Süddeutsche Zeitung

Vorwurf der Zuhälterei:15-Jährige zu Prostitution überredet

  • Sechs Münchner im Alter zwischen 19 und 31 Jahren haben eine 15-Jährige dazu überredet, für sie anschaffen zu gehen. Das Mädchen war zuvor aus einer Jugendschutzeinrichtung ausgerissen.
  • Vor Gericht verteidigt das Mädchen die Angeklagten und gibt zu, mit allem einverstanden gewesen zu sein.
  • Vier der sechs Angeklagten kommen mit Geld- oder Bewährungsstrafen davon.

Von Christian Rost

Vier junge Männer und zwei Frauen haben eine 15-Jährige zur Prostitution überredet und sie auch einem Freier zugeführt. Die Münchner im Alter von 19 bis 31 Jahren machten sich offenbar einen Spaß daraus, das Mädchen, das aus einer Jugendschutzeinrichtung in Glonn ausgerissen war, im Februar sowohl für ihren Lustgewinn als auch in finanzieller Hinsicht zu missbrauchen.

Obwohl das frühreife Mädchen freiwillig mitgemacht hatte, müssen sich ihre Bekannten seit Donnerstag vor dem Jugendschöffengericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft hielt ihnen Menschenhandel und ausbeuterische Zuhälterei vor. Sie räumten die Vorwürfe ein und sicherten sich per Deal mit dem Gericht vergleichsweise moderate Strafen.

Kennenlernen bei McDonald's

Als Sarah W. (Name geändert) mal wieder aus der Jugendhilfeeinrichtung weggelaufen war, lernte sie in einem McDonald's-Lokal in München neue vermeintliche Freunde kennen: einen 19-jährigen Kirchenmaler, einen 23-jährigen Sicherheitsmann, eine 19-jährige Schülerin, eine 31-jährige Arbeitslose sowie zwei weitere Männer ohne Job im Alter von 21 und 23 Jahren. Die Beteiligten trafen sich in der Folgezeit öfter in der Wohnung der 31-Jährigen in Unterföhring und gingen auch miteinander aus.

Bei einem Spiel - Flaschendrehen - offenbarte die Ausreißerin, dass sie trotz ihres jungen Alters schon mit mehreren Männern Verkehr gehabt habe. Bei einem gemeinsamen Barbesuch mit ihren Bekannten zeigte sie dann offen ihre Hemmungslosigkeit, indem sie an diesem Abend gleich mit mehreren Barmitarbeitern Sex hatte. Ihre neuen Freunde kamen dabei auf die Idee, das Mädchen könnte sich professionell prostituieren.

"Sie haben mir Geld versprochen", sagte das Opfer in einer Videovernehmung vor Gericht. Dass sie dann vor den anderen Angeklagten testweise sexuellen Verkehr mit dem 21-Jährigen hatte, bestätigte das Mädchen ebenso wie die Tatsache, dass sie von ihren Bekannten als Prostituierte für 50 Euro an einen 39-Jährigen vermittelt wurde.

Sie war zuvor von den Angeklagten geschminkt und in aufreizender Pose fotografiert worden, um für ihre Dienste zu werben. Auch gaben ihr die Angeklagten Tipps für das künftige Leben als Prostituierte: Sie solle Kokain nehmen, um den Job leichter zu ertragen. Und die jungen Männer stritten sich darum, wer für Sarah W. als Zuhälter verantwortlich sei und die Gewinne kassieren dürfe.

15-Jährige nimmt Angeklagte vor Gericht in Schutz

Von den erwarteten Einnahmen wollten auch die weiblichen Angeklagten profitieren. Die 31-jährige Arbeitslose verlangte einen zehnprozentigen Anteil, der ihr von den anderen jedoch nicht zugestanden wurde. Sarah W. war mit allem einverstanden: "Ich schäme mich dafür, wurde aber nicht gezwungen", sagte sie in ihrer Vernehmung. Und nahm die Angeklagten sogar noch in Schutz: "Sie wussten selbst nicht, was sie tun."

Diesen Eindruck machten die vier Männer und zwei Frauen durchaus vor Gericht. Regelrecht munter spazierten sie in Prozesspausen aus dem Verhandlungssaal. Nur der 19-jährige Kirchenmaler wurde in Handschellen abgeführt. Er hatte unabhängig von diesem Fall einen 180 000 Euro teuren Mercedes gestohlen und war damit stolz herumgefahren. Ihn erwartet nun eine Jugendstrafe von etwa drei Jahren. Die 19-jährige Schülerin, die ebenfalls vorbestraft ist, muss mit einer Jugendstrafe von nicht weniger als einem Jahr und vier Monaten rechnen. Die übrigen Angeklagten kommen mit Bewährungsstrafen von maximal einem Jahr oder einer Geldstrafe davon.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.2241439
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 28.11.2014/tau
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.