Wahl in München:Jeder Vierte hat sein Kreuz schon gemacht

895.000 Münchner dürfen am Sonntag ihre Stimme abgeben. Die Beteiligung an der Briefwahl war hoch.

Berthold Neff

Mehr Wähler, mehr Parteien, mehr Kandidaten: Die Bundestagswahl am morgigen Sonntag wartet mit einigen Rekorden auf. 895163 Münchnerinnen und Münchner - so viele wie noch nie - haben die Wahl zwischen 19 Parteien oder Gruppierungen und 42 Direktkandidaten, elf mehr als 2005. Wer in den vier Wahlkreisen die meisten Stimmen erhält, ist direkt gewählt und hat seinen Sitz im Bundestag sicher. Die anderen Bewerber müssen auf ein gutes Ergebnis ihrer Partei hoffen, um das Ticket nach Berlin über die Liste lösen zu können.

Bei der vergangenen Wahl schafften es insgesamt sechs Münchner Kandidaten auf Anhieb in den Bundestag: Axel Berg (SPD), Herbert Frankenhauser, Peter Gauweiler und Hans-Peter Uhl (alle CSU), der Grüne Jerzy Montag und Rainer Stinner (FDP). Der CSU-Mann Johannes Singhammer, der im Wahlkreis München-Nord das Rennen ums Direktmandat erneut gegen Berg verlor, musste warten, bis der damalige CSU-Chef Edmund Stoiber sowie Innenminister Günther Beckstein sich dazu durchgerungen hatten, doch lieber in Bayern bleiben zu wollen.

Derzeit ist München sogar mit acht Abgeordneten im Bundestag vertreten, denn nach dem Wechsel einiger FDP-Abgeordneter in die bayerische Regierung kam der Münchner FDP-Mann Daniel Volk als Nachrücker 2008 noch in den Bundestag. Er profitierte davon, dass die FDP 2005 ihr bayernweit bestes Ergebnis überhaupt einfuhr und ihr Münchner Resultat von 2002 auf 12,3 Prozent fast verdoppelte. Die SPD musste sich mit dem seit 1949 schlechtesten Ergebnis abfinden (nur noch 29 Prozent), während die CSU zwar stark verlor, mit 37,5 Prozent aber stärkste Kraft blieb.

Diesmal deutete im Bund lange alles auf eine klare schwarz-gelbe Mehrheit hin, doch zuletzt schien der Wahlkampf doch noch spannend zu werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel trat in München gar nicht auf, sondern begnügte sich mit einem Auftritt in Keferloh, während ihr Herausforderer, Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), auf dem Marienplatz durch eine kämpferische Rede das Ruder herumzureißen versuchte. Falls die SPD so schlecht abschneidet wie prognostiziert, besteht die Gefahr, dass kein Münchner Genosse mehr im Bundestag sitzt. Axel Berg, der im Norden dreimal das Direktmandat holte, steht auf Rang 17 der SPD-Liste. Das kann, muss aber nicht reichen.

Johannes Singhammer, der 2005 der SPD das einzige Direktmandat in ganz Bayern überlassen musste, machte diesmal im Kampf um die Erststimmen sowohl den Anhängern der FDP als auch der Grünen unverhohlen Avancen. Die Grünen jedoch unterstützen Berg. Die Grünen-Kandidatin Judith Greif wünscht es sich "von ganzem Herzen", dass Berg wieder gewählt wird.

Eine solche Empfehlung geben die Grünen auch für den Wahlkreis West/Mitte ab, wo Roland Fischer (SPD) den Ex-Kreisverwaltungsreferenten Hans-Peter Uhl (CSU) herausfordert. Die Grünen fänden es gut, wenn der "Rechtsaußen" Uhl "endlich aufs Altenteil geschickt würde". Bei der CSU und der FDP, die in Bayern immerhin gemeinsam regieren, stehen die Zeichen eher auf Konfrontation. CSU-Chef Horst Seehofer bat die Münchner erst diese Woche per Postwurfsendung darum, beide Stimmen der CSU zu geben, und wollte dafür am Samstag auch auf dem Marienplatz werben.

Mehr Münchner als sonst haben sich heuer bereits entschieden. Bis Freitag wurden fast 240000 Briefwahlunterlagen ausgestellt, das sind knapp 27 Prozent aller Wahlberechtigten. Es empfiehlt sich, die Wahlbriefe jetzt nur noch in den Wahlbriefkasten am KVR (Ruppertstraße 19) oder in den städtischen Briefkasten am Rathaus (Fischbrunnen) zu werfen. Mit dem Wahlschein ist es möglich, seine Stimme zwischen 8 und 18 Uhr in einem beliebigen Wahllokal des jeweiligen Wahlkreises abzugeben.

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