Volksbegehren "Rettet die Bienen":Dringender Weckruf für mehr Artenschutz

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SZ-Leser haben sehr unterschiedliche Schuldzuweisen. Aber sie sind sich einig, dass mehr für die Naturvielfalt getan werden muss

"Die Bauers-Frau" vom 6. Februar, "Bündnis für die Bienen" vom 31. Januar und die Berichterstattung über das Artenschutz-Volksbegehren:

Nur noch Öko à la Franziskus

Für halbscharige Kompromisse zwischen der konventionellen Landwirtschaft und dem Naturschutz, wie es die CSU und auch der Bauernverband propagieren, ist es längst zu spät. Die Natur und besonders die Welt der Insekten ist bereits in einem solchen Ausmaß geschädigt, dass sofort einschneidende Maßnahmen erforderlich sind. Nicht 30 Prozent ökologischer Landbau sollten gefordert werden, sondern vielmehr ein komplettes Verschwinden der konventionellen Landwirtschaft. Die Politik sollte Sorge dafür tragen, dass die durch Insektizide, Pestizide und Überdüngung hervorgerufene Umweltbelastung und -zerstörung gerechterweise den konventionell erzeugten Produkten in Form von Steuern belastet wird. Wäre das nicht die effektivste Förderung der Biolandwirtschaft?

Das Volksbegehren ist jedenfalls richtig und sehr wichtig. Unsere Politiker brauchen dringend Vorgaben vom Volk, nicht von der Wirtschaft. Den Initiatoren und dem Trägerkreis des Volksbegehrens gebührt unser Dank. Dazu ein Zitat von Papst Franziskus: "Anerkennenswert ist die Aufgabenstellung von internationalen Organisationen und Vereinigungen der Zivilgesellschaft, welche die Bevölkerungen sensibilisieren und kritisch mitwirken - auch unter Einsatz legitimer Druckmittel -, damit jede Regierung ihre eigene und nicht delegierbare Pflicht erfüllt, die Umwelt und die natürlichen Ressourcen ihres Landes zu bewahren, ohne sich an unehrliche lokale oder internationale Interessen zu verkaufen." Wenn alle Anhänger der CSU, die ja ein "C" in ihrem Namen trägt, sich einmal die Mühe machen würden, die Enzyklika "Laudato si" von Franziskus zu lesen und danach zu handeln, wäre das Volkbegehren jedenfalls überflüssig. Martin Ballmann, Berg

Demokratie-Belebung

Die Befeuerung des demokratischen Wettbewerbs ist der beste Grund für die Unterstützung dieses Gesetzentwurfs. Die Landtagsmehrheit wird ohnehin einen eigenen Gesetzentwurf vorlegen, der bitteschön nicht nur die Landwirtschaft im Fokus hat. Er muss die gesamte Bevölkerung erfassen und nicht nur die Landwirte. An Artensterben und Klimawandel sind wir nämlich alle beteiligt. Landwirte und Journalisten, Arbeitslose und Professoren, Landeier, Großstädter, Grüne, Schwarze, Rote, Orange, Gelbe und Blaue. Rainer Schmid, München

Nichts bewiesen

Das Bienen- beziehungsweise Insektensterben, welches von den Öko-Parteien proklamiert wird, bezieht sich rein auf die "Krefelder Studie" aus der Region NRW/Brandenburg. Sonst existieren keine Studien. Ein Ergebnis dieser Studie ist, dass kein Beweis gefunden wurde, dass am "Insektensterben" die Landwirtschaft schuld ist. Aber den Beweis brauchen Naturschützer auch nicht, um die Vorurteile ausgiebig in diese Richtung zu lenken: "Schuld am Insektensterben ist die moderne Landwirtschaft." Die Lücken der Studie und ihre reißerische Vermarktung führten zur Prämierung als "Unstatistik des Monats Oktober 2017" durch universitäre Statistiker. Die Studie ist so aufgesetzt, dass man auch eine Zunahme an Insekten feststellen kann, wenn man mag. Zudem bezieht sich die Untersuchung nicht auf Bayern und hat auch keine Logik in der Standortauswahl. Es wurden ständig andere Standorte gewählt, willkürlich herangezogen, ohne Zusammenhang. Ursachen wurden hierbei nicht untersucht.

