Süddeutsche Zeitung

Anne-Sophie Mutter zur Konzertsaaldebatte:"Jetzt ist wirklich die Zeit gekommen, etwas Neues zu bauen"

  • Die Violinistin Anne-Sophie Mutter fordert im SZ-Interview ein neues Konzerthaus für München, um den internationalen Ruf der Stadt als Zentrum der klassischen Musik zu verteidigen.
  • Seit mehr als zehn Jahren wird in München über den Bau diskutiert, der vor allem Heimat für die Orchester des Bayerischen Rundfunks werden soll.
  • Von einer Sanierung der Gasteig-Philharmonie oder einer Erweiterung des Herkulessaals der Residenz hält Mutter nicht viel. Beide Varianten hatte Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) zuletzt ins Gespräch gebracht.

Von Christian Krügel

Die Violinistin Anne-Sophie Mutter fordert den Bau eines neuen Konzerthauses in München, um den internationalen Ruf der Stadt als Zentrum der klassischen Musik zu verteidigen. Trotz dreier Spitzenorcherster laufe die bayerische Landeshauptstadt Gefahr, den Anschluss zu verlieren, warnte die 51-Jährige in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Denn sowohl die Philharmonie am Gasteig als auch der Herkulessaal seien im internationalen Vergleich der Konzerthäuser nicht mehr zeitgemäß und wettbewerbsfähig.

Neue Häuser, etwa in Dortmund, seien akustisch deutlich besser und böten ganz neue "Musik-Erlebniswelten". "Ich sehe nicht ein, warum sich München davon den Rang ablaufen lassen sollte. Aber Dortmund hat uns akustisch absolut in die zweite Liga verdrängt", sagte Mutter der SZ.

Seit mehr als zehn Jahren wird in München über den Bau eines neuen Konzerthauses diskutiert, das vor allem Heimat für die Orchester des Bayerischen Rundfunks sein soll. Ministerpräsident Horst Seehofer hatte mehrmals einen Neubau versprochen, zuletzt aber eine Kooperation zwischen Stadt und Staat bei der Sanierung der maroden Gasteig-Philharmonie und eine Erweiterung des Herkulessaals der Residenz ins Gespräch gebracht.

Von beidem hält Anne-Sophie Mutter nicht viel. Die Philharmonie sei "für elektronisch verstärkte Projekte hervorragend geeignet, aber nicht für ein Konzert, das die unglaubliche Dichte, Tiefe und Dynamik klassischer Musik in allen Nuancen widerspiegeln muss". Das Publikum habe dort wegen der mangelnden Akustik "nie die Möglichkeit, von der Musik wirklich umhüllt zu werden".

Mutter gegen Umbau des Herkulessaals

Wenn es um Akustik gehe, "hängen wir immer noch dem Glauben an, das sei nur so eine Geschmäcklerei einiger schwieriger Musiker. Dem ist nicht so: Das Publikum ist mündig, das Publikum hat ein Recht darauf, Musik so zu erleben, wie sie tatsächlich stattfindet", sagt die Geigerin der Süddeutschen Zeitung.

Von einem Umbau des Herkulessaals halte sie nicht viel: "Das kommt mir wie ein Déjà-Vu vor - nach all den schlechten Erfahrungen, die man mit Umbauten im Gasteig gemacht hat." Es sei "jetzt wirklich die Zeit gekommen, etwas Neues zu bauen, damit wir nicht international den Anschluss verpassen", so Mutter.

Ein neues Konzerthaus müsse vor allem auch einen pädagogischen Anspruch haben und "vielen Musikrichtungen Heimat bieten: Klassik, Jazz, Chormusik". Anne-Sophie Mutter in der SZ: "Ein neues Konzerthaus darf kein Elfenbeinturm sein. Es muss Workshops geben, Kinder- und Familienprogramme, die unglaublich wichtig sind."

Ministerpräsident Seehofer erinnerte sie an sein Versprechen: "Ich weiß, dass er ein kunstsinniger Politiker ist, der gewiss auch vieles abwägen muss. Aber ich gehe fest davon aus, dass er zu seinem Wort stehen wird."

Das ganze Interview in der Wochenendausgabe der SZ und digital unter SZ.de/Zeitung.

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