Viktualienmarkt:Raubüberfall auf Juwelier am Viktualienmarkt - ein Auftrag aus Serbien?

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Nach der Tat im Januar 2016 mussten die Mitarbeiter des Schmuckladens erst wieder mühsam aufräumen. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Zwei Männer haben gestanden, Ende Januar 2015 gemeinsam einen Juwelierladen am Viktualienmarkt überfallen zu haben. Ein dritter Täter ist auf der Flucht.
  • Die Angeklagten geben an, sie hätten den Raub im Auftrag eines Gläubigers in Belgrad begehen sollen, da dieser sie unter Druck setzte und ihre Familien bedrohte.

Aus dem Gericht von Susi Wimmer

Gibt es in Serbien Kredithaie, die ihre Schuldner mit Wucherzinsen in den Ruin treiben, sie und ihre Familien bedrohen und dann die Schuldner zwingen, für sie Raubüberfälle in Deutschland zu begehen? So jedenfalls schildert der 23 Jahre alte Milos M. seine Situation vor Gericht.

Er sowie ein weiterer Schuldner, Aleksandar C., räumen ein, Ende Januar 2015 mit Softair-Waffe und Spaltaxt bewaffnet einen Juwelierladen am Viktualienmarkt überfallen zu haben. Allein auf bewaffneten Raubüberfall stehen fünf bis 15 Jahre Gefängnis. Helfen könnte ihnen nur noch, vor Gericht die Namen der Drahtzieher zu nennen. Doch beide schweigen.

Prozess
:Wie sich ein Münchner Juwelier gegen Überfälle wehrt

Dreimal ist der Juwelier in der Münchner Altstadt schon überfallen worden. Zweimal schlug der Inhaber die schwer bewaffneten Täter in die Flucht. Zwei wurden geschnappt - ihnen begegnet er nun vor Gericht.

Von Susi Wimmer

Die drei Täter hatten sich den Überfall wohl leichter vorgestellt: Mit Softair-Waffe, Axt und Pfefferspray bewaffnet, und zum Teil maskiert, stürmten sie am 29. Januar 2015 in die Goldstube an der Westenriederstraße und bedrohten die vier Männer und Frauen. Der Inhaber, der bereits zweimal überfallen worden war, zog sofort unter dem Schreibtisch eine Schreckschusswaffe und feuerte auf die Gangster. Die ergriffen die Flucht.

Aleksandar C., der leicht hinkt, wurde in der Frauenstraße gestellt. Er legte bei der Polizei ein umfassendes Geständnis ab und nannte auch die Namen der beiden anderen Räuber. Milos M. wurde zwei Tage später in einem Hotel in Augsburg festgenommen. Der dritte Täter ist namentlich bekannt, aber flüchtig.

Die Anwälte der Räuber, Harald Baumgärtl und Roland Autenrieth, bitten das Gericht um ein Rechtsgespräch, die Verhandlung wird unterbrochen. Die Kammer unter Richterin Elisabeth Ehrl schlägt dann für den 35-jährigen Aleksandar C. eine Strafe von etwa neuneinhalb Jahren vor. Der Angeklagte nickt zustimmend. Er steht für zwei Taten vor Gericht. Anfang Dezember 2015 hatte er mit zwei weiteren Männern einen Juwelierladen in Hamburg überfallen. Die Beute in Höhe von etwa 200 000 Euro habe er abgeben müssen, er selbst sei mit 8000 Euro Bargeld entlohnt worden.

C. stammt aus Belgrad, ist Lkw-Fahrer, und wenn er erzählt, wie er in Hamburg in einem Spielzeugladen zwei Kinderpistolen gekauft und versucht habe, sie umzubauen, dann wirkt das ziemlich linkisch. Er habe die vielen Plastikteile abmontieren wollen, was aber nicht gelang. Die eine Pistole zerbrach, an der anderen, wo er am Lauf ein orangenes Plastikstück entfernen wollte, knickte ab. Also ging er mit der kaputten Kinderpistole zum Überfall. "Ich habe die Waffe nach unten gehalten, damit man nicht sieht, dass der Lauf weggebrochen war", erzählt er. Er wirkt, als habe er sich in sein Schicksal gefügt.

Ganz anders der Mann neben ihm, Milos M. Er wird sichtlich unruhig, als Ehrl von einem Strafrahmen von etwa sechseinhalb Jahren spricht. Dem 23-Jährigen wird auch versuchte Körperverletzung vorgeworfen, weil er nach dem Raubüberfall die Spaltaxt in Richtung der Geschäftsleute geworfen haben soll. "Das ist hier kein Wunschkonzert", sagt die Richterin zu ihm, der bis dato beim Münchner Raubüberfall Erinnerungslücken vorgibt.

"Ich hätte alles gemacht"

Dann erzählt der junge Mann mit den schwarzen halblangen Haaren, dass er einen Kredit über 1500 Euro aufgenommen habe, um der Familie zu helfen. Arbeit habe er in Belgrad nicht gefunden, "ich hätte alles gemacht". Aufgrund der Zinsen schuldete er dem Kreditgeber schnell 3000 Euro. "Ich wurde geschlagen und meine Familie bedroht, wenn ich das Geld nicht zurückzahle." Seine einzige Alternative sei gewesen, dem Gläubiger zu gehorchen.

Und der hatte den Überfall gut geplant: Er soll M. in Belgrad auf einem Tablet ein Foto von einer Vitrine in der Goldstube gezeigt und Uhren aus der oberen Auslage "geordert" haben. "Ich sollte fünf bis sechs Uhren mitnehmen." Zuerst haben er und C. als Botengang in Italien einem Unbekannten eine Tüte mit Handys übergeben müssen, dann seien sie mit dem Zug nach Augsburg gefahren.

Ihre Order erhielten sie via Handy. In Augsburg stieß der dritte Mann zu ihnen, ein gewisser Niko, er sollte die Ware abnehmen. Genau 3000 Euro hätte er für den Überfall erhalten, genau so viel, um seine Schulden zu bezahlen. "Es tut mir leid, ich schäme mich", sagt er. Er habe niemanden verletzen wollen. Und als er die Waffe des Juweliers gesehen habe, habe er Angst bekommen und sei weggerannt.

© SZ vom 25.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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