Viertel-Stunde:Mann mit Drang zum Höheren

Viertel-Stunde: Stephan Steinberger war Pater und Alpinist.

Stephan Steinberger war Pater und Alpinist.

(Foto: Wikipedia commons)

Über den Priester und Alpinisten Stephan Steinberger

Kolumne von Berthold Neff

Wer Gott nahe sein will, muss beten - oder auf hohe Berge steigen. Stephan Steinberger, der Bauersbub aus Ruhpolding, hat beides getan. An den Mann, der am 14. Dezember 1833 auf einem kleinen Bauernhof zur Welt kam und schon als Jugendlicher Richtung Himmel wollte, erinnert heute eine kleine Straße in Feldmoching. Gewürdigt werden damit seine Leistungen im Alpinismus. Er hatte für Aufsehen in den Bergen gesorgt. Mit zehn Jahren kam er ins Erzbischöfliche Priesterseminar nach Freising, flüchtete aber in jeder freien Minute in die Berge. Als erstes waren die Spitzen seiner Heimat dran, etwa das Sonntagshorn, 1961 Meter. Den bezwang er so nebenbei, bei einer Wanderung nach Traunstein. Schön und gut, aber er wollte höher hinaus. Mit 20 Jahren stand er auf dem 3798 Meter hohen Großglockner. Steinberger schaffte ihn im Alleingang. Eine Woche später, am 24. August 1854, gelang ihm die Erstbesteigung der 3851 Meter hohen, stark vergletscherten Königsspitze. Andere Alpinisten, die es ihm nachmachen wollten, scheiterten, sodass bezweifelt wurde, ob er oben war. Erst spät schenkte man ihm Glauben.

Am 28. Juni 1857 aber geriet seine alpinistische Karriere ins Hintertreffen. Steinberger wurde zum Priester geweiht, und bevor er 1864 in den Kapuzinerorden aufgenommen wurde, als Pater Corbinian, erklomm er 1862 noch einen der mehr als 4000 Meter hohen Gipfel im Monte-Rosa-Massiv. Er wirkte als Prediger in Rosenheim, Türkheim, Burghausen und Laufen, im Kapuzinerkloster Altötting und in Vilsbiburg. Am 28. Juni 1905, genau 48 Jahre nach seiner Priesterweihe, starb er nach einem Schlaganfall in Anger, im Rupertiwinkel, den Bergen nah.

Und half 35 Jahre später, zwei Leben zu retten. Der jüdische Musiker und Alpinist Joseph Braunstein aus Wien hatte 1929 ein Buch über Steinberger geschrieben und ein Exemplar an Papst Pius XI. geschickt, der ebenfalls Bergsteiger war. Der Papst dankte per Brief, und dieses Schreiben ermöglichte es Braunstein und seiner Frau Emma, sich nach der Flucht aus Wien im April 1940 in Triest auf ein Schiff nach New York zu retten.

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