Von Windischeschenbach nach Minga:Unwetterwarnung in Neuperlach

Lesezeit: 2 min

Alfons zieht von Windischeschenbach nach München. Einer alten Tradition zufolge lädt man in seiner Heimat alle neuen Nachbarn zum Umtrunk ein. Das will er auch in Neuperlach machen. Mit allen Hochhaus-Bewohnern.

Lars Langenau

Alfons stammt aus Windischeschenbach. Windischeschenbach ist die "Hauptstadt des Zoiglbieres" und liegt in der Oberpfalz. Windischeschenbach verfügt über 5514 Einwohner. Ab Samstag über einen weniger: Alfons. Denn Alfons zieht um. Von Windischeschenbach nach München. Nach Neuperlach.

Gescheitertes Einzugsfest: "Heftige Regengüsse, Schauer. Die Klappstuhlparty fällt wegen Unwetterwarnung aus!" (Foto: oh)

"In Windischeschenbach", sagt Alfons, "ist es Tradition, bei einem Umzug seine neuen Nachbarn auf einen Umtrunk einzuladen." Und Alfons legt Wert auf Traditionen. Und sein Wahlspruch lautet: "Hyperaktiv trotz Valium." Also organisiert Alfons ein Einzugsfest. Für seine 23-Quadratmeter-Wohnung. In einem Hochhaus von Neuperlach. Das tut er akribisch. Seit einem Vierteljahr. Und da er niemanden ausschließen will, lädt er alle Nachbarn ein. Alfons plant - neben seinen Freunden und Bekannten - mit "rund 500 bis 600 Leuten". Da die natürlich nicht alle in seine Wohnung passen, will er das Fest auf der Grünfläche vor dem Hochhaus starten. Mit dem "Ausmaß einer türkischen Hochzeit". Alfons ist beseelt von seiner Aufgabe. Er war schon einmal verheiratet - und "den Fehler will ich nicht wiederholen". Aber ein großes Fest, das will er schon noch einmal auf die Beine stellen. Also bemüht sich Alfons um Genehmigungen: von der Hausverwaltung, vom Ordnungsamt bis zum Grünflächenamt. Selbst an eine Versicherung für möglichen Schaden hat er gedacht. Alfons entwirft Plakate und Flyer, bastelt sich eine Homepage (www.xnoi.de) und wünscht sich "einen Crêpes-, Döner- und Schweinswürstlstand".

Alfons ordert 700 Liter Zoigl-Bier aus seiner Heimat, 300 Liter nichtalkoholische Getränke, heuert die Beppo Johnson Lio Band ("die beste Kultband seit dem Vetterl-Trio") aus Windischeschenbach an und will live eine Grußbotschaft von einem Freund aus den USA auf eine Großbildleinwand übertragen. "Kinder und Inder sind erwünscht", sagt Alfons und versucht, neben einer Hüpfburg, auch noch Spielzeug aus Südafrika zu ordern.

"Eine Wohnungseinweihung ohne Besichtigung, das kann nicht sein", sagt er. Zur Finanzierung plant Alfons ein "WC-Nutzerentgeld von 50 Cent pro Sitzung. Eine Wohnungsbesichtigung ist da mit drin." Den möglichen Gewinn, nicht nur den vom Klo, will er den "Kindern von Neuperlach" zukommen lassen. All das nennt er eine "Klappstuhlparty". Weil "ich ja nicht noch für alle eine Sitzgelegenheit organisieren kann", sagt Alfons.

Letzter Anruf beim Wetteramt für das Stadtgebiet Neuperlach: "Heftige Regengüsse, Schauer. Die Klappstuhlparty fällt wegen Unwetterwarnung aus!", sagt Alfons. Dabei sagt doch die Vorhersage für diesen Samstag etwas ganz anderes: warm und viel Sonnenschein. Alfons, was ist denn das jetzt? "Ich habe einen Anruf vom Hausverwalter bekommen", sagt er stockend. "Die Eigentümer wollen mir kündigen, wenn ich das Fest tatsächlich in diesen Dimensionen durchziehe."

Und nun? "Tradition hin oder her. Ich will doch da nicht schon wieder ausziehen, noch bevor ich überhaupt eingezogen bin. Deshalb die Unwetterwarnung." "Nun", sagt Alfons ein wenig geknickt, "bin ich Münchner wider Willen".

© sueddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: