Verkehrssicherheit:Auch für Radfahrer gibt es eine Promillegrenze

Verkehrssicherheit: Mit dem Fahrrad zum Biertrinken? Keine gute Idee.

Mit dem Fahrrad zum Biertrinken? Keine gute Idee.

(Foto: imago)
  • Alkohol ist an jedem elften Unfall eines Fahrradfahrers schuld.
  • Offiziell gilt ein Grenzwert von 1,59 Promille. Die Polizei findet diesen aber zu hoch.
  • Bereits zwischen 0,8 und 1,1 Promille unterlaufen dem Radfahrer grobe Schnitzer.

Von Martin Bernstein

Biergartenwetter, endlich. Die erste Mass. Und dann noch eine. Und noch eine. Und weil man ein verantwortungsbewusster Verkehrsteilnehmer ist, hat man das Auto brav zu Hause gelassen und steigt von der Bierbank am Ende um aufs Fahrrad.

Alles richtig gemacht? Von wegen. Wer betrunken Fahrrad fährt, kann sich unter Umständen sogar strafbar machen. "Viele wissen überhaupt nichts von den Alkohol-Grenzwerten für Radler", sagt Münchens Polizeivizepräsident Werner Feiler.

Die momentane Rechtslage schaut nämlich so aus: Bis zu einer Blutalkoholkonzentration von 1,59 Promille darf man Fahrrad fahren - wenn nichts passiert und dem Radler keine Unsicherheiten anzumerken sind. Letzteres dürfte freilich bei 1,59 Promille schwer fallen.

Schon wer mehr als 0,8 Promille hat, bekommt den Tunnelblick: Das Blickfeld ist um etwa ein Viertel eingeschränkt. Die Reaktionszeit nimmt zu, der Betrunkene hat Gleichgewichtsstörungen. "Ich glaube", sagt Werner Feiler, "der Wert von 1,59 Promille ist schon sehr hoch. Zu hoch" ergänzt er. Jüngste rechtsmedizinische Untersuchungen hätten nämlich inzwischen gezeigt: Fahrradfahrern unterlaufen bereits im Bereich zwischen 0,8 und 1,1 Promille grobe Schnitzer, ihr Unfallrisiko steigt erheblich.

Das wirkt sich dann auch auf die Verkehrsstatistik aus. Bei fast einem Fünftel aller Fahrradunfälle verunglückten die Radler alleine, ohne dass ein weiterer Verkehrsteilnehmer ihnen zu nahe kam. Feiler: "Besonders auffällig ist die Steigerung um knapp 18 Prozent bei den alkoholbedingten Stürzen."

An 112 Unfällen waren betrunkene Radler beteiligt

46 Radfahrer fielen im vergangenen Jahr im Suff vom Rad. Damit ist Alkohol an jedem elften Unfall eines Fahrradfahrers schuld, den nur er verursacht hat - Alkohol ist die Hauptunfallursache. 91 Mal verursachten betrunkene Radfahrer 2015 Unfälle mit mehreren Beteiligten, auch das eine Zunahme um 22 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Die Zahl der Alkoholunfälle im Münchner Straßenverkehr ist im vergangenen Jahr insgesamt wieder angestiegen auf zuletzt 490, das ist ein Plus von 9,6 Prozent. In 112 Fällen waren betrunkene Radler beteiligt - in 347 alkoholisierte Autofahrer. Wenn dann aber Personen zu Schaden kommen, dann sind es oft die Radler: "Fast die Hälfte der Beteiligten bei Alkoholunfällen mit Personenschaden sind Radfahrer", schreibt die Münchner Polizei in ihrer Verkehrsstatistik.

Die hohen Grenzwerte verführen nach Einschätzung der Polizei viele Radfahrer dazu, sich in einem Zustand auf ihr Zweirad zu setzen, in dem sie schon längst nicht mehr Auto fahren würden. Wer dann in eine Polizeikontrolle gerät, erlebt oft sein buchstäblich blaues Wunder: Ab 1,6 Promille müssen Radler mit einem Verfahren wegen Trunkenheit rechnen.

Die Folge: Auch Radfahrer können ihren Führerschein für sechs Monate verlieren. Und vielleicht werden sie sogar zur Medizinisch-psychologischen Untersuchung geschickt. Also genau die Folgen, die man durch den Umstieg aufs Radl eigentlich vermeiden wollte. Verkehrsrechtsexperten fordern deshalb, den Bußgeldtatbestand für Fahrradfahrer dem der Autofahrer anzupassen. Das hieße dann: 0,5-Promille-Grenze.

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