Süddeutsche Zeitung

Kritik:Erzählerisches Feuer

Vilde Frang und das City of Birmingham Symphony Orchestra unter Mirga Gražinytė-Tyla werden in der Isarphilharmonie bejubelt.

Von Harald Eggebrecht

Immer noch wird Edward Elgars ausdrucksstarkes, episodenreiches h-Moll-Violinkonzert op. 61 relativ selten auf dem Kontinent gespielt. Aber die Zeiten haben sich glücklicherweise ungemein gebessert, denn die jüngeren Violinköniginnen und Geigenmeister nehmen sich dieses in alle Richtungen fantastischen Konzerts mit großem Engagement an.

Das bedeutet für hiesige Orchester verstärkte Probenarbeit, um sich in die "Sprache" Elgars glaubhaft hineinzufinden. Ganz anders stellt sich der Fall dar, wenn eines der bekanntesten britischen Ensembles, das City of Birmingham Symphony Orchestra unter der präzisen Leitung von Mirga Gražinytė-Tyla, den Orchesterpart gleichsam muttersprachlich souverän verwirklicht. Wenn dann noch eine so hinreißende Solistin wie Vilde Frang auf dem Podium der Isarphilharmonie steht, dann gibt es am Ende dieses vielgestaltigen Violinkonzertromans brausende Ovationen.

Die enormen Ausdehnungen des Konzerts verlangen von der Solistin eine kluge Disposition der Kräfte. Sonst droht leicht die Gefahr, sich schon im großformatigen Kopfsatz zu verausgaben, im langsamen Satz die lyrischen Reserven aufzuzehren, so dass dann das riesige Finale womöglich nur noch mit hörbarer Mühe überstanden wird.

Doch Vilde Frang prägte die virtuosen Einschläge des Kopfsatzes mit blitzenden Spitzentönen und ebensolchen Passagen, vermochte poetischen Zauber so inständig zu beschwören, dass man ihr atemlos in alle Episoden dieser Musik folgte. Das Andante gelang ihr gewissermaßen sonnenbeschienen, das Finale wurde zum spannungsreichen Höhepunkt mit dem immer verzaubernden Traum der Cadenza als geheimnisvoller Mitte - denkwürdig.

Danach Sergei Prokofjews "Romeo und Julia" Ballettmusik. Hatten die "Birminghamer" für Vilde Frang Elgars Klanglandschaft vielschichtig ausgebreitet, so zeigten sie nun Prokofjews sarkastischen Witz, die Wucht der Orchesterschläge, das Raffinement der Klangfarben in allen Aspekten dieser grandiosen Partitur. Tosender Jubel, in den Mirga Gražinytė-Tyla hineinrief, man solle unbedingt in die tolle Stadt Birmingham kommen!

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