheinkönig sicher. Man müsse einfach mehr Geduld mitbringen - die Großeltern und auch die Enkelkinder. Von Sophia Kaiser

Auf Oma aufpassen

Weihnachten in der Corona-Krise: Zehn Erwachsene und sonst nur Kinder - für Carolin Engel könnte Weihnachten sein wie immer. Doch: "Wir wollen nicht an einem Tag so tun, als ob nichts wäre."

Zehn Erwachsene und sonst nur Kinder - für Carolin Engel könnte Weihnachten sein wie immer. Doch: "Wir wollen nicht an einem Tag so tun, als ob nichts wäre."

(Foto: Gino Dambrowski)

Carolin Engel, 46, Mutter: Normalerweise feiern Carolin, Stefan, Emil und Mathilda Engel Weihnachten groß. Jedes Jahr hat sich die Familie bei der Tante von Carolin Engel getroffen und mit der Familie gefeiert. "Wir sind immer zehn Erwachsene", erzählt sie. In diesem Jahr müsste sich für die Engels nichts ändern. Zehn Erwachsene - so viele Personen dürfen an Weihnachten zusammenkommen, Kinder unter 14 zählen nicht. Für Carolin Engel ist das trotzdem nicht die Lösung. "Wir wollen nicht an einem Tag so tun, als ob nichts wäre. Das kommt uns komisch vor. Ich glaube auch nicht, dass ich mich wohl dabei fühlen würde", sagt die 46-Jährige. Ihre Mutter und Tante seien beide über 70, die Cousine gehöre zur Risikogruppe.

Auch auf Kirchgänge verzichtet die Familie - mit einem "weinenden Auge", wie Carolin Engel sagt. Gerade für Emil, ihren neunjährigen Sohn, sei es nicht einfach. "Er hat Angst, dass es heuer keinen Weihnachtszauber gibt", erzählt sie. Statt der großen Familienfeier wird in diesem Jahr nämlich nur mit der Oma gefeiert. "Ich will meine Mutter nicht alleine lassen", erklärt Carolin Engel. Zu deren Schutz begibt sich die gesamte Familie ab Beginn der Weihnachtsferien freiwillig in Quarantäne. Tochter Mathilda, 13, könne das verstehen. "Sie hat gesagt, dass wir ja auf die Oma aufpassen müssen." Mit der restlichen Verwandtschaft werde an Weihnachten dann telefoniert. "Auch, wenn vieles anders ist, können wir das als Chance sehen, die Adventszeit ruhiger und besinnlicher zu verbringen", findet Carolin Engel. Von Lea Arbinger

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