Süddeutsche Zeitung

Viertel-Stunde:Zartes Gelb der ersten Stunde

Farbschicht um Farbschicht wird bei der Sanierung des Oskar-von-Miller-Gymnasiums auch dessen Geschichte freigelegt

Glosse von Nicole Graner

Es ist ein sonniger Herbsttag. Mitten in der Woche. Es klappert laut. Sehr laut. Gerade wird an der Karl-Theodor-Straße das Gerüst am nördlichen Kopfbau des Oskar-von-Miller-Gymnasiums abgebaut. Ösen, Halterungen und Streben fallen donnernd in einen Container. Wieder ein Schritt also. Die Generalsanierung und Erweiterung des "Oskar" und des Maximiliansgymnasiums hält Beobachter seit 2019 in Atem, schreitet voran, und immer ist etwas Neues zu entdecken. So kommt nach Abbau des Gerüsts auf einmal Farbe zum Vorschein. Ein zartes Gelb. An der Hauswand zur Siegfriedstraße - jetzt gut sichtbar - sind noch einige Farbkleckse. Sie zeugen von Überlegungen, wie das Gymnasium einmal aussehen könnte. Rot ist nicht dabei. Zum Glück. Bleibt es beim hellen Gelb?

Man habe sich viel Mühe gemacht bei der Auswahl des Wandtons, erklärt das Baureferat. Viele Farbschichten wurden abgekratzt, um nach dem historischen Anstrich zu forschen. Das "Theatinergelb", wie die Insider das etwas dunklere Gelb nach dem Anstrich der Theatinerkirche in der Stadt liebevoll nennen, wird es nicht mehr sein. Es bleibt beim zarten Gelb. Denn diese Farbauswahl entspräche der Farbe "zum Zeitpunkt des Baus des Gebäudes im Jahr 1911". Ornamente und Figuren - auch sie sind übrigens wieder sichtbar. Schön geputzt.

Darauf werden wohl Romulus und Remus noch warten müssen, die eigentlich über dem Eingangstor an der Karl-Theodor-Straße unter der Wölfin sitzen. Die Armen sind noch in Holz verpackt. Wie groß der Erweiterungsbau zwischen den Bestands-Kopfbauten wird, kann man nun auch erahnen. Hier wird zukünftig Chemie, Physik und Biologie unterrichtet. Gerade werden Dachabdichtungsarbeiten durchgeführt. Und natürlich darf auch nicht der Blick auf den Oskar-Turm fehlen. Noch ist er eingerüstet. Zu gern hat so mancher Schwabinger und zu spät aufgestandener Schüler auf die große Uhr geschaut. Doch das aus vielen Steinchen bestehenden Ziffernblatt der Uhr wird noch geputzt. Im März 2022, wenn alles gut geht, soll die Uhr wieder gehen - und im wohl vertrauten Ton läuten.

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Quelle:
SZ vom 25.09.2021
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