Wegen Beleidigung Becksteins:Nazi-Vergleich kostet Hans Söllner 900 Euro

Weil der bayerische Liedermacher Innenminister Beckstein mit Hitler und Himmler verglich, muss er eine Geldstrafe zahlen. Der langwierige Prozess dürfte aber auch Becksteins Image geschadet haben.

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Hans Söllner ist wegen Beleidigung des bayerischen Innenministers Günther Beckstein (CSU) zu einer Geldstrafe von 900 Euro verurteilt worden. Der Musiker aus Bad Reichenhall habe Beckstein in einem Liedtext mit Adolf Hitler und Heinrich Himmler verglichen, begründete das Münchner Landgericht seine Entscheidung.

Die Textstelle, um die es geht, befindet sich auf einer im Jahr 2001 erschienenen CD und ist in dem Lied "Mei Angst" enthalten.

Die betreffende Strophe lautet folgendermaßen: "Früher hams Hitler ghoaßn oder Himmler / wisst's es no, heit hoaßns Beckstein und Haider / früher warn's de Juden, heit de Türken / des kimmt ja echt aufs selbe raus / Ihr schürt's den Hass von Millionen / und suachts für eure Fehler Leut / de ma verhoazn ko wia damals / und koana merkt's, was ihr da treibts."

Die Kunst hat Grenzen

Im Fall Söllner finde die Kunstfreiheit Grenzen in den Grundrechten anderer, sagte Richterin Jutta Zeilinger. Die Gleichsetzung Becksteins mit den Nationalsozialisten habe den Innenminister stark beleidigt. Durch Veröffentlichung des Liedtextes auf einer CD habe Söllner die Beleidigung einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Die Richterin ordnete eine Geldstrafe von 15 Tagessätzen à 60 Euro an.

Der bayerische Reggea-Sänger stand wegen der Angelegenheit bereits zum vierten Mal vor Gericht. Beckstein war von einem Staatsanwalt über den Songtext informiert worden und erstattete Strafanzeige wegen Beleidigung. Das Amtsgericht München verurteilte Söllner 2003 zu einer Geldstrafe von 18.000 Euro. Söllner legte Berufung ein, das Landgericht München I sprach ihn frei.

Das wiederum wollte die Staatsanwaltschaft nicht akzeptieren und legte Revision ein. Im März 2005 hob das Bayerische Oberste Landesgericht den Freispruch auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht. Seit Dezember verhandelte das Landgericht München unter Vorsitz von Richterin Jutta Zeilinger nun in der Sache.

Mehmet als Wahl-Zugpferd?

Die langwierige Verhandlung sorgten für Spekulationen in einem anderen Bereich: Im Zusammenhang mit dem Prozess waren Vorwürfe gegen Beckstein laut geworden, er habe im Fall der 1998 veranlassten Ausweisung des türkischstämmigen jugendlichen Straftäters "Mehmet" aus rein wahltaktischen Gründen gehandelt. (Im September 1998 wurde nicht nur der Landtag, sondern auch der Bundestag neu gewählt.)

Der Innenminister wies die Vorwürfe von sich. "Die Ausweisung Mehmets 1998 war aufgrund seiner unglaublichen Brutalität notwendig und angemessen", teilte Beckstein am vergangenen Montag mit. Es sei allein um den Schutz der Bürger gegangen "und nicht etwa um ein Wahlkampfspektakel". Auch das Ministerium bezeichnete die Vorwürfe als haltlos.

Stellungnahme gefordert

Der Münchner Anwalt Alexander Eberth hatte vor Gericht bezeugt, der CSU-Politiker habe vor der Landtagswahl 1998 die Straftaten des damals 14 Jahre alten Türken Muhlis A., der unter dem Pseudonym Mehmet bekannt wurde, ins Licht der Öffentlichkeit gerückt, um Empörung zu schüren. Eberth hatte den Jugendlichen vertreten.

Söllners Verteidiger Jürgen Arnold berief sich im Prozess auf Eberths Aussage. Arnold sagte, er könne sich vorstellen, dass Becksteins Ausländerpolitik tatsächlich den Hass auf eine Minderheit, nämlich die in Bayern lebenden Türken, schüren könnte.

Die Landtags-SPD forderte Beckstein sowie Justizministerin Beate Merk auf, im Landtag zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen.

Söllner sagte nach dem Urteil, er werde nicht mehr in Revision gehen. Für ihn sei wichtig gewesen, anzuprangern, dass ein junger Mensch "aufs Übelste" verfolgt wurde.

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