Süddeutsche Zeitung

Viertel-Stunde:Kämpferin fürs alte Sendling

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Êine Initiative um Gabi Duschl verhinderte in den Siebzigerjahren, dass eine Schneise durch den Sendlinger Dorfkern gezogen wird. Auch heute noch liegt der Frau der dörfliche Charakter am Herzen

Von Birgit Lotze

Ursprünglich sollte eine autobahnähnliche Straße den historischen Sendlinger Dorfkern oberhalb der Lindwurmstraße durchpflügen; der Verkehr der Lindauer Autobahn sollte geradewegs zum Sendlinger-Tor-Platz durchgeschleust werden. Dass man dort noch Dörfliches findet, ist einer Gruppe von Sendlingern um Gabi Duschl zu verdanken, die als Bürgerinitiative "Sendlinger Berg" in den Siebzigerjahren gegen die Straßenführung kämpfte. Als die Initiative ihren Zweck erfüllt hatte, machte sie im Hintergrund weiter - als Verein "Sendlinger Kulturschmiede".

Dessen Vorsitzende Gabi Duschl beginnt ihren Spaziergang am Wirtshaus Tannengarten. Hier haben sie früher ihre Versammlungen abgehalten, die Biermösl Blosn kam zu Besuch, auch der Verfassungsschutz. Auch hier setzten die beharrlichen Sendlinger sich durch, gegen den geplanten Abriss. Der Biergarten blieb, jetzt hat sogar die Wirtschaft wieder geöffnet - runderneuert, schöner als früher. Nicht weit weg vom Tannengarten beginnt das Landleben. Auf der Stemmerwiese meint man, noch Kühe zu riechen, blickt auf eine Streuobstwiese. Ein Imker hat Bienenkästen aufgestellt. An der nächsten Weggabelung steht ein Bildstock, die Sendlinger nennen es "Marterl". Früher konnte man von hier bis nach Höllriegelskreuth weitergehen.

In die andere Richtung geht's zum Stemmerhof. Hier steht alles unter Denkmalschutz. Überquert man auf der Vorderseite die verkehrsreiche Plinganserstraße kommt man zur Margaretenkirche und an die Hangkante. Der steile Weg hinter der Kirche führt hinunter zur Kidlerstraße. Dort öffnet sich ein kleiner Platz - städtisch und gleichzeitig sehr kontemplativ, findet Duschl. Ganz in der Nähe steht auch das Denkmal für jene, die hier als erste den Aufstand proben: die Bauern der Sendlinger Mordweihnacht.

Vollständig ist der historische Dorfkern nicht mehr. Die Bausünden der Siebziger- und Achtzigerjahre sind gut sichtbar, vor allem entlang der Plinganserstraße. Ein Elektroladen mit Billigangeboten, Betonbalkone, ein Shisha-Laden im alten Schmied-Wirt. Dessen Biergarten hat jetzt Loungecharakter.

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Quelle:
SZ vom 19.03.2016
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