Sie gurren laut, flattern einem um den Kopf herum und verschmutzen Bahnsteige, Gehwege und Straßen: Für viele Münchner sind die 30.000 bis 40.000 Tauben in der Stadt eine nervige Plage. Die Vögel produzieren jährlich etwa 480 Tonnen Kot - und das vornehmlich an belebten Plätzen wie der Münchner Freiheit, dem Hauptbahnhof, dem Goetheplatz oder dem Viktualienmarkt.
Die Stadt hat den Tauben schon vor Jahren den Kampf angesagt. Doch jetzt kapituliert sie: Für Taubenhäuser, aus Sicht des Rathauses die einzig wirkungsvolle Maßnahme zur Reduzierung des Vogelbestands, gebe es kaum geeignete Standorte.
Dabei beweisen private Initiativen, dass der Überpopulation sehr wohl beizukommen ist. Monika Schüllenbach engagiert sich seit Jahren im Tierschutz. Vor allem die Tauben haben es ihr angetan. Warum eigentlich, das weiß sie selbst nicht.
Im August wurde auf ihre Anregung hin ein Taubenschlag auf dem Karstadt-Gebäude an der Münchner Freiheit aufgestellt. "Das Projekt zeigt erste Erfolge", sagt sie. Jeden Tag um die Mittagszeit kommt Schüllenbach auf das Dach, füttert die Vögel und reinigt das Häuschen.
150 bis 180 Tauben fressen dort, ein Dutzend schläft regelmäßig im Taubenschlag, das erste Pärchen brütet. Die Ehrenamtliche kontrolliert die Eier und tauscht sie gegen Attrappen aus. "Die Tauben fliegen jetzt nicht mehr runter auf die Straße, um dort nach Futter zu suchen", sagt sie. Passanten würden weniger belästigt und die Tauben-Population lasse sich reduzieren.
Auf dem Studentenwohnheim in Freimann betreibt das Studentenwerk einen Taubenschlag, auf dem Dach eines Hypo-Vereinsbank-Gebäudes im Arabellapark gibt es ebenfalls einen.
Die Stadt Augsburg praktiziert dieses Modell seit 1997 erfolgreich. Die Landeshauptstadt München hingegen zeigt sich skeptisch. "Eine grundsätzliche Lösung des Taubenproblems ist derzeit nicht in Sicht", heißt es in einer Sitzungsvorlage des Referats für Gesundheit und Umwelt, über das der Stadtrat Ende Januar beraten will.
Auf 17 Seiten führt Umweltreferent Joachim Lorenz (Grüne) aus, wo die Schwierigkeiten liegen. Aus Kostengründen sei eine Umsiedlung der Tauben unmöglich. Allein für die Tauben an der Münchner Freiheit würde ein solches Projekt 54.000 Euro kosten.
Die Bahndirektion hatte die Methode bereits vor zwei Jahren am Hauptbahnhof getestet: 700 Tauben wurden von Lockvögeln in große Käfige geködert und nach Passau auf einen Taubenhof gebracht. Es hat genutzt, war aber auch der Bahn zu teuer.
Da die Stadt den Abschuss von Tauben aus Tierschutzgründen ablehnt und das seit 1996 bestehende Fütterungsverbot oft nicht eingehalten wird, bleiben nur noch die Taubenhäuser. Geprüft wurden Plätze am Sendlinger Tor, im Isartor, auf dem Ruffinihaus und dem Tonnenhaus am Viktualienmarkt. Baurechtliche Einwände oder hygienische Bedenken sprechen jedoch dagegen, heißt es in der Stadtratsvorlage.
Auch an Kooperation fehlt es laut dem Papier: "Trotz wiederholter Anfragen an andere städtische Dienststellen, Standorte zu nennen, wurde kein geeigneter Vorschlag gemacht."
Der Tierschutzverein München versucht sich indes in Aufklärung. Judith Brettmeister berichtet vom geplanten Taubenschlag auf dem Kustermann-Gebäude am Viktualienmarkt. "Die Anwohner sind dagegen, obwohl sie sich nicht einmal informiert haben", sagt sie. Viele befürchteten Dreck und noch mehr Tauben, wenn man es ihnen so gemütlich mache. "Die Erfahrungen zeigen aber, dass das Gegenteil eintritt", so Brettmeister.
Die Tierschützer fordern mehr Engagement von der Stadt. Wenn München schon nicht selbst aktiv werde und keine Taubenschläge aufstelle, sollte die Stadt wenigstens die privaten Initiativen unterstützen. "Wir haben nur noch Geld für zwei weitere Taubenhäuser und bekommen keine Aufwandsentschädigung", sagt Schüllenbach.