Weibliche DJs in München:Frauen an die Turntables

Jung, gut und hart: Frauen an Plattentellern sind nicht gerade zimperlich. Sie reißen die Regler auf und lassen ihre Beats knallen, eigentlich auch nicht anders als ihre Kollegen.

Jochen Temsch

Die männlichen Jäger, Sammler und Aufleger rarer Schallplatten sind immer noch in der Überzahl. Das mag an einem gewissen Nerdtum liegen, weil gerade schüchterne DJs stundenlang über die Vorzüge von Antriebsriemen und Diamantnadeln schwafeln können. Daran, dass die meisten Jungs sowieso nicht gerne tanzen und sich lieber hinter Mischpulten verstecken. Oder daran, dass sie ihre Ellenbogen weiter ausfahren, wenn irgendwo die Frage ist, wer bei einer Party auflegt.

Weibliche DJs in München: DJane Julietta.

DJane Julietta.

(Foto: Foto: oh)

Wie auch immer. Während manche Clubkulturleute noch diskutieren, ob es diskriminierend sein könnte, wenn man DJane sagt, handeln andere.

Das internationale Netzwerk femalepressure.net zum Beispiel listet an die 1000 weibliche DJs im Internet auf und postuliert: "Es geht nicht um unsere Anzahl, es geht darum, wie wir wahrgenommen werden."

Diese Erkenntnis haben sich die Betreiber des Harry Klein längst zu Herzen genommen. Zurzeit haben sie ihren Club, wie schon im vergangenen Jahr, in Marry Klein umbenannt. Im November gehört ihre Kanzel allein den Frauen.

Marjorie Migliaccio alias DJ Bloody Mary zum Beispiel, die über New Wave zu Raves und Electro gekommen ist, in ganz Europa auflegt und produziert und gerade auf dem Sprung nach Amerika ist. Oder der Münchnerin Tini, die mit zehn Jahren Beats auf dem Atari bastelte und heute mit ihrem Tech-House-Sound unter anderem eine eigene Partyreihe bestreitet.

Aber nicht nur im Marry Klein regieren die Frauen den Dancefloor. Ins Zerwirk kommt die großartige DJane und Graffiti-Künstlerin Missill aus Paris, die eine schweißtreibende, Genregrenzen sprengende Klangmischung aus Hip-Hop, Baile und Dancehall im Plattenkoffer hat. Missill steht im Ruf, die Vinyls geradezu auf den Plattenteller zu hämmern, und zwar so heftig und schnell, dass sie davon die Muskeln einer Speerwerferin haben soll.

Mit ihr kommen zwei weitere, ebenfalls drastische Musik fabrizierende Kolleginnen: DJ-Hell-Freundin und Electro-Rap-Auflegerin Princess Superstar aus New York und die Londoner Techno-Peitsche Heidi Van den Amstel.

Wer eher House mag, kann in der Roten Sonne Babette Werdier hören, die ihre Laufbahn vor Jahren mit Tom Novy im Parkcafé begann.

Und noch eine hammerharte Packung gibt es in der Party-Diaspora Freisinger Lindenkeller, wo die Macher von Radio Liberty zum zweiten Mal die russische Techno-Rockerin Lady Waks aus St. Petersburg geladen haben - auf dass ihr Club wieder von frenetischen Massen auseinandergenommen werde. Die Veranstalter teilen vorsorglich mit: "Heiratsanträge bitte erst nach dem DJ-Set, sie muss sich schließlich aufs Auflegen konzentrieren!"

(Marry Klein: bis 30. November, Optimolgelände, Friedenstraße 10. Missill, Princess, Heidi: 16. November, Zerwirk, Ledererstraße 3, 23 Uhr. Babette Werdier: 15. November, Rote Sonne, Maximiliansplatz 5, 22 Uhr. Lady Waks: 1. Dezember, Lindenkeller Freising, Veitsmüllerweg 2, 22 Uhr.)

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