Vorschlag-Hammer:Friedhofslesung mit Humor

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Egal was kommt, auch wenn es trübe Tage sind, seinen Humor sollte man nicht verlieren. Selbst dann nicht, wenn einem die Ironie des Schicksals in die Quere kommt samt vieler abgesagter Veranstaltungen

Kolumne von Bernhard Blöchl

Den Humor nicht zu verlieren in diesen trübseligen Wochen, fällt schwer. Geht aber. Was Ironie des Schicksals ist, durfte ich in den vergangenen Tagen erfahren. Seit Kurzem gibt es, vielleicht haben Sie es mitbekommen, das SZ Extra auch digital zu lesen. Unser Team hat da viel Mühe und Hirnschmalz hineingesteckt, um die Kultur- und Freizeitbeilage endlich auch multimedial im digitalen Kiosk der SZ zu präsentieren. 22 Jahre lang erscheint das SZ Extra bereits, jeden Donnerstag in der Printausgabe, so auch heute. Nicht ganz so lang (aber fast) haben wir versucht, die vielen schönen Veranstaltungen auch in irgendeiner Form digital abzubilden. Und was passiert, kurz nachdem wir digital sind? Uns brechen all die schönen Veranstaltungen weg, die Oper, die großen Theater und Konzerte. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich halte die Maßnahmen zur Verhinderung einer noch schnelleren Virusausbreitung im Hinblick auf das Gemeinwohl für richtig und wichtig. Aber die zeitliche Fügung lässt mich verzweifeln, respektive schmunzeln, ohne Ironie ist das alles eh kaum zu ertragen. Vorerst wird es also nur ein reduziertes Extra geben. Die Betonung liegt auf vorerst. Denn in Geduld sind wir groß.

Weiter in Sachen Humor. Ein paar gesundheitspolitisch korrekte, weil ohne Menschenmengen zu habende Mundwinkelnachobenreißer möchte ich empfehlen. Eine Schippe schwarze Gaudi bringt gerade Rudolf Ruschel in meinen Alltag, und ja, der Österreicher schreibt wie sein Name klingt. "Ruhet in Friedberg" heißt sein Debüt, es dreht sich um zwei junge Schlawiner, die in den späten Neunzigern als Aushilfen beim Bestatter in ein mordsmäßiges Schlamassel hineinschlittern. Totentaxler Hilfsausdruck. Nicht, dass Rudolf Ruschel Wolf Haas aufs Wort imitieren würde, aber in Sachen Leseransprache, Satzschlenker und Verbendiebstahl ist er so nah dran am Meister, dass man sich verwundert die Augen reibt. Als Haas-Verehrer ist man da ja hin- und hergerissen. Neugierig bin ich jedenfalls, wie sich dieser Ruschel entwickelt. Am 6. Mai soll er beim Krimifestival München lesen, in einem Bestattungsinstitut am Westfriedhof.

Unnachahmlich ist auch Gerhard Polt. War er immer. Derzeit kann man im Bayerischen Fernsehen und auch in der BR-Mediathek die großartige Serie Fast wia im richtigen Leben noch einmal schauen. Und darüber staunen, dass die mal bissigen, mal albernen, mal satirischen, mal bitterbösen Gesellschaftsminiaturen mit Gisela Schneeberger bis zu 40 Jahre alt sind! Einen sehr jungen, mitunter derben Humor schlägt die Liebeskomödie Isi & Ossi an. Die erste deutschsprachige Netflix-Film-Eigenproduktion heiterte mich als ruppige, gnadenlos überspitzte Reich-trifft-Arm-Comedy kürzlich besonders auf. Ebenso die neuen Staffeln der Serien The Marvelous Mrs. Maisel über eine Komikerin in den späten Fünfzigerjahren und Pastewka über Bastian Pastewka im Hier und Jetzt (beide Amazon Prime Video). Und dann gibt es da noch das Nirvana-liebende kommunistische Känguru, das ebenfalls gut als Stimmungsaufheller taugt. Ob Sie Die Känguru-Chroniken im Kino sehen oder lieber das Buch lesen wollen, wie ich, überlasse ich gerne Ihnen.

© SZ vom 12.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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