Viertel-Stunde:Letztes Gefecht auf der Panzerwiese

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Die Volkshochschule erinnert in Spaziergängen und einer Ausstellung an die US-Militärgeschichte im Münchner Norden

Kolumne von Nicole Graner

Es ist wahrlich kein Frühlingswetter. In der Nacht zum 30. April 1945 muss es, laut Quellen, geschneit haben. Um 6.30 Uhr beginnen die US-Truppen mit dem Einmarsch nach München, auf der Panzerwiese im Norden der Stadt. Die SS leistet heftigen Widerstand, mit Flak-Geschützen. Und die Wiese ist vermint. Erst am Nachmittag nehmen die US-Soldaten die Kaserne München-Freimann ein. "Der Einmarsch verlief alles andere als glatt", sagt Historikerin Karin Pohl. "50 tote US-Soldaten waren zu beklagen." 79 werden verwundet, und 15 Panzer sind verloren.

Auf den Stadtteilspaziergängen im Münchner Norden, die das von der Volkshochschule gesetzte Schwerpunktthema "Fremder Freund - die USA" vertiefen sollen, erzählt Pohl vom Einmarsch der Amerikaner, von den Ereignissen am 30. April: "Das wissen nicht viele, das ist verdrängte Geschichte." Nicht von ungefähr gibt es (bis 5. Mai) an der Blodigstraße 4 auch eine Ausstellung, "Die USA in Straßennamen des Münchner Nordens".

1945 bis 1968 waren die Amerikaner im Münchner Norden stationiert. "München war", so Pohl, "im Kalten Krieg ein strategisch wichtiger Platz. Man musste Präsenz zeigen." Die Stadt war Spionagestandort, von München aus sendete Radio Free Europe. Die Familien der Offiziere zum Beispiel lebten an der Mortonstraße. Aus der Kaserne Freimann wurden die "Warner Barracks", benannt nach Henry F. Warner, gefallen mit 21 Jahren in Belgien. Dort wurden die Soldaten ausgebildet - für ihren Einsatz in Vietnam. Es gab ein Einkaufszentrum, mehrere Kinos, eigene Clubs. Pohl erzählt von jenem beliebten Fußballfeld in der "Will-Kaserne", der heutigen Fürst-Wrede-Kaserne. American-Football-Turniere wurden dort ausgetragen. Eigens eingerichtete Buslinien brachten die Kinder zur Schule ins Alabama-Depot oder die Eltern zum größten amerikanischen Einkaufszentrum an der Prinzregentenstraße.

Karin Pohl erzählt ihren Zuhörern auf ihren zweieinhalb Stunden dauernden Spaziergängen auch, dass es in den Kneipen rund um die Kasernen im Norden durchaus zu Schlägereien kam. Sogar zu Schießereien. "Die Soldaten standen unter Stress, sie wussten ja, wohin ihr nächster Einsatz gehen sollte." 1992 zogen die Amerikaner aus München ab. Da waren sie längst zu Freunden geworden.

© SZ vom 16.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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