Viertel-Stunde:Ein früher Europäer

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Der Portugiese Emanuel Joseph von Herigoyen, ausgebildet in Paris und Wien, hat sich vor mehr als 200 Jahren mit Bauwerken in München verewigt

Von Berthold Neff

Ein Portugiese, der in Paris und Wien ausgebildet wird und in Bayern Karriere macht: Das klingt nach einem Lebenslauf, den erst die grenzenlose Europäische Union möglich gemacht hat. Tatsächlich aber ist es der Weg, den Emanuel Joseph von Herigoyen vor mehr als 250 Jahren durch Europa nahm. Als er am 27. Juli 1817 in München starb, galt er als bedeutender Architekt des Frühklassizismus. Seine Werke stehen vor allem in Bayern - auch in München. In dieser Woche erinnerte die Bayerische Schlösserverwaltung aus Anlass seines 200. Todestags an ihn.

Er entstammte einer Adelsfamilie aus dem französischen Baskenland. Sein Vater Martin war Truchsess des portugiesischen Infanten, seine Frau fand er in Wien. In Belas nahe Lissabon ließ sich das Ehepaar nieder, dort wurde Emanuel Joseph am 4. November 1746 geboren. Kurz vor seinem neunten Geburtstag erlebte er dort die Gewalt der Natur, als das verheerende Erdbeben am 1. November 1755, mit Großbrand und Tsunami, die Hauptstadt Lissabon fast völlig zerstörte.

Mit 16 Jahren meldete er sich zur Marine, segelte bis Brasilien und Westafrika und ging dann zum Studium nach Paris: Zeichnen, Architektur, Mathematik. Danach arbeitete er in Wien als Wasserbauingenieur und studierte an der Akademie für Bildende Künste. Von Wien aus wechselte er in Kurmainzer Dienste, entwarf Schlösser, Kirchen, Theater und Häuser. Als Mainz an Frankreich fiel, ging er als Stadt- und Landbaumeister nach Regensburg, und als dieses Bayern zufiel, wurde er Leiter des staatlichen Bauwesens im Königreich Bayern. In München, wo er seit 1810 lebte, entwarf er unter anderem die neue Fassade des Palais Montgelas (heute Hotel Bayerischer Hof) und das Portal zum Alten Botanischen Garten.

Mit 70 Jahren verließen den Baumeister die Kräfte. Er "ordnete seine Papiere und häuslichen Sachen, als trete er eine Reise an, von welcher er nimmer zurückkommen werde", schrieb die Bayerische National-Zeitung. Der Nachruf endet so: "Sein Tod war ein ruhiges Einschlafen zu frohem Erwachen." Die Familiengrabstätte steht noch auf dem Alten Südfriedhof.

© SZ vom 29.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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