Weg von Hartz IV:Chancen für die Chancenlosen

Das "Projekt Kompaqt" will Arbeitslose jenseits der fünfzig vermitteln. Die Nachfrage ist beachtlich.

Doris Näger

Vor zwei Monaten haben sie angefangen und schon jetzt 40 Stellenangebote akquiriert. Vorgesehen sind diese Stellen allein für eine der schwierigsten Klientel auf dem Arbeitsmarkt: Langzeitarbeitslose, die älter sind als 50 Jahre. Das Projekt Kompaqt scheint gut anzulaufen. "Die Firmen sind an unserem Service interessiert", freut sich Projektleiter Oliver Eggert.

Er war früher selbst arbeitslos, hat dann die Personalberatung SHR Management gegründet und vor einigen Monaten in einem bundesweiten Wettbewerb zusammen mit Dutzenden anderen Projekten den Zuschlag für Gelder aus dem Bundeswirtschaftsministerium bekommen. Fast fünf Millionen Euro kann Eggert nun investieren, um durch Kompaqt möglichst viele langzeitarbeitslose Ältere zu vermitteln.

Das Projekt sieht vor, dass die entsprechenden Menschen nicht wie bisher im Vorfeld eines Beschäftigungsverhältnisses qualifiziert, sondern direkt in den Betrieb integriert und dort berufsbegleitend weitergebildet werden. "Darauf liegt der finanzielle Schwerpunkt: Förderung in den Betrieben, keine Arbeitslosenbetreuung", sagt Eggert. Bei der Integration soll ein Ansprechpartner in der Firma helfen, ein so genannter Mentor. Die Betriebe bekommen finanzielle Unterstützung. Zielgruppe sind in der Stadt München 10000 Menschen. Das Projekt ist zunächst auf zwei Jahre begrenzt.

Erste Vermittlungen noch im Januar

Derzeit werden die Langzeitarbeitslosen informiert und vorbereitet. In Infoveranstaltungen mit Gruppenarbeit und Fragebögen wird geklärt, was der Mensch als nächstes braucht: ein Bewerbungstraining, eine Existenzgründerberatung, ein Einzelgespräch, einen Deutschkurs oder psychologisches Coaching. Drei Mal wöchentlich finden diese dreistündigen Workshops statt und sind zwei Wochen im Voraus ausgebucht. Das Training haben bereits 240 Menschen durchlaufen.

Die Kientel ist laut Ursula Bersch, der Leiterin des so genannten Kompetenzcenters, äußerst unterschiedlich: "Es gibt Leute, bei denen man merkt, dass die Arbeitslosigkeit ihre Spuren hinterlassen hat, die sich nur noch ganz wenig zutrauen." Andere dagegen seien "sehr, sehr fit, fachlich sehr gut, ebenso im Auftritt, die werden schlicht aufgrund ihres Alters abgelehnt". Laut Eggert halten sich die beiden Gruppen die Waage. Ziel der Infoveranstaltungen ist es, einen Bewerberpool aufzubauen, aus dem heraus rasch vermittelt werden kann.

Fahrer, Sachbearbeiter, Assistentinnen, Verkäufer, Controller, Einkäufer, Arzthelferin, einen Innenarchitekten und Elektriker suchten die bisher interessierten Firmen. Die Stellen fanden so genannte Mittler - Bildungsträger und Personalberatungen. "Sie sollen bei Firmen das Bewusstsein schaffen, dass auch ältere Arbeitslose leistungsfähig sind", erklärt Eggert.

Betriebe jeglicher Größe und Branche interessierten sich für die Klientel. "Ein Betrieb wollte gleich zehn unserer Leute einstellen", sagt Eggert. Natürlich gebe es auch einige, die sofort ablehnen, "aber die sind in der Minderheit". Häufig allerdings komme es vor, dass das Interesse abebbt, "wenn man das Projekt genau geschildert hat", so Eggert. Dennoch: Der Erfolg steht vor der Tür - mit den ersten Vermittlungen rechnet Eggert noch im Januar.

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