Die landwirtschaftlich genutzte Fläche ist seit den 1990er Jahren zurückgegangen und die eingesetzten Pflanzenschutzmittel unterliegen sehr hohen Auflagen. Wer also die aktuellen Umweltmaßnahmen in der Landwirtschaft komplett untergraben will, wer möchte, dass die regionalen Lebensmittelpreise sich locker verdoppeln, muss dieses Volksbegehren unterschreiben. Für den Rest gilt es, eine ernsthafte Forschung in diesem Bereich zu etablieren und danach zu handeln. Mit Blick auf England weiß man, dass Lügner funktionierende Systeme einem Brexit unterziehen können... Caroline Brielmair, Grucking

Warnung an die CSU

CSU und Freie Wähler tragen als Regierungsparteien die Verantwortung für den Erhalt der Artenvielfalt in Bayern. Zu dieser Verantwortung gehören eine ehrliche Bestandsaufnahme und mutiges Regierungshandeln. Konkret bedeutet dies: CSU und Freie Wähler sollten eingestehen, dass Bayern beim Artenschutz ein massives Problem hat und dass alle bisher ergriffenen Maßnahmen den Artenschwund nicht stoppen konnten. CSU und Freie Wähler sollten ferner nicht auf Zeit spielen, denn beim Artenschutz gibt es keine Forschungslücken oder Wissensdefizite, sondern ein Handlungsdefizit. CSU und Freie Wähler sollten die Ursachen für den Artenschwund angehen, statt Symbol- oder Reparaturpolitik zu betreiben. Und CSU und Freie Wähler sollten umgehend Reformen vorantreiben, so dass die EEG-Regelungen und die Agrarsubventionen künftig zum Erhalt der Artenvielfalt beitragen und nicht wie bisher den Artenschwund beschleunigen. Das aktuelle Volksbegehren "Rettet die Bienen" ist ein Weckruf. Insbesondere die CSU sollte diesen Weckruf nicht ignorieren, sondern dem Artenschutz endlich die Bedeutung beimessen, die ihm zukommt. Roland Sommer, Diedorf

Übeltäter mit Messer und Gabel

Es sieht leider so aus, dass hier der eigentliche Täter auf den vermeintlichen Verursacher zeigt - und diesen Täter gilt es zu identifizieren. Das Eintragen in die Liste mag jedem das gute Gefühl geben, ein Umweltschützer zu sein, aber die Tatsache, sich zu Hause oder im Restaurant gerne ein großes saftiges Steak zu gönnen ohne zu merken, dass auf dem Teller als Beilage 1000 Liter Methangas und Gülle liegen und der Regenwald dafür abgeholzt wurde, ist plötzlich kein Thema mehr. Alle wollen Bio, bis sie an der Supermarktkasse ankommen. Nicht der Bauer ist der Übeltäter, wir alle machen ihn dazu. Dr. Alois Wegener, Schondorf

Ein Lobby-Präsident, der gerne ein paar Fakten übersieht

Nachdem der Präsident des Bauernverbandes, Walter Heidl, die Leute vom Volksbegehren des "Bauern-Bashings" bezichtigt und verunglimpft, ist es um so wichtiger, dass das "Volk" ins Rathaus geht und unterschreibt. Warum sind wir dann da, wo wir sind, Herr Heidl? Weil Herr Heidl zusammen mit den Lobbyisten nie die Natur und die Menschen gesehen hat, die erwarten dürfen, auch in Zukunft noch sichere Lebensgrundlagen vorzufinden. Vor Einführung der industriellen Landwirtschaft maßgeblich durch den Bauernverband (BBV) - zusammen mit der Politik und mächtigen Lobbygruppen der Chemie- und Maschinenhersteller - war ja alles in Ordnung. Da musste man nicht von ökologischer Landwirtschaft sprechen, weil sie eben von Haus aus ökologisch war. Hat vielleicht irgendein Landwirt in den 60-er Jahren Soja aus Südamerika eingeführt und die Kleinbauern dort ausgeplündert? Nein!

Das Unglück hat mit der sogenannten Flurbereinigung in den 60-er, 70-er Jahren begonnen. Damals wurden großflächig Natur- und Kulturraum vernichtet, Hohlwege zugeschüttet, Feldgehölze umgeschnitten, offene Gräben zugeschüttet, Bäche und Flüsse begradigt, junge Bauern auf industrielle Landwirtschaft getrimmt (ist bis heute so). Dann hat man die Chemie eingeladen, die Landwirtschaft zu "übernehmen". Das hat dann das endgültige Ende eingeläutet und uns dahin gebracht, wo wir heute sind. Die Steuerzahler müssen mit Milliarden wieder richten, was zerstört wurde. Und nach diesem Jahrzehnte andauernden Desaster schwingt sich der Herr Präsident dazu auf, wähnt sich fast auf "Schöpfer-Ebene" und tut so, als gehöre ihm Natur und Land. Die Bürger die es wagen, den Mund aufzumachen, werden verunglimpft. Das schreit zum Himmel, das ist Macht ohne Ethik. Franz Höcherl, Pliening

© SZ vom 12.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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