Was wurde aus ...:"Du musst mit dir ins Reine kommen"

Was wurde aus ...: "Wenn ich paddle, setze ich mich mit der Natur auseinander", erzählt Pascal Rösler.

"Wenn ich paddle, setze ich mich mit der Natur auseinander", erzählt Pascal Rösler.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Vom Unternehmens­berater zum Umweltschützer - Pascal Rösler widmet sein Leben von nun an der Sauberkeit von Flüssen

Von Martina Scherf

Pascal Rösler ist schon von Kind an begeisterter Wassersportler. Dass das Wasser aber einmal so eine Bedeutung in seinem Leben bekommen würde, hätte der Münchner, 46, sich wohl nicht träumen lassen. Alles begann an einem lauen Frühlingstag 2016. Rösler drehte wieder einmal seine Runden mit dem Stand-up-Paddle-Board auf dem Starnberger See und träumte so vor sich hin. Der Unternehmer dachte darüber nach, wie viel er dem Wasser zu verdanken hatte - und beschloss, Flüsse, Seen und Meer nicht nur zum Freizeitvergnügen zu nutzen, sondern etwas zu deren Schutz beizutragen.

Vier Monate später war es soweit: Er setzte in München sein Brett auf die Isar und paddelte bis nach Wien. 505 Kilometer, zwölf Tage. Unterwegs sammelte Rösler 8500 Euro Spenden für lokale Wasserschutzprojekte.

Doch das war nur der Anfang. Ein Jahr später gründete der Unternehmensberater den Verein "Pure Water for Generations" - und unternahm die nächste Tour: In 63 Tagen paddelte er bis zum Schwarzen Meer. Über diese Reise ist der Film "2467 km - eine Reise bis ins Schwarze Meer" entstanden.

"Die Herausforderung war mehr mental als körperlich", sagte er hinterher. Das Nicht-Aufgeben, das Überwinden vieler Hindernisse - unerwartete Stauwehre, fehlende Übernachtungsmöglichkeiten, sengende Sonne, stürmischer Wind. "Irgendwann hatte ich akzeptiert, dass man eine solche Paddelreise nicht restlos durchplanen kann." Und er habe gelernt, mit sich selbst klar zu kommen. Die Einsamkeit zu ertragen. "Wenn ich paddle, setze ich mich mit der Natur auseinander. Spreche mit Vögeln, beobachte Strömungen und Fische. Es ist eine Reise zurück zum Ursprung. Und zu dir selbst. Du musst einfach mit dir ins Reine kommen. Letztendlich ist die Paddel-Reise über die Donau so was wie der Jakobsweg, nur eben auf dem Wasser."

Auch auf dieser zweiten Reise knüpfte Rösler Kontakte zu Umweltschützern. Im Sommer 2018 paddelte er dann die Salzach hinunter und organisierte mit Helfern die ersten Wasserschultage an seinem ehemaligen Gymnasium in Dillingen an der Donau.

Aus einer Idee ist inzwischen ein Lebensprojekt geworden. "Pure Water for Generations" organisiert jedes Jahr Wasserschultage in ganz Bayern. Rösler setzt darauf, dass Schüler und Lehrer andere Menschen inspirieren, sich für saubere Seen, Flüsse und Meere einzusetzen. "Wir haben nur eine Natur, und 70 Prozent der Erde bestehen aus Wasser", sagt er den Schülern, und: "Konsumiert weniger, geht wieder mehr in die Natur, an die Flüsse. Und praktiziert ,Nimm drei': Nehmt drei Sachen, die nicht in die Umwelt gehören, einfach mit und entsorge sie richtig."

Rösler und seine Helfer wollen dazu beitragen, dass die Donau eines Tages wieder Trinkwasser-Qualität bekommt. Dass die Salzach auf den letzten 60 Kilometern frei fließen darf. Dass die Loisach-Ufer sauber bleiben. "Wir haben mit Kindern dort Müll gesammelt und uns jeden Tag gefragt: Warum werfen Menschen einfach einen PC-Bildschirm, einen Einkaufswagen oder einen Kinderwagen in den Fluss?"

Ende 2019 hat sich Rösler dann ganz aus dem operativen Geschäft seiner Firma zurückgezogen. Sein Büro hat er kurz vor Weihnachten ausgeräumt. "Mir wurde bewusst, dass ich auf der einen Seite von ,Weniger ist mehr' redete und versuchte, mein eigenes Leben danach auszurichten - und auf der anderen Seite meine Mandanten beraten habe, wie sie mehr Umsatz machen können." Es fühlte sich nicht mehr stimmig an, sagt er. "Die Zeiten von ,Höher, schneller, weiter' sind vorbei." Jetzt folge er nur noch seiner inneren Stimme, "wie bei meinem ersten Paddelschlag". Der Fluss sei ein perfektes Sinnbild für das Leben. "Er hat einen Anfang und ein Ende - deshalb sollte man die Zeit dazwischen nicht verplempern."

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