Verkehrsplanung:Streit um die Trasse

Verkehrsplanung: Die Franz-Joseph-Straße in Schwabing: Anwohner fürchten, dass eine Tram zu viel Platz einnimmt und unnötigen Lärm verursacht.

Die Franz-Joseph-Straße in Schwabing: Anwohner fürchten, dass eine Tram zu viel Platz einnimmt und unnötigen Lärm verursacht.

(Foto: Stephan Rumpf)

Erregte Gemüter beim Infoabend in der Reithalle über die geplante Tram-Nordtangente durch den Englischen Garten

Von Andreas Schubert

Nein, so richtig aufgeschlossen sind längst nicht alle, die am Dienstag zur Infoveranstaltung der Stadt und der Stadtwerke über die geplante Tram-Nordtangente gekommen sind. Es ist die erste Inforunde zu dem Verkehrsprojekt, das bis zum Jahr 2025 realisiert werden soll. Weitere Veranstaltungen sollen im Laufe des nächsten Jahres folgen, bevor die Planungen so weit gediehen sind, dass der Stadtrat Ende 2019 oder Anfang 2020 darüber entscheiden soll, ob es eine Genehmigungsplanung geben wird.

Gut 100 Interessierte sind in die Reithalle in der Heßstraße gekommen, untere ihnen sind Befürworter und Gegner, Letztere sind leicht zu erkennen, weil sie ihren Ärger laut und deutlich artikulieren. Zwei Anwohner aus Schwabing tragen nach dem Vorbild der französischen Protestler sogar gelbe Warnwesten, "um gegen das da zu protestieren", wie einer der beiden mit einer abschätzigen Geste in Richtung Schautafeln sagt. Auf denen zeigen die Stadtwerke die Vorplanungen für die mal Gartentram, mal Parktram genannte Tangente. Involviert sind unter anderem Landschaftsarchitekten, Denkmalschützer, Verkehrsplaner. Und aus Sicht der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ist alles klar: Die Tram ist nötig, weil die ständig wachsende Stadt auch dem Verkehr wachsende Probleme bereitet. So spricht etwa Arne Petersen, Leiter für Verkehrsinfrastruktur bei der MVG, darüber, dass sowohl der motorisierte Individualverkehr als auch die öffentlichen Verkehrsmittel allmählich an ihren Grenzen angelangt sind. Und die Tram-Nordtangente soll zwischen St. Emmeram und Romanplatz auf gut 13 Kilometern eine effektive und schnelle Ost-West-Verbindung werden. Die Straßenbahnen sollen mehr Passagiere befördern können als die drei Buslinien, die derzeit durch den Englischen Garten führen, und das bei weniger Fahrten.

Doch die Trasse durch den Englischen Garten und Altschwabing polarisiert. In der Mitte der Reithalle haben die Stadtwerke eine Karte aufgestellt, die das Gebiet zeigt, auf der die Nordtangente verlaufen soll. Die Bürger sollen Fähnchen mit Anregungen beschriften und diese auf die Karte stecken. Und eine Anwohnerin der Schwabinger Franz-Joseph-Straße, durch die die Tram verlaufen soll, hat auf ihrem Fähnchen eine eindeutige Botschaft: "Bin absolut gegen diesen Wahnsinn", hat sie darauf geschrieben. Ihre Ängste: Lärm durch die Züge, gefällte Bäume, wegfallende Parkplätze. Auch Werner Lederer-Piloty (SPD) vom Bezirksausschuss Schwabing-Freimann, lässt kein gutes Haar an den Plänen - wegen der Eingriffe in das Parkdenkmal. Er kritisiert unter anderem, die Grafiken der Stadtwerke zeigten ein beschönigendes Bild der Tram. Sein Parteikollege Walter Klein, Vorsitzender des BA Schwabing West, dagegen wirbt für das aus seiner Sicht sinnvolle Projekt. Das aber wird nicht möglich ohne Eingriffe, sowohl in die Querung des Englischen Gartens, als auch in die Straßen auf der Strecke.

Zwei Varianten sind bei der etwa ein Kilometer langen Trasse durch den Park angedacht. Eine Variant hält an einer asphaltierten Trasse fest. Das hätte den Vorteil, dass die Trasse nicht so breit würde und weniger Bäume gefällt werden müssten. Laut Vorplanung würde die Trasse 7,65 breit, davon blieben auf beiden Seiten je 1,60 Meter für Radwege übrig. Neun Bäume stehen dieser Variante nach aktuellem Stand im Weg. Bei einem Rasengleis, mit dem weniger Fläche versiegelt würde, müsste die Trasse 10,15 Meter breit werden, davon wären vier Meter insgesamt Radweg. Breiter muss sie werden, weil Radler nicht auf dem Rasen fahren können. Hier müssten rund 20 Bäume weichen.

Ein Rasengleis würde nicht durchgehend durch den Park verlaufen. Überall dort, wo Wege kreuzen, bliebe Asphalt, etwa die Hälfte der Strecke wäre auch bei dieser Variante versiegelt. Was die Strecke durch die Thieme- und die Franz-Joseph-Straße betrifft, so würden diese weitgehend umgestaltet. Bäume und Parkplätze, die Anzahl steht noch nicht fest, müssten mindestens an den drei barrierefreien Haltestellen (Habsburger Platz, Franz-Joseph-Straße und Thiemestraße) außerhalb des Gartens geopfert werden. Die Anzahl der Bäume und Stellplätze steht allerdings noch nicht fest. Weitere Halte sind am Elisabethmarkt und der Tivolistraße vorgesehen, wo es bereits Tramhaltestellen gibt. Im Park selbst würde am Chinesischen Turm eine Haltestelle gebaut.

Auch den verkehrlichen Nutzen der Tram lassen die Stadtwerke prüfen, also von welcher Anbindung an andere Verkehrsmittel die meisten Passagiere profitieren. Doch was letztendlich kommt, ist noch in Arbeit. An diesem Dienstagabend, so betonen die Organisatoren der Veranstaltung, geht es um die Eröffnung des Dialogs. Dass sie zu so einem gar nicht erst bereit sind, ließen einige der anwesenden Gegner lautstark erkennen. Für sie steht fest: Die Tram braucht's nicht. Komme an Verkehr was wolle.

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