Süddeutsche Zeitung

Münchner Bündnis und der Fall Lübcke:Protest gegen den Terror

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Von Max Fluder

Es sind die gleichen Gesichter wie vor knapp einem Jahr, die von Emser Şimşek, Habil Kılıç, Theodoros Boulgarides und den weiteren Opfern der Mordserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Sie prangen auf den Plakaten und vielleicht sind es auch die gleichen Menschen, die diese Plakate am Samstag hochhalten. Aber aus einem neuen Anlass: Nach dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke will das Münchner Bündnis gegen Naziterror und Rassismus auf die Parallelen zwischen dieser Tat und der NSU-Terrorserie hinweisen, der auch in München zwei Menschen zum Opfer fielen. Das Bündnis hat zu einer Demonstration aufgerufen unter dem Motto "Rechten Terror bekämpfen - Antifaschistischen Widerstand aufbauen".

Am frühen Samstagnachmittag versammeln sich bis zu 500 Demonstranten in der Nymphenburger Straße, um kurz nach halb drei setzt sich der Zug in Bewegung. Den Tatverdächtigen im Kasseler Fall nennt Bündnis-Sprecherin Patrycja Kowalska einen "gerichtsbekannten Neonazi mit einer Organisierungs- und Gewaltbiographie, wie sie aus den NSU-Zusammenhängen bekannt" sei. Vor einem Jahr hatte das Bündnis zu einer Demo unter dem Motto "Kein Schlussstrich" aufgerufen - zum Ende des mehrjährigen NSU-Prozesses am Oberlandesgericht München. Von damals stammen auch die Plakate.

Am Samstag stoppt der Demonstrationszug immer wieder auf seinem Weg, die Forderungen des Bündnisses werden mehrfach wiederholt: Konkret verlangen die Demonstrierenden zum Beispiel, den Mordfall Lübcke aufzuklären und die Tat als rechten Terror einzustufen. Aber auch Abstraktes ist darunter wie: den "Rechtsruck und autoritären Staatsumbau stoppen". Am Hauptbahnhof und an der Schillerstraße rufen die Veranstalter Passanten auf, sich der Demo anzuschließen. Einige Fußgänger äußern sich daraufhin rechtsnational und teils türkisch-nationalistisch. Zwischen Demonstranten und Passanten kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen, die Polizei geht dazwischen und beruhigt die Situation.

Der Protestzug war erst zwei Tage zuvor angekündigt worden - das verunsichert manche. "Wo geht es überhaupt lang?", diese Frage ist immer wieder zu hören. Der Zug endet schließlich am Bavaria-Ring, direkt vor der Gedenkstätte an das Oktoberfest-Attentat 1980. Der Ort scheint bewusst gewählt worden zu sein, auch dieser Anschlag war rechtsextrem motiviert. Und es gab und gibt Zweifel daran, dass der Täter damals alleine handelte. Ganz aufgeklärt wurde das nie, die Wiederaufnahme der Ermittlungen wird vermutlich bald wieder eingestellt.

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Quelle:
SZ vom 24.06.2019
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