Denkmalschutz:Kritik am geplanten Hauptbahnhof-Turm

Denkmalschutz: Der Landesdenkmalrat hält das geplante Hochhaus für zu groß, Kultusminister Ludwig Spaenle nennt es "monströs". Simulation: Auer Weber Architekten

Der Landesdenkmalrat hält das geplante Hochhaus für zu groß, Kultusminister Ludwig Spaenle nennt es "monströs". Simulation: Auer Weber Architekten

Das 75 Meter hohe Gebäude soll einen architektonischen Akzent setzen. Doch Denkmalschützer und Minister Spaenle fürchten um die typische Altstadtsilhouette.

Von Alfred Dürr

Noch ist es nicht mehr als eine Planungsstudie. Aber das Vorhaben der Bahn, an der Stelle des jetzigen Starnberger Flügelbahnhofs an der Arnulfstraße ein Gebäude mit 75 Metern Höhe zu errichten, erregt heftige Kritik. Seit vielen Jahren ist eine Neugestaltung des Empfangsgebäudes am Hauptbahnhof in der Diskussion. Die ursprünglichen Entwürfe des Büros Auer Weber Architekten wurden überarbeitet. Dabei hat sich vor allem der Bereich des Flügelbahnhofs verändert: Ein Hochhaus soll als weithin sichtbare "Landmarke" einen speziellen architektonischen Akzent setzen.

Nun meldet sich der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU), in dessen Zuständigkeit auch der Denkmalschutz fällt, zu Wort. Er kritisiert das "monströse Büro- und Geschäftshochhaus". Er habe großes Verständnis für eine Neugestaltung des Hauptbahnhofs, "dieses für ganz Bayern wichtigen Verkehrsknotenpunkts"; eine gelungene Neukonzeption könne die Landeshauptstadt bereichern. Die Umsetzung der aktuellen Planungen würde aber mit dem Starnberger Flügelbahnhof einen "der bekanntesten Gebäudekomplexe der Nachkriegszeit beseitigen".

Der Minister schließt sich damit den Einwänden des Landesdenkmalrates an. Dieser hatte Ende vergangenen Jahres festgestellt, das Hochhaus störe die Münchner Altstadt-Silhouette massiv. Für den neuen Turm müsse der denkmalgeschützte Starnberger Flügelbahnhof weichen.

Aber die Neuplanungen hätten weitere Folgen. "Die Größe und der gestalterische Kontrast des aktuellen Entwurfs wird die Denkmäler in der Umgebung des Bahnhofs in ihrer Aussage degradieren und den Forumscharakter vernichten. Aufgrund der fehlenden Maßstäblichkeit und der negativen Auswirkungen auf das Umfeld wird die Planung insgesamt abgelehnt", heißt es in der Stellungnahme des Landesdenkmalrates.

Was die Denkmalschützer empfehlen

Das Gremium wirft der Stadt vor, sie verlasse mit dem geplanten Hochhaus ihre bisherige Linie, den Blick auf die Altstadtsilhouette frei zu halten. "In diesem Zusammenhang empfiehlt der Landesdenkmalrat dringend, die Hochhausstudie Münchens zu aktualisieren und geeignete Standorte festzulegen", lautet der Appell in Richtung Stadt.

"Ich hoffe sehr, dass dieses Hochhaus noch nicht der letzte Stand der Dinge ist", sagt Bayerns oberster Denkmalpfleger, Generalkonservator Mathias Pfeil. Auch er fürchtet um die typische Altstadtsilhouette mit ihren Türmen und Kuppeln, die das Erscheinungsbild Münchens unverwechselbar machen. Das neue Gebäude in unmittelbarer Nachbarschaft des Hochhaus-Hotels Deutscher Kaiser und des Büroturms des Bayerischen Rundfunks schaffe keine eigene Identität, wirke wie ein beliebiges Büro-Hochhaus, sagt Pfeil.

Er fürchtet zudem den Präzedenzfall: Wenn man dieses Projekt zulasse, würden neue Begehrlichkeiten erwachsen. Deshalb sei es wichtig, dass die Stadt dringend konzeptionell überlege, wo neue "Hochpunkte" entstehen könnten. Geschehe dies nicht, sei ein "städtebaulicher Verhau" zu erwarten.

Anfang Februar wird sich die Stadtgestaltungskommission, die den Stadtrat in strittigen Baufragen berät, mit dem Thema des neuen Hauptbahnhofs und seines Umfelds befassen. Auch dabei erweist sich der Umbau des Starnberger Flügelbahnhofs als besonderer Konfliktpunkt. Stadtheimatpfleger Gerd Goergens übt keine Kritik am neuen Empfangsgebäude. Dieses bilde einen "angemessenen Auftritt". Doch das geplante Hochhaus, das die Dimensionen der benachbarten Komplexe deutlich übertreffe, sprenge den Rahmen.

In den 70 Jahren nach den Kriegszerstörungen habe man es vermeiden können, dass die wiederaufgebaute Altstadt durch sogenannte profilüberragende Gebäude beeinträchtigt werde, sagt Goergens. Nun drohe der Bruch: Die Sichtfeldanalysen zeigten, dass das geplante Hochhaus als optische Konkurrenz und auch als störende Überlagerung zum Altstadtensemble in Erscheinung trete.

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