Unfallstatistik:Die Risikogruppen auf Münchens Straßen: Senioren und Radfahrer

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(Foto: Alessandra Schellnegger)

Im vergangenen Jahr starben 19 Menschen, fast alle waren 65 Jahre oder älter. Auch Fußgänger sind gefährdet. In welchen Bereichen die Polizei noch eine Zunahme von Unfällen beobachtet.

Von Stephan Handel

Die Münchner Polizei wurde im Jahr 2024 zu 49 759 Verkehrsunfällen gerufen – 2,7 Prozent mehr als 2023. Es kamen 19 Verkehrsteilnehmer ums Leben, im Vorjahr waren es zwölf, eine deutliche Steigerung, wenn die Zahl der Verkehrstoten auf lange Sicht auch rückläufig ist. Das geht aus der Verkehrsunfall-Bilanz hervor, die Polizeivizepräsident Christian Huber am Donnerstag vorstellte.

Die Steigerung bei der Zahl der Unfälle sei eher eine statistische Schwankung als ein signifikanter Anstieg, sagte Huber. „Langfristig betrachtet sinkt die Zahl der Unfälle – und das bei mehr Verkehr und mehr Einwohnern in München.“ Huber wies darauf hin, dass sowohl die Todesfälle als auch schwerere Verletzungen häufig sogenannte ungeschützte Verkehrsteilnehmer treffen, also Radfahrer und Fußgänger. Zudem stellten Senioren eine Risikogruppe dar, also Menschen, die 65 Jahre oder älter sind.

Die Anzahl der Unfälle mit Senioren stieg um 7,6 Prozent auf 4258. Darunter waren 15 Unfälle mit tödlichem Ausgang. Unter den zehn getöteten Fußgängern fanden sich acht Senioren. Und alle fünf getöteten Fahrradfahrer waren Senioren. Die Zahl der Fahrradunfälle insgesamt ist leicht zurückgegangen, von 3479 auf 3438. Christian Huber wies mehrmals darauf hin, wie wichtig es sei, einen Fahrradhelm zu tragen – so könnten in den meisten Fällen schwere Kopfverletzungen vermieden werden.

Ebenfalls leicht rückläufig ist die Zahl der Unfälle unter Alkoholeinfluss, von 549 auf 528. Darunter war allerdings ein besonders tragischer Fall: Im Oktober 2024 fuhr ein Mann gegen 22 Uhr mit seinem Auto auf der Chiemgaustraße - alkoholisiert, wie sich später herausstellte. Auf dem Rücksitz saß angeschnallt im Kindersitz seine 2-jährige Tochter. An der Abfahrt zur Tegernseer Landstraße fuhr der Mann ungebremst auf drei stehende Autos auf. Beide Fahrzeuginsassen erlitten schwere Verletzungen. Die Tochter starb zwei Tage später im Krankenhaus.

Die Zahl der Schwerverletzten stieg 2024 leicht an, von 603 auf 625. Als schwer verletzt gilt in der Polizeistatistik, wer mehr als 24 Stunden zur Behandlung in einer Klinik bleiben muss. Auch hier sind Fußgänger und Fahrradfahrer überrepräsentiert, ebenso die Senioren.

Sorgen machen der Verkehrspolizei ein enormer Zuwachs von Fahrten unter Drogeneinfluss. Sie stiegen von 1517 auf 2230 und damit um 47 Prozent. Ursächlich hierfür ist laut Huber auch die teilweise Legalisierung von Cannabis im vergangenen Jahr.

Die Nutzung eines Mobiltelefons am Steuer stellt eine Ordnungswidrigkeit dar – und keine billige: 128,50 Euro plus einen Punkt in Flensburg kostet ein einfacher Verstoß, die Summe steigert sich, wenn Menschen gefährdet oder Sachen beschädigt werden. Das hielt 5100 Autofahrer und -fahrerinnen allerdings nicht vom Telefonieren ab. 750 Radfahrer wurden mit Handy am Lenker erwischt. Die Polizei weist darauf hin, dass ein Autofahrer, der mit 50 km/h unterwegs ist, 14 Meter keinen Blick auf das Verkehrsgeschehen hat, wenn er nur eine Sekunde abgelenkt ist.

Polizei und kommunaler Verkehrsüberwachung fielen zudem Tausende Falschparker auf. Die Verkehrsstatistik weist mehr als 5400 aufgenommene Parkverstöße auf Behindertenparkplätzen aus, mehr als 12 200 in Feuerwehranfahrtszonen, mehr als 11 700 an Kreuzungen und Einmündungen und mehr als 2500 auf Radwegen.

Den Gegenpol zum ruhenden Verkehr bilden die Geschwindigkeitsverstöße. Davon registrierte die Polizei 179 946. Zu Fahrverboten führten davon 3938, zu Anzeigen 50 862 und zu Verwarnungen 126 747. Die Zahl der verbotenen Kraftfahrzeugrennen stieg von 53 auf 59.

Einen ganzen Abschnitt seines Vortrags widmete Huber den sogenannten Elterntaxis – also Vätern oder Müttern, die ihre Kinder täglich mit dem Auto zur Schule bringen und auch wieder abholen. Dabei komme es beim Ein- und Aussteigen oft zu unübersichtlichen Situationen für die Kinder, etwa durch das Halten in Halteverbotszonen, in zweiter Reihe oder auf Gehwegen. Huber appellierte an die Eltern, doch darüber nachzudenken, ob die Kinder nicht besser „einmal ums Eck“ abgesetzt werden könnten. Außerdem werde die Polizei streng auf die Einhaltung von Geschwindigkeitsbegrenzungen vor Schulen und ähnlichen Einrichtungen achten, die dem Schutz von Fußgängern dienen.

Seit einigen Jahren sind Unfälle mit E-Scootern neu in der Verkehrsstatistik. 2024 gab es dabei einen Anstieg um 11,8 Prozent, von 446 auf 499. Verletzt wurden dabei 459 Menschen, davon 46 schwer. 93 der Unfälle passierten unter Alkoholeinfluss. Zum wiederholten Male weist die Polizei darauf hin, dass für Fahrten mit E-Scootern die gleichen Alkohol-Grenzen wie beim Auto gelten, dass es verboten ist, zu zweit auf einem E-Scooter zu fahren - und dass auch hier möglichst ein Helm getragen werden wollte.

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