Viel Lärm am Gärtnerplatz?:"Mir gärtnerplatzt der Kragen"

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Anwohner wollen ihre Ruhe, Nachtschwärmer laue Sommerabende genießen: Zwei verschiedene Meinungen prallen aufeinander.

Julia Häglsperger

Heike Emmerling und Dinah Constantinidou sitzen am Gärtnerplatz auf einer Bank in der Sonne. Tagsüber ist an dem sternförmigen Platz im Münchner Glockenbachviertel schon einiges los - richtig rundgehen tut es hier jedoch erst abends. Dann bevölkern junge Nachtschwärmer die Stufen vor dem Gärtnerplatztheater und die runde Rasenfläche in der Mitte des Platzes. Urban und südländisch, möchte man meinen, doch anscheinend nicht für die Anwohner. Der Ärger über die nächtlichen Trinkgelage und die damit verbundene Ruhestörung nimmt immer mehr zu.

Vor allem an lauen Sommerabenden ist der Gärtnerplatz ein beliebter Treffpunkt für Feierlustige. (Foto: Foto: Andreas Heddergott)

Dinah wohnt ganz in der Nähe, bekommt vom Lärm der Feierlustigen aber nicht allzuviel mit. "Mein Fenster geht aber auch zum Innenhof", erzählt sie. Von angeblichen Exkrementen und Uringeruch hat sie noch nichts mitbekommen. Ihre Freundin Heike wohnt weiter draußen, weil sie ihre Ruhe braucht. "Man hat doch die Wahl. Wenn ich hierher ziehe, ist es naiv, mich über Lärm zu beschweren", sagt sie.

Christine Wagner, Barbara Lüdtke und Maria Krebs sind abends öfter hier. "Es ist vor allem auch finanziell gesehen eine super Abendgestaltung", sagen sie. In einer so teuren Stadt wie München kommt die Gelegenheit gerade recht, wenn man sich an einem schönen Platz zum Biertrinken und Plaudern treffen kann. Geplante Maßnahmen wie grelles Licht zu installieren, um den Platz unattraktiver zu machen, halten sie schlichtweg für eine Schnapsidee: "Dann werden sich die Anwohner beschweren, dass sie inmitten einer Lichtzentrale wohnen." Ein wenig Mitleid mit den Anwohner haben sie aber doch: "Die haben schon Pech, dass sich der Gärtnerplatz jetzt so zum In-Treff entwickelt hat." Aus ihrer Erfahrung heraus, finden sie aber, dass es doch gesittet zugeht. "Dass ist ja auch wichtig, denn sonst verscherzt man es sich eben mit den Anwohnern", sagt Barbara.

Beten für Gewitter

Dies scheint wohl aber schon der Fall zu sein. Der Bezirksausschuss (BA) Ludwigsvorstadt-Isarvorstadt hat deshalb eine Satzung erarbeitet, die die Interessen der Anwohner vertritt. Alkoholverbot ab Mitternacht, ein Verbot von Einweggeschirr und eingeschränkte Staßenverkaufsregelungen sollen Lärm und Müll reduzieren. Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) hat diese Satzung nun aber erstmal auf Eis gelegt. Alexander Miklosy, Chef des BA, hofft, eine überarbeitete Version im Herbst durchsetzen zu können, damit den Anwohnern im kommenden Sommer eine angenehme Wohnumgebung garantiert werden kann.

Bis dahin will man mit "weichen Maßnahmen" und einer Rücksichts-Kampagne starten. "Durch verstäktes Licht soll der Gärtnerplatz unattraktiver werden und Gespräche mit Anwohnern sollen die Partygäste auf deren Probleme aufmerksam machen", sagt Miklosy. Damit die Anwohner wieder ruhig schlafen können, müsse dringend etwas unternommen werden. "Die Anwohner beten schon für Gewitter, damit sie ihre Ruhe haben", erzählt er. Und im Viertel kursieren gar schon Aufkleber mit dem Spruch: "Mir gärtnerplatzt der Kragen".

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Das dies stimmt, kann Edeltraud Sperber bestätigen. Sie setzt sich für ein befreundetets Ehepaar ein. "Die wohnen gleich da drüben", zeigt sie auf ein Gebäude direkt am Platz. Seit 26 Jahren leben die beiden schon dort. Nun hat der Lärm solche Ausmaße angenommen, dass sie gar nicht mehr bei offenem Fenster schlafen können. Sie versteht nicht, warum sich die jungen Leute nicht einfach zum Feiern an der Isar treffen. "Dort ist es ja auch schön. Und es gibt keine direkten Anwohner, die man um den Schlaf bringt."

Strenge Verbote oder südländlisches Flair

Die Grüne Jugend München (GJM) hingegen steht auf der Seite der Nachtschwärmer. Schon im Februar hat man mit einer Aktion gegen die geplante Satzung protestiert. Um ein Lagerfeuer in brennenden Fässern versammelt, wollte man verdeutlichen, dass der Gärtnerplatz ein Ort für die Jugend bleiben soll. Florian Sperk, Mitglied des Vorstandes der GJM, hat selbst schon viele Abende am Gärtnerplatz verbracht.

Er beschwert sich über die Satzung: "Sie geht lediglich auf die Bürger vor Ort ein, nicht aber auf die Münchner, die am Gärtnerplatz ihre Freizeit verbringen wollen." Für viele Jugendliche sei es eine tolle Alternative, sich hier mit Freunden zu treffen und einen Abend ohne große Geldausgaben in Diskos zu verbringen. "Die Stadt rühmt sich immer mit ihrem italienischen Flair, und wenn dann mal ein Hauch südländischer Stimmung auftaucht, möchte man sofort alles mit Verboten reglementieren", fügt Sperk hinzu.

Eigenverantwortung anstelle strenger Regelungen

Xenia und Jessica bedienen im Café "Zappeforster". Zwischen Milch Aufschäumen und Kuchen Anrichten erzählen sie von ihrer Erfahrung am Gärtnerplatz. Der Biergarten des Cafés macht punkt 23 Uhr dicht, und auch die Fenster werden geschlossen. Allerdings kann man im Lokal Getränke kaufen und diese auf dem Platz konsumieren. Dass dies durch die Satzung des Bezirksauschusses verboten werden soll, finden sie schade. "Gerade dass die Leute auf den Stufen des Gärtnerplatztheaters beisammensitzen und plaudern, ist ja das Schöne. So etwas macht München doch aus", meint Xenia.

Michael Obeser ist gerade auf dem Weg zum Einkaufen. Er wohnt in der Nähe des Gärtnerplatzes, nimmt den Wirbel allerdings gelassen: "Wenn man keinen Lärm will, muss man halt aufs Land ziehen." Strenge Regelungen, denkt er, würden sowieso nicht viel bringen. "Dann würde sich das Ganze verlagern und die Anwohner eines anderen Platzes würden sich beschweren." Er zählt eher auf den gesunden Menschenverstand der Partygäste: "Ein bisschen Eigenverantwortung wäre angebracht."

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