Von München nach Kabul:46 Menschen nach Afghanistan abgeschoben

  • Erneut werden vom Münchner Flughafen aus Flüchtlinge nach Afghanistan abgeschoben.
  • In der Münchner Innenstadt protestieren dagegen am Abend Hunderte Menschen.
  • Die Abschiebungen sind wegen der schlechten Sicherheitslage in Afghanistan umstritten.

Erstmals seit dem Suizid eines abgeschobenen Afghanen sind von München aus wieder Menschen nach Afghanistan abgeschoben worden. Der Flieger mit den 46 Personen an Bord landete am Mittwochmorgen in der afghanischen Hauptstadt Kabul. Beamte am Flughafen bestätigten, die Maschine aus München sei kurz nach 8.30 Uhr Ortszeit gelandet.

Es war die 15. Sammelabschiebung seit dem ersten Flug im Dezember 2016. Diese Abschiebung mitgerechnet, haben Bund und Länder bisher etwa 350 Männer nach Afghanistan zurückgebracht. Nach einer Sammelabschiebung Anfang Juli hatte sich einer der 69 Männer kurz nach seiner Ankunft in Kabul das Leben genommen.

In der Münchner Innenstadt protestierten am Abend mehrere hundert Menschen gegen die Abschiebung. Nach Angaben des Flüchtlingsrats beteiligten sich etwa 700 Menschen an dem Protest. Ein Polizeisprecher gab die Teilnehmerzahl mit etwa 600 an. Zwischenfälle wurden nicht bekannt.

Der bayerische Flüchtlingsrat sprach von einer "Abschiebehysterie". Denn viele Betroffene würden bereits seit Jahren hier leben, hätten eine Lehrstelle und seien somit bereits integriert, sagte Sprecherin Agnes Andrae dem Bayerischen Rundfunk (BR) zufolge.

Kritische Lage in Afghanistan

Die Abschiebungen sind umstritten, weil sich in Afghanistan der Krieg des Staates mit den radikalislamischen Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) ausweitet. Erst am vergangenen Freitag hatten Taliban die strategisch wichtige ostafghanische Stadt Ghasni überfallen. Bei den noch andauernden Kämpfen starben laut Verteidigungsministerium bisher etwa 100 Sicherheitskräfte, mindestens 30 Zivilisten und 200 Talibankämpfer. In der Nacht zu Mittwoch töteten die Taliban bei mehreren Angriffen in der nördlichen Provinz Baghlan mindestens 40 Sicherheitskräfte.

Katharina Schulze, Grünen-Fraktionschefin im Bayerischen Landtag, bezeichnete die Abschiebungen nach Afghanistan dem BR zufolge als "unmenschlich". Es sei "typische CSU-Masche, dass Integrationsvorbilder abgeschoben werden".

Im Zusammenhang mit dem Abschiebeflug vom Juli war zudem Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in die Kritik geraten. Er hatte darüber gescherzt, dass "ausgerechnet" an seinem 69. Geburtstag 69 Afghanen abgeschoben wurden. Vor allem in Zusammenhang mit dem Suizid eines 23-Jährigen erschien das vielen Gegnern Seehofers als geschmacklos.

Ein weiterer Afghane, der im Juli nur durch Zufall seiner Abschiebung entgangen war und quasi der 70. Afghane gewesen wäre, darf nun doch in Deutschland bleiben. Der gut integrierte Danial M. hat in seinem Bayreuther Kirchenasyl überraschend eine Duldungsbestätiggung erhalten.

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Danial M. sollte mit 69 anderen Afghanen nach Kabul abgeschoben werden, über die Seehofer witzelte. Nun verlässt der 22-Jährige das Kirchenasyl als freier Mann - und der grantige Ton zwischen Bischöfen und CSU wird milder.

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