Süddeutsche Zeitung

Nach Landtagswahl:KVR will keine Wahlergebnisse mehr schätzen

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Von Dominik Hutter, München

Gut möglich, dass die Ergebnisse der anstehenden Europawahl sowie der Kommunalwahl 2020 erst später verkündet werden als bislang gewohnt. Nach den Pannen bei der Landtagswahl 2018 will das Kreisverwaltungsreferat künftig Qualität vor Tempo setzen und notfalls Ersatzwahlvorstände auf den Weg in die Wahllokale schicken, um dort die Auszählung zu unterstützen. Schätzungen soll es nicht mehr geben - dieses Prinzip hatte bisher verhindert, dass sich der Wahlabend vor dem Fernseher allzu lange hinzieht.

Am Abend des 14. Oktober 2018 hatten die Verantwortlichen des Kreisverwaltungsreferats die Qual der Wahl: Weil bis 0.30 Uhr noch 42 der 912 Wahllokale keine Schnellmeldung eingereicht hatten und die örtlichen Wahlvorstände nicht zu erreichen waren, hätte man einfach den nächsten Morgen abwarten können. Dann treffen die versiegelten Wahlurnen samt Unterlagen in der Zentrale ein, die Zahlen hätten dem Landeswahlleiter übermittelt werden können. In den Nachrichten des Wahlabends hätten allerdings die Ergebnisse aus acht von neun Münchner Stimmkreisen gefehlt. Was die Behörde unbedingt verhindern wollte - und sich deshalb entschied, Schätzungen einzureichen, die aus einem allgemeinen Wahltrend und den Erfahrungen vergangener Urnengänge errechnet werden.

Das Problem war nur: Das Wahlergebnis im Oktober war so ungewöhnlich, dass die Erfahrungswerte ziemlich weit daneben lagen. Die am Wahlabend gemeldeten Prozente wichen daher sehr stark von dem ab, was zwei Tage später als Endresultat verkündet wurde. Das hat zwar für die Zusammensetzung des Landtags keine Rolle gespielt. Aber es wirkt natürlich nicht sehr vertrauenserweckend.

Weshalb es künftig nicht mehr vorkommen soll. Die Verzögerungen waren zustande gekommen, weil wegen überraschend hoher Wahlbeteiligung die Auszählung länger gedauert hat als geplant, obendrein das Computersystem abgeschmiert ist. Da anschließend noch die Hotline in die Zentrale wegen Überlastung zusammenbrach, verlor das Wahlamt im Kreisverwaltungsreferat den Kontakt zu mehreren Wahllokalen. Dies soll künftig durch ein von der Wahl-Software unabhängiges Kommunikationstool verhindert werden - es ermöglicht, dass sich Zentrale und Wahllokal auch bei technischen Problemen noch austauschen können.

Denkbar ist zudem, einen Ersatzwahlvorstand loszuschicken, der nach dem Rechten sieht, wenn bis zu einer bestimmten Uhrzeit keine Schnellmeldung vorliegt. Oder eine örtliche Fachbetreuung, die bei Pannen weiterhelfen kann. Das allerdings wird Zeit kosten, viel mehr als eine Schätzung nach vorliegenden Algorithmen. Stimmt der IT-Ausschuss an diesem Mittwoch den Plänen zu, nimmt der Stadtrat künftig bewusst in Kauf, dass das vorläufige Ergebnis künftig erst zu sehr später Stunde vorliegen könnte - natürlich nur, falls es erneut zu Pannen kommt.

Schneller könnte es auch durch mehr Wahllokale gehen

Die zur Bundestagswahl 2017 eingeführten Wahlkoffer, in denen ein Laptop und ein Drucker enthalten sind, sollen auch weiterhin im Einsatz sein. Die Geräte, die beim Zusammenrechnen von Zwischenergebnissen und bei der Übertragung der Daten an die Zentrale helfen, haben sich aus Sicht der Verwaltung bewährt. Allerdings sollen künftig Teile der Software auf den örtlichen Festplatten abgelegt werden. Der bisherige Dauerkontakt zum Server nimmt die Technik allzu stark in Anspruch, was das Abschmieren begünstigt.

Eine berüchtigte Fehlerquelle schon viele Monate vor dem Wahlabend ist die manuelle Bearbeitung der von den Parteien eingereichten Wahlvorschläge. Dafür will das IT-Referat erstmals zur Kommunalwahl ein Online-Portal einrichten. Die Daten können dann von den Antragstellern selbst verwaltet werden. Bislang müssen die Daten aufwendig per Hand vom Papierformular in den Computer übertragen werden. Viele Informationen, persönliche Daten der Kandidaten etwa, müssen an mehreren Stellen eingegeben werden. Läuft etwas schief, wird der Fehler erst mit Verzögerung entdeckt und muss dann von den Parteien selbst korrigiert werden. Das soll künftig online schneller gehen. Zudem soll die Software schon beim Eintragen automatisch darauf hinweisen, wenn wichtige Angaben fehlen.

Das Problem mit der Überlastung der Wahlhelfer aber lässt sich wohl nur beheben, wenn zusätzliche Wahllokale eingerichtet werden. Entsprechende Überlegungen kursieren schon seit der Landtagswahl. Denn der Andrang hatte dazu geführt, dass zur Schließung der Wahllokale um 18 Uhr lange Schlangen vor der Tür standen, die trotz fortgeschrittener Stunde noch wählen durften. Entsprechend später begann die Auszählung.

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Quelle:
SZ vom 12.03.2019
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