Von Riem ins Erdinger Moos:Der Flughafen, der über Nacht verschwand

Hunderte Lastwagen, Tausende Schaulustige - aber nur ein paar Stunden Zeit. Der Umzug des Münchner Airports vor 25 Jahren ging in die Geschichtsbücher ein.

Von Dominik Hutter

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Der rostrote Gebäudekomplex ist längst verschwunden. Wo einst das Terminal 1 des Riemer Flughafens stand, rollen heute Autos über die Olof-Palme-Straße zum Willy-Brandt-Platz. Vor genau 25 Jahren wäre man dort auf dem Vorfeld gewesen, zwischen Flugzeugen. Drumherum geschäftiges Treiben: Tonnenschwere Vorfeldfahrzeuge werden auf Lastwagen verladen, Flughafenbusse rollen durch die Zauntore ins Freie und weiter auf die Autobahn.

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Draußen vor den Abgrenzungen, in den langen Hallen und auf den riesigen Parkplatzflächen: Schaulustige. Ganze Familien genießen ein Spektakel, das man nicht oft sieht. Ein Flughafen zieht um. In nur einer Nacht. Am Tag danach wird all dies sinnlos sein: der Tower, die Gepäckbänder, Check-in-Schalter und Hangars. Die 2800 Meter lange Startbahn.

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Die Nacht vom 16. auf den 17. Mai 1992 ist legendär geworden in den Annalen der Luftfahrt. Ein internationaler Airport, immerhin der damals drittgrößte Deutschlands, zieht vom Stadtteil Riem ins Erdinger Moos. Unter der Vorgabe, dass der letzte Betriebstag in Riem ganz normal ablaufen kann und am darauffolgenden Morgen alles einfach in den neuen Bauten weitergeht. Als wäre nichts gewesen.

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Eine Übergangsphase war nicht vorgesehen - wie in Berlin-Tegel etwa, das laut Plan nach Eröffnung des neuen Airports noch ein halbes Jahr lang offen bleiben soll. Riem sollte vom Hochbetrieb direkt in den Tiefschlaf versinken.

25 Jahre Flughafen München

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Dazwischen lag ein hochkomplexer Logistikprozess. Der tadellos funktionierte. 70 Prozent der gesamten Speditionskapazitäten der näheren Umgebung waren für den Mega-Umzug gebucht. Für die 1600 Umzugsfahrten mussten Spuren auf der Autobahn reserviert werden. Damit nichts verloren geht und alles exakt dorthin kommt, wo es am nächsten Morgen benötigt wird, hatten die Planer 130 Lkw-Beladepunkte in Riem und 480 Entladepunkte im Erdinger Moos definiert. Die Planung der Aktion dauerte eineinhalb Jahre.

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Unter den Beobachtern der Umzugssause herrschte an jenem klaren Maiabend eine Stimmung zwischen Melancholie und Party. München-Riem, 1939 kurz nach Kriegsausbruch eröffnet, war Schauplatz des ersten Nachkriegsfluges der Lufthansa gewesen. In den Bauten des Architekten Ernst Sagebiel, der auch den Flughafen Berlin-Tempelhof entworfen hat, waren die Interkontinentalpassagiere der legendären Super-Constellation abgefertigt worden. Hier begann für die Münchner das Zeitalter der Düsenflugzeuge, und hier war 1983 vor 30 000 Zuschauern eine Concorde gelandet.

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Jetzt streiften Familien durch die verwaisten Schalterhallen, in denen leere Sektflaschen von der Abschiedsstimmung unter den Mitarbeitern kündeten. Riesige Schilder wurden abgeschraubt und als Souvenirs in Autos verladen. Auf Autobahnbrücken bestaunten Schaulustige die endlose Karawane von Lastwagen. Am Flughafenzaun herrschte eine feierliche Atmosphäre, als um 23 Uhr zum letzten Mal eine Maschine über die Startbahn sauste und abhob. Um 23.46 Uhr erloschen die Lichter der Anflugbefeuerung. 52 Jahre Luftfahrt in Riem waren vorbei.

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Entgegen dem Klischee wurde der Umzug natürlich nicht allein in dieser Nacht abgewickelt. Das Motto lautete: Was man vorher machen kann, wird auch vorher gemacht. Der frühere Flughafen-Geschäftsführer Peter Trautmann schätzte einmal, dass etwa der halbe Umzug tatsächlich in jener Nacht über die Bühne ging. Ein Viertel hatte man schon vorher ins Erdinger Moos gebracht, der Rest kam später.

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18 Flugzeuge wurden bereits am Vormittag des 16. Mai ohne Passagiere auf den Kurzflug von Riem ins Moos geschickt. Am selben Tag landeten auch 14 Maschinen mit Passagieren am neuen, offiziell noch nicht eröffneten Airport. Dort war für Pannen vorgesorgt: Notfalls hätten Studenten mit Kreidetafeln einen Ausfall der Anzeigetafeln kompensiert.

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Feierlich eröffnet wurde der Flughafen von Königin Silvia von Schweden und dem damaligen bayerischen Finanzminister Georg von Waldenfels (links daneben). Die Umzugsorganisatoren aber sind seit jener Nacht viel gefragte Experten. Eine eigene Abteilung der Flughafengesellschaft berät Airports überall auf der Welt. "MUC" war schon in Kuala Lumpur als Umzugshelfer tätig, in Bangkok, Athen, Barcelona und London. Fast 40 Aufträge gingen seit 1992 ein. Im vergangenen Jahr waren das Terminal 2 in Kairo und Ashgabat in Turkmenistan an der Reihe.

© SZ vom 26.05.2017/sim
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