Süddeutsche Zeitung

Viertel-Stunde:Ubo und seine Getreuen

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Kirche, Karzer, Selden: Aubing birgt viel Historisches

Kolumne von Ellen Draxel

Ubingun kennt heute niemand mehr. Die Legende erzählt, der Ortsname von Aubing leite sich von einem Stammesführer namens Ubo her. Er habe, vor mehr als tausend Jahren, an dieser Stelle auf einem fruchtbaren Lehmrücken seine Getreuen und seine Familie um sich geschart. Bewiesen ist das nicht, aber die Ubostraße in dem als tausend Jahre alten Aubing gibt es. Und es gibt die vielen historischen Bauernhäuser entlang der Straße und ein Gotteshaus, das eine einmalige Kombination aufweist: Es ist Einzel- und Bodendenkmal, und das in einem als Ensemble geschützten Dorfkern.

Die Pfarrkirche St. Quirin, 1489 eingeweiht und vor zehn Jahren für rund 1,9 Millionen Euro restauriert, steht am Anfang der Ubostraße. Sie ist Alt-Aubings unbestrittenes Prunkstück - ein spätgotischer Bau mit Barock-Innenarchitektur und hochmittelalterlichem Uhrturm vom Ende des 13. Jahrhunderts. Das erste Kirchenschiff sah noch ganz anders aus. Es wurde aber 1422 im Bairischen Erbfolgekrieg vor der Schlacht bei Alling schwer beschädigt und wurde danach neu errichtet. Mit einer Decke aus Steinen statt aus Holz - nach dem Vorbild des Münchner Liebfrauendoms, der zur selben Zeit gebaut wurde. Die Aubinger Pfarrei war damals Mittelpunkt der umliegenden Orte mit mehreren Filialen.

Ein paar Meter weiter die Ubostraße längs passiert man die Verkehrsinsel am Germeringer Weg, wo bis 1953 die einstige Dorfschmiede stand. Dann fällt der Blick linker Hand auf den "Neumaier"-Hof. Das Anwesen steht wie viele andere in Aubings Ortskern unter Einzeldenkmalschutz - in diesem Fall wegen seiner Form als "zweigeschossiger Hakenhof". Zu finden ist der Hof unter der Hausnummer 21, in früheren Zeiten jedoch reichte der Name aus, um zu wissen, wovon die Rede war. Selbst, wenn ein Haus abbrannte oder verkauft wurde, behielt es seinen Namen viele Jahre lang.

Das Spannende "Beim Neumaier": Während einer rund 500-jährigen Periode bis zur Säkularisation im Jahr 1803, in der zwei Drittel der Aubinger Bauernhöfe dem Kloster Ettal gehörten, fungierte das Gebäude als "Schergenhof", war also Sitz des Ettaler Verwalters und Amtsrichters. Den "Karzer" genannten Kerkerraum im Keller des Hofes unter einer Falltür gibt es noch heute, er ist aber nur ausnahmsweise - etwa am Tag des Denkmals - zu besichtigen.

Historiker gehen davon aus, dass sich die Menschen damals zunächst auf der Anhöhe der Ubostraße ansiedelten. Die im tiefer gelegenen Teil des Dorfes an der Altostraße liegenden kleineren Bauerngüter sowie die Selden für Tagelöhner und Handwerker folgten erst später.

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Quelle:
SZ vom 19.09.2020
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