Wasserabweisender Stoff:Verfilzt und zugenäht

Die Geschichte von Lodenfrey beginnt mit gerade mal zehn Webstühlen

Manchmal braucht es einen Schubs, damit eine Karriere in Gang kommt. Und hätte die Mutter von Johann Georg Frey, der 1842 in der Nähe von Ulm zur Welt kam, ihren Sohn nicht mit 250 Gulden in die Residenzstadt geschickt, wäre die Münchner Wirtschaftsgeschichte heute um ein spannendes Kapitel ärmer. Für das Geld erwirbt der 21 Jahre alte Frey dort eine "Webergerechtsame", eine Produktionslizenz - und legt damit den Grundstein von Lodenfrey.

Frey beginnt mit gerade einmal zehn Webstühlen. Doch bald sind seine feinen Wolltuche auch in höfischen Kreisen gefragt. Die Konkurrenz quittiert den raschen Aufstieg des Schwaben mit Misstrauen und mokiert sich über Anzeigen in Gazetten und über Schaufenster, die bis zum Boden reichen. Vergebens. 1855 wird der verfilzte Schurwollstoff seiner wasserabweisenden Eigenschaft wegen auf der Pariser Weltausstellung mit einer Goldmedaille prämiert.

Den ersten wirklich wasserabweisenden Loden aber entwickelt sein Sohn Johann Baptist Frey. Der im Strich geraute und imprägnierte Stoff wird in der 1870 gegründeten Fabrik an der Osterwaldstraße produziert. Ende des 19. Jahrhunderts beschäftigt Frey dort 100 Mitarbeiter - und damit nur 50 weniger als der Lokomotivenbauer Maffei. Als Georg Frey dann 1928 die Geschäfte übernimmt, versetzt er sogleich die Medien in Aufruhr. Beim Bau der Zugspitzbahn schützen seine Mäntel die Arbeiter vor der Kälte - sozusagen ein PR-Coup. Von 1929 an eröffnet er Filialen von Dresden bis Stockholm. Dann kommt der Krieg der Expansion in die Quere.

Bis auf die Grundmauern wird das Verkaufshaus an der Maffeistraße in der Nacht auf den 25. April 1944 zerbombt, kurz darauf brennt die Fabrik nieder. Da man Nähmaschinen und Materialien rechtzeitig aufs Land geschafft hatte, gingen 1950 schon wieder 50 000 Lodenmäntel vom Band. Die Fünfzigerjahre sollten ein produktives Jahrzehnt werden: Lodenfrey gründete den ersten Betriebskindergarten Deutschlands und unterhielt im Empire State Building ein Verkaufsbüro.

Als in den Siebzigerjahren Näherinnen knapp wurden, verlegte man die Produktion nach Malta. Doch aus Kostengründen zog die Herstellung in Länder wie Ungarn und Rumänien weiter. Mittlerweile findet die komplette Produktion im Ausland statt. Man hätte die leer stehenden Gebäude an der Osterwaldstraße abreißen können. Herbert Frey bleibt der Innovationsbereitschaft seiner Familie aber treu und bringt eine Idee aus den USA an die Isar. Er richtet 1987 auf dem Areal einen Gewerbepark ein, in dem heute etwa 100 Firmen sitzen.

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