Vom Foodblogger bis zur Ernährungswissenschaftlerin:Snacksache

Royal Donuts Laden

Zwei Stunden Schlange stehen für einen zuckrigen Teigkringel am Kurfürstenplatz? Gilt der Laden gerade als hip, ist das kein Problem.

(Foto: Catherina Hess)

Ob hip oder traditionell - gutes Essen ist eine Frage der Perspektive.

Von Katrin Kurz

Caramel Cool Flash Ball, Green Wiener und Bomba Calabrese - wer bei diesen Namen an Figuren aus Disney-Animationsfilmen denkt, verbringt vermutlich wenig Zeit in den sozialen Medien. Der hippe Instagram-Nutzer hingegen weiß sehr schnell: Es handelt sich um Snacks, für die die Münchner derzeit Schlange stehen. Folglich müssen sie besonders gut sein. Doch was bedeutet "gut" in diesem Zusammenhang?

Ob poppig-bunte, zuckrig dekorierte Donuts, Hotdogs aus Tofu im Dinkel-Spinat-Brot oder eine Pizza mit Cashewmozarella: Fotos von immer neuen, exotischen Kreationen verbreiten sich rapide in den sozialen Netzwerken. Will man dort mitreden, wartet man gerne bis zu zwei Stunden vor einem Willy-Wonka-Laden und bezahlt ohne nachzudenken sechs Euro für einen gefüllten, üppig drapierten Teigkringel. Für diese sechs Euro kaufen sich besonders die sogenannten Generationen Y und Z - also grob die 20- bis 35-Jährigen - nicht nur einen süßen Snack, sondern eine Extraportion Unterhaltungsfaktor mit dazu, beim dem der "Ich war dabei"-Internetpost nicht fehlen darf.

"Essen wird mehr und mehr zum Social-Media-Hobby", sagt Malte Steiert, der einen Foodguide-Kanal auf Instagram mit knapp 100 000 Followern betreibt. Und auch die Food-Bloggerin Jovana Jakic stellt fest: "Die Münchner haben ein extremes Verlangen nach Neuem." Auf ihrem Kanal "Munich Food" postet sie beinahe täglich Fotos von ihren kulinarischen Entdeckungen, die sie in Münchner Lokalen getestet hat.

Oft gelikt und somit für "gut" befunden werden Beiträge von nachhaltigen Bio-Läden mit dem Fokus auf vegane Alternativen. Entwickelt sich dabei auch ein stärkeres Bewusstsein für gesunde Ernährung? "Nicht unbedingt", sagt Jakic, viel wichtiger sei, "dass es einfach schön aussieht". Sushi alleine reicht nicht, die Rollen werden inzwischen kunstvoll mit Mayoklecks, Keimsprossen oder Lotuswurzel-Crunch verziert, bei Cocktails gibt es ein Topping aus Popcorn, Blüten, Beeren oder Baiser-Häubchen. Nicht zu vergessen die Teigkringel, auf denen sich alles türmt, was das Süßigkeiten-Regal hergibt.

Was Food-Blogger für gut befinden, kann in der wissenschaftlichen Ernährungsberatung genau das Gegenteil bedeuten. Hier geht es zwar auch um das bewusste Erleben einer Mahlzeit mit allen Sinnen, "entscheidend ist jedoch die ausgewogene Versorgung mit relevanten Nährstoffen wie Kohlenhydraten, Eiweiß, Fetten, Mineralien oder sekundären Pflanzenstoffen", sagt Ernährungswissenschaftlerin Christina Lohwasser. Dabei muss es nicht immer nur Müsli sein. Auch "eine Pizza kann durchaus gesund sein, wenn man zum Beispiel Vollkornmehl verwendet oder sie mit ausreichend Bio-Gemüse belegt", empfiehlt sie.

Es sei aber nicht nur wichtig, was man esse - sondern auch, wie: Nur durch ausreichendes Kauen könne der Körper die aufgenommenen Nährstoffe optimal verwerten, zudem seien Pausen von zwei bis vier Stunden zwischen den Mahlzeiten wichtig.

Besonders im Lockdown ging der Trend jedoch zur "Snackification", also viele Mini-Mahlzeiten anstatt drei regelmäßige Hauptmahlzeiten pro Tag. Das ein oder andere Corona-Kilo lässt sich wohl auf dieses permanente Knabbern zurückführen. Erlebe man die Mahlzeiten hingegen bewusst mit allen Sinnen - Geruch, Konsistenz, Geschmack -, wähle dafür einen schönen Platz und nehme sich ausreichend Zeit, "würde wahrscheinlich niemand zwei Tüten Chips hintereinander wegfuttern", sagt Lohwasser. Und wenn es doch mal schnell gehen muss? Dann seien auch Fertigprodukte oder Riegel in Ordnung. Hier gelte die Faustregel: Je weniger Zutaten in der Liste, desto besser. Maximal drei wären ideal, sagt Lohwasser - und am besten solche, die auch die eigene Großmutter noch kennen würde.

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