Vorwurf: Schikane:Sedlmayr-Mörder klagt gegen Freistaat Bayern

Wurde der Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr von der Polizei schikaniert? Der mittlerweile aus der Haft entlassene 57-Jährige klagt gegen den Freistaat, weil die Kripo nach einem angeblichen Übergriff eine "erkennungsdienstliche Behandlung" gegen ihn anordnete. Nun hat das Gericht entschieden.

Christian Rost

Einer der beiden Mörder des Schauspielers Walter Sedlmayr fühlt sich nach seiner Haftentlassung von der Polizei schikaniert und wehrt sich dagegen mit juristischen Mitteln.

Gericht prüft Wiederaufnahme Sedlmayr-Prozess

Walter Sedlmayr wurde im Juli 1990 umgebracht.

(Foto: dpa/dpaweb)

Vor dem Verwaltungsgericht München erzielte der 57-Jährige am Mittwoch einen Sieg: Eine von der Kripo Erding angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung des Mannes wertete das Gericht im Nachhinein als unzulässig.

Der Betroffene, der im Juli 1990 zusammen mit seinem Halbbruder den Schauspieler Walter Sedlmayr umgebracht hat, kam 2008 nach "lebenslanger Haft" auf Bewährung frei und lebt seither im Raum München und in Hessen. Er war am 12. März vergangenen Jahres mit seinem Auto im Landkreis Freising unterwegs und nahm einen jungen Mann mit.

In dem Wagen soll es zu Übergriffen gekommen sein. Der 19-jährige Anhalter zeigte den Fahrer jedenfalls bei der Polizei an, weil der ihm in die Hose gefasst habe. Die Polizei lud den Beschuldigten - der den Vorfall als versuchten Überfall des Anhalters schildert - zur Vernehmung vor. Er erschien aber nicht und ließ von seinem Anwalt Andreas Geipel schriftlich mitteilen, dass er vorerst keine Aussagen machen und Akteneinsicht haben wolle.

Die Ermittler ignorierten das Anwaltsschreiben und setzten den Mann auf die Fahndungsliste. Via Radio wurde stündlich gemeldet, der Sedlmayr-Mörder sei auf der Flucht, was nicht zutreffend war. Im Juli 2010 wurde dann zwangsweise die erkennungsdienstliche Behandlung mit Fotos, Fingerabdrücken und den sonst üblichen Maßnahmen veranlasst.

Vor dem Verwaltungsgericht kassierte nun der Freistaat Bayern stellvertretend für die Polizei eine Niederlage. Die Kammer gab dem Betroffenen recht, wonach die polizeiliche Maßnahme unverhältnismäßig gewesen sei. Laut Urteil dürfe ein Beschuldigter, wenn Aussage gegen Aussage stehe, nur bei gewichtigen Gründen vor den Erkennungsdienst zitiert werden. Diese gewichtigen Gründe hätten hier nicht vorgelegen. Schon der Strafprozess über den angeblichen Vorfall im Auto hatte nämlich ergeben, dass das vermeintliche Opfer nicht glaubwürdig war.

Der 19-Jährige war trotz eines Vorführbefehls an vier Terminen nicht vor Gericht zu bewegen. Und was er schließlich beim fünften Termin im Zeugenstand erzählte, überzeugte das Amtsgericht nicht. Außerdem konnte der des sexuellen Übergriffs beschuldigte Autofahrer, der letztlich freigesprochen wurde, mit einem Handyvideo aufwarten, das den Anhalter zeigt, als dieser sich für sein Verhalten entschuldigt: Er habe den Autofahrer "nur auf den Arm nehmen" wollen.

Rechtsanwalt Geipel hält es für nicht ausgeschlossen, dass der Anhalter ein Polizeispitzel war. Jedenfalls muss die Kripo Erding nun die Erkennungsdienst- Daten des Sedlmayr-Mörders aus ihrem Computer löschen, falls der Freistaat nicht in Berufung gegen das Urteil geht.

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