Wahlkampf der Freien Wähler:Michael Piazolo ist allein, aber nicht einsam

Wahlkampf der Freien Wähler: Michael Piazolo stellt die Wahlkampagne der Freien Wähler am Giesinger Bahnhofplatz vor - und ist das dominierende Gesicht auf jedem Werbemittel.

Michael Piazolo stellt die Wahlkampagne der Freien Wähler am Giesinger Bahnhofplatz vor - und ist das dominierende Gesicht auf jedem Werbemittel.

(Foto: Alessandra Schellnegger)
  • Michael Piazolo ist Münchner - und der einzige Großstädter, der für die Freien Wähler im Landtag vertreten ist.
  • Sein Ziel ist es, die Ergebnisse seiner Partei in der Stadt näher an jene auf dem Land heranzurücken.
  • Für den 14. Oktober hat er die Fünf-Prozent-Marke im Blick.

Von Heiner Effern

Wenn die Freien Wähler ihre prominentesten Landtagskandidaten in München vorstellen, sieht das aus wie neulich bei einer Medienveranstaltung vor dem Giesinger Bahnhof. Im Wahlkampfauto sitzt der Stadtvorsitzende Michael Piazolo. Auf der Außenseite des Fahrzeugs ist auf einem Foto Michael Piazolo abgebildet, der einzige Abgeordnete aus der Stadt. Vom Plakat daneben grüßt der Generalsekretär der Freien Wähler (FW) in Bayern. Er heißt Michael Piazolo. Und wenn kein Wunder geschieht, wird auch nach der Wahl am 14. Oktober Michael Piazolo der einzige Freie Wähler aus München im Landtag sein. Einsam, sagt er, fühle er sich deshalb in München aber nicht. "Wir sind ein sehr, sehr gutes Team."

Das sieht auch Linus Springer so, der jüngste Landtagskandidat der FW, der für München-Hadern antritt. Piazolo geht mit Springer schon mal Plakate aufhängen, nicht nur umgekehrt. "Jeder hilft jedem. Ich spüre keine Rivalität." Was natürlich auch daran liegen könnte, dass es den übrigen Kandidaten ergeht wie dem 23 Jahre alten Politologen. Über einen Einzug in den Landtag, "da muss man sich keine Illusionen machen", sagt Springer. Deshalb müsse sich an Piazolo, "der großen Figur" der Freien Wähler in München, auch niemand abarbeiten. Dieser wiederum will mit seinem Team wieder ein kleines Stück näher an die Ergebnisse der Freien Wähler auf dem Land heranrücken. Fünf Prozent sollten in der Stadt schon drin sein, sagt er.

Damit würden die Freien Wähler in München wie jedes Mal seit der ersten Beteiligung an einer Landtagswahl im Jahr 1998 zulegen. Von damals 0,9 Prozent der Stimmen steigerten sie ihren Anteil auf 4,6 Prozent im Jahr 2013. Mit dem letzten Ergebnis trotzten sie sogar dem landesweiten Trend der Partei, die bei der letzten Wahl bayernweit gut ein Prozent verlor und bei neun Prozent landete. Wie sehr die Freien Wähler trotzdem immer noch auf dem Land verwurzelt sind, zeigt die Position Piazolos in der Landtagsfraktion. Er ist dort nicht nur der einzige Münchner - sondern der einzige Abgeordnete aus einer Großstadt überhaupt.

Insofern sind fünf Prozent in München ein ambitioniertes Ziel, doch die Freien Wähler vertrauen darauf, dass die Themen in Stadt und Land näher beieinander liegen als es auf den ersten Blick zu sein scheint. Piazolo nennt die Strukturförderung auf dem Land als Beispiel. "Wenn wir dort neue Chancen schaffen, kann das die Stadt entlasten." Attraktive Arbeitsplätze könnten dafür sorgen, dass der Mietmarkt in München nicht immer noch mehr überhitze.

Eine weitere Kernforderung der Freien, die kostenlosen Kitas, kämen besonders den Familien in teuren Städten wie München zugute. "Man muss schauen, was sind die Themen des Landes, was die der Städte." Bei den Schwerpunkten der Politik müsse er als einziger Großstädter schon auch um seine Themen kämpfen, das gelinge aber zunehmend, auch beim Spitzenkandidaten und Parteichef in Bayern. Hubert Aiwanger sei nicht nur mit ihm auf vielen Plakaten in der Stadt zu sehen, sondern auch schon mehrmals als Wahlkämpfer in München gewesen. "Der Hubert entdeckt gerade die Städte."

Ohne Mandat bekommt man kaum öffentliche Wahrnehmung

Hilfe von außen können die Freien in München gut gebrauchen, denn sie kämpfen gegen deutlich besser gestellte Konkurrenten. In der Stadt haben sie nur etwa 200 Mitglieder, ein Viertel davon engagiert sich im Wahlkampf. Was aber noch schwerer wiegt: Im Gegensatz zur SPD, den Grünen oder der FDP können sie Themen kaum mit anderen Mandatsträgern im Bundestag, im Stadtrat oder auch im Bezirksausschuss über Bande spielen.

Im Bund sind die FW nicht vorhanden, im Stadtrat sitzt einzig noch die völlig isolierte Ursula Sabathil. Eingezogen waren die Freien noch mit zwei Stadträten, doch nach der umstrittenen Ausschussgemeinschaft unter anderem mit der AfD und längeren internen Streitereien setzte sich Johann Altmann zur Bayernpartei ab. "Es ist wahnsinnig schwer für jemanden, der kein Mandat hat, öffentlich wahrgenommen zu werden", sagt Piazolo.

Also versuchen es die Freien mit landesweiten Kampagnen. Die Abschaffung der Studiengebühren, die Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium und jüngst die Abschaffung der Straßenausbausatzung zählen sie im Wahlkampf als Erfolge auf. Die ersten beiden können auch als klassische Themen in der Stadt gelten, letzteres eher weniger. "Wobei wir auch da überrascht waren, dass von den 340 000 Unterschriften die uns erreicht haben, etwa 20 000 aus München kamen", sagt Piazolo.

Zudem hofft er wie auch die Konkurrenz, gerade in München von der schwächelnden CSU und der erodierenden SPD zu profitieren. "Von den Leuten, die von den beiden enttäuscht sind, wollen wir Stimmen bekommen", sagt Piazolo. Nicht ohne Grund beteiligen sich die Freien an der #ausspekuliert-Demonstration gegen den hyperventilierenden Wohnungsmarkt in München am 15. September.

Punktuell wollen die Freien Wähler in München auffallen, sie wissen aber genau, dass sie mit nur einem bekannten Gesicht in der Stadt auch langfristig denken müssen. "Jemand, der fünf Jahre Politik nicht verfolgt und fünf Tage vor der Wahl sagt, jetzt gehe ich doch hin, der wählt uns eher nicht", sagt Michael Piazolo. Sollte die CSU nach der Wahl aber einen Regierungspartner brauchen, könnte die Bekanntheit der Freien Wähler auch in der Stadt schlagartig steigen. Vielleicht ja sogar durch ein Kabinettsmitglied aus den eigenen Reihen.

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