Vision:"Selbst bei minus 20 Grad"

Vision: Cećile Prinzbach (links) und Claire Staudenmayer, beide Deutsch-Französinnen, loben Macrons Rede über die Zukunft Europas.

Cećile Prinzbach (links) und Claire Staudenmayer, beide Deutsch-Französinnen, loben Macrons Rede über die Zukunft Europas.

(Foto: Robert Haas)

"Pulse of Europe" beschwört auf dem Max-Joseph-Platz dennoch den Zusammenhalt

Von Gerhard Fischer

Cećile Prinzbach steht auf der Bühne am Max-Joseph-Platz und sagt, Emmanuel Macron habe vergangene Woche eine "unfassbar visionäre Rede" zu Europa gehalten. "So etwas gelingt heute nur noch wenigen Politikern." Prinzbach ist Mitglied von Macrons Bewegung "En Marche". Sie spricht an diesem Sonntagnachmittag auf der Veranstaltung von "Pulse of Europe" in München.

Eine gute halbe Stunde zuvor, gegen 13.30 Uhr, ist der Max-Joseph-Platz fast menschenleer. Die Pulse-of-Europe-Organisatoren basteln noch an der Bühne herum, an einem Stand kann man Merchandising-Artikel kaufen: Europaflaggen, Europamützen, Aufkleber mit der Aufschrift "I love Europa". Claire Staudenmayer steht neben dem Stand. Staudenmayer hat die deutsche und die französische Staatsbürgerschaft, sie lebt - ebenso wie Prinzbach - in München, und sie ist Referentin jenes En-Marche-Abgeordneten, der von Auslandsfranzosen in Mitteleuropa gewählt worden ist. Claire Staudenmayer wird gleich zusammen mit Cećile Prinzbach über Macrons Europarede sprechen. Besser: sie überschwänglich loben.

Der Platz füllt sich nur langsam. Auf den Stufen des Max-Joseph-Denkmals sitzen Sabine Rupprich und Inge Matzdorf. Seit Anfang März gibt es die Pulse-of-Europe-Treffen am Max-Joseph-Platz, und seit Anfang März ist Rupprich dabei. "Ich hatte damals schon überlegt, selbst etwas zu gründen - dann habe ich Pulse of Europe im Netz gesehen", sagt sie. "Europa hat so viel Gutes bewirkt - Umwelt, Arbeitsrecht, Frieden - und viele Leute sehen das nicht." Sie meint zum Beispiel die Leute von der AfD, die Probleme mit Nationalismus lösen wollten. Aber das gehe nicht.

Inge Matzdorf ist erst zum zweiten Mal da. Sie sei einmal "zufällig vorbei gekommen und hängen geblieben". Sie hoffe, dass die Bewegung "Pulse of Europa" nicht einschlafe. Es seien ja schon weniger Menschen da als früher.

Um 13.55 Uhr sind etwa 150 Zuhörer auf dem Max-Joseph-Platz, als Prinzbach und Staudenmayer weniger später reden, sind es vielleicht 200. Es waren aber schon mal 2000. "Die Leute werden müde", sagt eine Ordnerin. Außerdem ist das Wetter nicht gut. Andererseits: Vor einer Woche sind die Nationalisten der AfD in den Bundestag eingezogen; und Macron hat gerade diese Ruck-Rede gehalten. Das müsste doch mobilisieren.

Cećile Prinzbach sagt dann auf der Bühne, Macron habe in seiner famosen Rede Fakten mit Emotionen verbunden; aber sie sei frustriert über die bedenkenschweren Reaktionen von deutschen Politikern. "Ich sehe keine roten Linien", sagte Prinzbach, "ich sehe nur die Ziellinie." Sie meint ein freies Europa, das, wie von Macron beschworen, an einem Strang zieht - bei der Sicherheit, bei der Migration, beim Budget zum Beispiel. Claire Staudenmayer sagt, Macrons Rede habe viele bewegt, aber alleine werde er es nicht schaffen: "Er braucht einen Partner - und dieser Partner heißt Deutschland!" Die Leute, es sind - neugierige Passanten inklusive - zwischendurch knapp 300 geworden, jubeln und schwenken die Europa-Fahnen.

Dann darf auf die Bühne, wer immer was zu sagen hat. Fast alle, die das Angebot annehmen, beschwören, dass die Bewegung "Pulse of Europe" nicht sterben dürfe - auch nicht, wenn es Winter werde und man es sich gemütlich machen wolle. Ein Mann ruft: "Selbst bei minus 20 Grad müssen wir da sein!"

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: