Landtagswahl:Vier Kreuze und ein Kraftakt

Was passiert, wenn man sich "verwählt"? Oder ein Foto von seinem Stimmzettel macht? Ein Wegweiser durch die Regeln und Vorschriften des Wählens.

Von Dominik Hutter

Vier Kreuze, je zwei für Landtag und Bezirkstag, und dann ab nach Hause oder zum Wochenendausflug: Im Vergleich zu einer Kommunalwahl geht es aus Wählerperspektive übersichtlich zu an diesem Sonntag. Es gilt, mit der Erststimme einen Direktkandidaten und mit der Zweitstimme einen Listenkandidaten oder eine Liste zu markieren, einmal für den Landtag und einmal für den Bezirkstag. Was so simpel klingt, ist für die Verwaltung ein enormer (wenn auch oft geübter) Kraftakt: 618 über die ganze Stadt verteilte Wahllokale müssen mit den nötigen Accessoires ausgestattet werden. Jeweils vier Urnen, papierene Wegweiser zu den einzelnen Räumen, Wahlhinweise an den Wänden, nicht einsehbare Wahlkabinen auf den Tischen sowie Sitzgelegenheiten alle 50 Meter - falls sich der Wähler mit dem Gehen schwertut. Dazu müssen Wachsstifte zum Ankreuzen ausgelegt werden, die man benutzen kann, aber nicht muss.

Wer sich nicht zwischen 8 und 18 Uhr in ein Klassenzimmer oder einen Vereinsraum begeben will, hat hoffentlich seine Briefwahlunterlagen schon abgeschickt - sie müssen spätestens am Wahlsonntag um 18 Uhr beim Wahlamt eingegangen sein. Für Notfälle gibt es Sonderbriefkästen, in die Spätwähler bis 18 Uhr am Wahltag ihre Unterlagen einwerfen können: am Rathaus am Marienplatz, am Kreisverwaltungsreferat in der Ruppertstraße sowie an den Bezirksinspektionen West, Ost und Nord. Bei einer plötzlichen Erkrankung nimmt das Kreisverwaltungsreferat auch noch bis Sonntag, 15 Uhr, in der Ruppertstraße 19 Anträge auf Briefwahl entgegen. Bedingung ist ein ärztliches Attest, und der bevollmächtigte Abholer muss sich ausweisen. Bisher haben schon mehr als 290 000 Münchner Briefwahlunterlagen beantragt - ein neuer Rekord. Die Zahl der Briefwähler steigt seit vielen Jahren.

Für alle, die lieber persönlich ins Wahllokal kommen, werden an diesem Wochenende fast 2500 Münchner Wahlurnen per Lastwagen aus dem Lager abgeholt und auf die Wahllokale verteilt. Am Sonntag um 7.30 Uhr rücken dann die ersten Wahlhelfer an. Insgesamt 10 800 Leute - darunter viele Beschäftigte von Stadt und Freistaat, aber auch 4500 freiwillige Bürger - kümmern sich in zwei Schichten um einen ordnungsgemäßen Ablauf der Wahl und deren Auszählung. Gleich in der Früh gilt es, die Ausstattung des Wahllokals zu kontrollieren. Urnen, Sichtblenden, Stifte und natürlich Stimmzettel müssen in ausreichender Zahl da sein, dazu kommt der Wahlkoffer mit Laptop für die Ergebnisübermittlung. Falls irgendetwas fehlt, hat das Wahlamt ein Servicetelefon eingerichtet. Bei akuten Engpässen kann man sich auch Stimmzettel aus einem benachbarten Wahllokal "ausleihen".

Freilich nur unter der Voraussetzung, dass es im gleichen Stimmkreis liegt - die Kandidatenlisten sind je nach Standort unterschiedlich. Anders als bei den vergangenen Landtagswahlen gibt es in München diesmal neun Stimmkreise. "109 München-Mitte" ist neu dazugekommen. Wer "109 München-Harlaching" auf seiner Wahlbenachrichtigung stehen hat, darf sich zwar wundern, muss aber nichts unternehmen: Es handelt sich um ein Versehen des Wahlamts, die Unterlagen sind trotzdem in München-Mitte gültig.

