Verkehrswende:Besserer ÖPNV, Autos vergrämen

"Bitte wenden!" vom 6. Dezember, "Umsteigen, bitte!" vom 8./9. Dezember:

Wie Wien und Kopenhagen

Städte wie Wien oder Kopenhagen haben es vorgemacht: Es lohnt sich, wenn man den individuellen Motorverkehr regelrecht vergrämt, sei es durch saftige Parkgebühren, aufgelöste Parkplätze, zurückgebaute Stadtautobahnen oder eine City-Maut. Und das muss Hand in Hand gehen mit dem zügigen Ausbau eines engmaschigen, komfortablen öffentlichen Nahverkehrs und eines dichten Netzes von sicheren und breiten Radwegen. Nur so lässt sich die Lebensqualität von München auf Jahrzehnte hinaus sichern. Klappen wird's aber nur gegen wütenden Widerstand der Motorlobby. Dr. Dietrich Loos, München

City-Maut für Autos

Es wird höchste Zeit, dass parteiübergreifend eingesehen wird, dass mindestens in Großstädten es fünf vor zwölf für eine Verkehrswende ist. Dabei sind das eigentliche Problem nicht alte Diesel, sondern einfach nur zu viele (fahrende) Autos in den Städten. Das Ziel muss sein, viele Leute zum freiwilligen Umstieg auf Rad oder ÖPNV zu bewegen. Hierzu muss aber auch Geld für die Infrastruktur in die Hand genommen werden, da die vielen fahrenden Autos und die lückenhafte ÖPNV- und Radinfrastruktur ein Henne-Ei-Problem darstellen. Es gibt eigentlich in der derzeitigen Situation nur eine Lösung: City-Maut, Mauthöhe abhängig von der Schadstoffklasse. Analog zum System in Stockholm (Nummernschilderfassung und dann Rechnungszustellung in ganz Europa).

Um dem Datenschutzeinwand zuvorzukommen: Jeder, der das aus Datenschutzgründen nicht möchte, darf eben nicht mit dem Auto in die Stadt fahren Die eingenommene Maut muss unmittelbar und ausschließlich in ÖPNV und Fahrradwege investiert werden (eventuell auch in neue Autotunnels). Vorteil: Keiner wird grundsätzlich ausgeschlossen. Auch die ganze Dieselbetrugs- und Umrüstung wird marktwirtschaftlich (und damit kundenfreundlicher) gelöst, und der Schadstoffwert in den Städten wird mehr gesenkt als mit bloßer Umrüstung von Euro 5-Dieseln auf Euro 6.

Auf den ersten Blick mag diese Idee viele Autofahrer verschrecken. Aber bei genauem Nachdenken müssten eigentlich auch diejenigen, die nicht auch das Auto verzichten können oder wollen, die Lösung befürworten, weil sie im Gegenzug (für das Bezahlen der Maut) einen aufgrund der sinkenden Zahl fahrender Autos flüssigeren Verkehr und folglich kürzere Fahrzeiten bekommen - wodurch übrigens der Schadstoffausstoß nochmals sinkt.

Der Vorschlag von Oberbürgermeister Dieter Reiter, dass an geraden Tagen nur Auto mit "geradem Kennzeichen" und an ungeraden Tagen nur Autos mit "ungeraden Kennzeichen" fahren dürfen, ist zwar gut gemeint, aber ungerechter gegenüber den Autofahrern, die sich nur ein Auto leisten können. Im reichen München (wo sehr viele Haushalte mehrere Autos haben, von denen sowieso immer einige stehen) werden die Effekte dieses Vorschlags im schlimmsten Fall komplett verpuffen.

Matthias Dangl, Riedering

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