Abstimmung über Verkehrspolitik:Bürgerbegehren soll Verbesserungen beim Radverkehr durchsetzen

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Auf dem Isar-Radweg wird schon mal für das geplante Bürgerbegehren geworben. (Foto: Robert Haas)
  • Das Bürgerbegehren für eine Verbesserung der Verkehrssituation für Radfahrer in München hat eine erste juristische Hürde genommen.
  • Über konkrete Inhalte sprechen die Beteiligten noch nicht, denn derzeit läuft eine zweite Prüfung.
  • Allerdings sollen die Forderungen weit über die von SPD und CSU vorgegebene Richtung hinausgehen.

Von Andreas Schubert, München

Schmale Radwege, unübersichtliche Kreuzungen, zu wenig Abstellplätze: Viele Radfahrer in München sind mit der Situation seit Langem unzufrieden. Das Bündnis Radentscheid will die Stadt nun zu Verbesserungen zwingen. Voraussichtlich Ende März soll die Unterschriftensammlung beginnen.

Eine erste juristische Prüfung hat der Forderungskatalog für das Bürgerbegehren bereits bestanden. Derzeit läuft eine zweite Prüfung, die kurz vor dem Abschluss steht. Denn eine Pleite wie in Stuttgart will das Bündnis unbedingt vermeiden. In der vom grünen Oberbürgermeister Fritz Kuhn regierten Stadt gab es ein ähnliches Bürgerbegehren, bei dem zwar genug Unterschriften zusammenkamen. Doch dann stellte sich heraus, dass einzelne Punkte rechtlich nicht zulässig waren. Unter anderem war für manche Punkte gar nicht die Stadt zuständig, andere seien zeitlich und von der Menge her schlicht nicht umzusetzen, hieß es in einen Rechtsgutachten. Dabei unterstützte eine Mehrheit im Stadtrat die Ziele des Begehrens. Nur: Für einen Bürgerentscheid waren sie eben nicht juristisch sauber formuliert.

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Deshalb sprechen die Beteiligten in München momentan noch nicht über konkrete Inhalte, die in dem Bürgerbegehren formuliert werden sollen, solange es noch nicht rechtlich wasserdicht ist. Aber so viel ist bei den Initiatoren zu hören: Die Forderungen sollen so weit gehen, dass sie sich der Stadtrat nicht einfach so zu eigen macht. Das lässt ahnen, dass sie weit über die von SPD und CSU vorgegebene Richtung hinausgehen.

Denn auch dazu haben die Münchner Initiatoren ein Beispiel aus einer anderen Stadt, wo es nicht so gut gelaufen ist: In Bamberg hatte der Stadtrat vergangenes Jahr die Forderungen des dortigen Radbegehrens übernommen und somit einen Bürgerentscheid verhindert. Die Abstimmung hätte binnen drei Monaten erfolgen müssen, nachdem das Bürgerbegehren als zulässig anerkannt worden war. Dann passierte aus Sicht der Initiatoren viel zu wenig, sodass sie sich mit der Stadt nach monatelangen Gesprächen verkrachten.

Das Münchner Bündnis Radentscheid haben der ADFC, die Grünen, der Bund Naturschutz, die Linke, die ÖDP und die Umweltorganisation Green City angestoßen. Inzwischen sind mehr als 20 weitere Organisationen als Bündnispartner aktiv. Zusätzlich sucht das Bündnis noch "Radlbotschafter", die mit Beiträgen aller Art zum Erfolg des Bürgerbegehrens beitragen sollen. An den Stimmen dürfte es nach Einschätzung von Andreas Schuster, Mobilitätsexperte bei Green City, nicht scheitern. 33 000 Unterschriften werden in München benötigt. Kommt es zum Bürgerentscheid, müssten 100 000 Münchner dafür stimmen, damit er gültig ist. Die größte Hürde aber, sagt Schuster, sei die Zulässigkeit. Auch Andreas Groh, Münchner Vorsitzender des ADFC, zweifelt nicht an der Unterstützung: "Es gibt viele Menschen, die wollen, dass sich in München etwas ändert", sagt er. Und auch wenn im Stadtrat viel über den Ausbau des Radverkehrs debattiert werde, gehe das nicht weit genug. "Es mangelt an konkreten Beschlüssen."

"Man darf den Menschen nichts versprechen, das man nicht halten kann"

Bei den Radverkehrsbeauftragten der beiden größten Fraktionen im Stadtrat stößt das Bürgerbegehren auf Skepsis. Mit den Überschriften - also etwa den Forderungen nach breiteren Radwegen und einer gerechteren Verteilung des öffentlichen Raums - sei man einverstanden, sagt Bettina Messinger (SPD). Die SPD entscheide aber erst, wenn der Wortlaut vorliege, ob sie das Begehren unterstütze. Das Rathausbündnis aus SPD und CSU habe etwa mit der Erhöhung der Nahverkehrspauschale auf 25 Millionen Euro jährlich (eine Summe, die dem Bündnis nicht genug ist) gezeigt, wo es in der Verkehrspolitik langgeht.

Auch der Antrag der SPD, die Parkplätze in der Fraunhoferstraße zugunsten von breiten Radspuren zu streichen, sei ein Schritt, der über die Vorschläge des Planungsreferats hinausgehe. Maßnahmen müssten aber realisierbar sein. "Man darf den Menschen nichts versprechen, das man nicht halten kann." Das findet auch Sabine Bär (CSU). Ein Bürgerentscheid werde nicht viel bringen, glaubt sie. "Jedes Projekt muss gut geplant sein, bevor man es umsetzen kann", sagt sie. Klar sei, dass München eine durchgehende Radinfrastruktur brauche, "hier fehlt es uns an Konsequenz", sagt Bär. Dabei aber vor allem auf Einschränkungen für Autofahrer zu setzen, sei nicht der richtige Weg.

Da sind die Initiatoren anderer Meinung: Es sei zwar nicht das Ziel, das Autofahren unmöglich zu machen, sagt Andreas Schuster. "Man wird den Radverkehr aber nicht ausbauen können, wenn man dem Auto nichts wegnimmt."

© SZ vom 20.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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