Das Wahlgeheimnis soll in jedem Fall gewahrt bleiben

Im Wahllokal selbst gelten strenge Regeln. Der Tisch des Wahlvorstands muss von allen Seiten einsehbar sein, hinter den Wahlkabinen dürfen sich keine Spiegel oder Kameras befinden. Befindet sich im Erdgeschoss ein Fenster hinter den Wahlkabinen, sollte der Vorhang zugezogen werden. Kommen plötzlich keine Wähler mehr nach, empfiehlt der Leitfaden für die Wahlhelfer eine Kontrolle der Tür, die möglicherweise versehentlich ins Schloss gefallen sein könnte - viele Schulen haben inzwischen einen Knauf am Eingang. Plakate und Sticker mit politischen Aussagen sind im Wahllokal verboten, das gilt nicht nur für Wahlhelfer, sondern auch für Wähler. Niemand darf sich verschleiern oder vermummen, auch das Fotografieren ist nicht erlaubt. Und in die Wahlurne, klar, kommen nur die Stimmzettel und nichts anderes. Im Leitfaden des Wahlamts steht dazu wörtlich: "Der Einwurf von Gegenständen in die Urne stellt einen Vorfall dar, der in der Niederschrift zu vermerken ist."

Wer beim Fotografieren des Wahlzettels erwischt wird, hat erst einmal umsonst gewählt. "Er muss die befüllten (und fotografierten) Stimmzettel ungültig machen (zerreißen)", steht im Leitfaden. Danach allerdings kann er noch einmal neu wählen, diesmal freilich ohne Foto. Das gilt in gleicher Weise für Münchner, die außerhalb der Wahlkabine wählen oder laut verkünden, bei wem sie gerade ihr Kreuz gemacht haben. Das Wahlgeheimnis soll in jedem Fall gewahrt bleiben, auch wenn es dem Wähler selbst egal ist. Hinter der Sichtblende muss jeder deshalb allein sein. Lediglich Kleinkinder, die noch nicht lesen können, sind ausnahmsweise zugelassen. Ebenfalls die Chance auf einen zweiten Anlauf zur Wahl haben Leute, die sich "verwählt" haben. Stecken die Stimmzettel noch nicht in der Urne, werden die fehlerhaft angekreuzten zerrissen und anschließend neue ausgegeben.

Gültig sind Stimmzettel, auf denen der Wählerwille klar erkennbar ist und auf denen die bevorzugten Kandidaten aktiv gekennzeichnet wurden. Es reicht also nicht, alle bis auf einen durchzustreichen, dann ist die Wahl ungültig. Ob die Entscheidung für einen Bewerber per Kreuzchen erfolgt, per Kringel, Häkchen oder mit einem demonstrativen "Ja", spielt keine Rolle. Wer unterschreibt, neue Kandidaten dazuschreibt, Bedingungen formuliert oder wüste Beschimpfungen zu Papier bringt, gibt einen ungültigen Stimmzettel ab.

Bei demokratischen Wahlen sind Wahlbeobachter zugelassen, die Türen der Wahllokale dürfen deshalb auch nach 18 Uhr, wenn die Auszählung beginnt, nicht abgeschlossen werden. Die Beobachter sollten allerdings nicht stören - zwei bis drei Meter Abstand zu den Wahlhelfern sind einzuhalten und auch der Blick in die Schnellmeldungen an die Wahlzentrale bleibt ihnen verwehrt.

Nach 18 Uhr werden dann die Stimmzettel auf mehrere fest definierte Stapel verteilt und gezählt - erst die Erststimmen für den Landtag, dann die Zweitstimmen. Die blauen Zettel für die Bezirkswahl folgen anschließend. Danach heißt es: unterschreiben, aufräumen, heimgehen.

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