Süddeutsche Zeitung

Verkehrsplanung:Schön in der Schwebe halten

Die Bebauung in Freiham Nord schreitet so dynamisch voran, dass die Stadtteilpolitiker nun befürchten, die Chancen für ein Seilbahn-Projekt im Quartier könnten sich in Luft auflösen

Von Ellen Draxel, Freiham

Freiham Nord wächst und wächst. Und damit die Sorge bei Aubings Lokalpolitikern, eine fortschreitende Bebauung des ersten Realisierungsabschnitts könnte es letztlich unmöglich machen, in dem Quartier eine Seilbahn zu bauen. Auch wenn eine solche Trasse bislang nicht mehr als eine vage Option darstellt - die Chance, über Freiham Gondeln schweben zu sehen, wollen die Bürgervertreter auf keinen Fall aufgrund möglicher Planungsfehler vertan wissen. Sie fordern das Planungsreferat deshalb auf, insbesondere bei Wettbewerbsausschreibungen zum südlichen Eingangstor, zum Zentrum Freihams sowie zur Neugestaltung des Bereichs um den Aubinger S-Bahnhof "eine Infrastruktur für eine Seilbahntrasse entlang der Aubinger Allee sicherzustellen".

Dass sie die Idee, den neu entstehenden Stadtteil mittels eines solch innovativen Verkehrsmittels zu erschließen, charmant fänden, haben die Stadtteilpolitiker bereits wiederholt kundgetan. Ein von der CSU-Fraktion im Bezirksausschuss initiierter Antrag vor zwei Jahren bat um Prüfung einer Seilbahn als Zubringer zu den S-Bahn-Stationen im Viertel - Germering und Pasing sollten bei dieser Variante ebenfalls angeschlossen werden.

Eineinhalb Jahre später legten die Grünen im Stadtteilgremium nach und schlugen eine sogenannte Seilbahntangentiale Nordwest vor. Nach ihren Vorstellungen soll eine mögliche Trasse vom S-Bahn-Halt Freiham Süd über die künftige U-Bahn-Station Freiham Mitte bis nach Karlsfeld führen und dabei auch die S-Bahnhöfe Aubing und Lochhausen sowie einen neu einzurichtenden Park-and-Ride-Parkplatz an der Autobahn A 8 auf Höhe Langwied anbinden.

Die Verwaltung nahm alle Wünsche zur Kenntnis und integrierte die Seilbahn-Option im Mobilitätskonzept Freiham - allerdings ohne sich auf eine Route festzulegen. Denn zunächst einmal gilt es zu klären, was der Bau einer Seilbahn überhaupt kostet und wo mit Schwierigkeiten beim Bau zu rechnen ist. Fragen, die im Rahmen einer Machbarkeitsstudie über eine 4,5 Kilometer lange Seilbahn-Verbindung am Frankfurter Ring beantwortet werden sollen. In ein paar Wochen soll das Ergebnis dazu vorliegen.

Seilbahnen, das ist bekannt, sind deutlich schneller realisierbar als beispielsweise U-Bahn-Strecken. Außerdem sind sie billiger, verbrauchen vergleichsweise wenig Fläche und überbrücken mühelos Schutzgebiete und Barrieren wie Bahngleise oder Autobahnen. Aus Sicht des Stadtteilgremiums wäre ein solches Verkehrsmittel deshalb ideal, die immensen Verkehrsprobleme im Münchner Westen lösen zu helfen. Denn Fakt ist: 2025, wenn der erste Realisierungsabschnitt des Wohngebiets Freiham Nord mit etwa 7000 Menschen bezogen sein wird, stehen noch keine ausreichenden schienengebundenen Nahverkehrsmittel zur Verfügung. Start der U 5-Erweiterung bis Freiham ist nach jetzigem Planungsstand frühestens 2028, und auch der Ausbau der S-Bahn-Linie S 4 beginnt erst mit Abschluss der zweiten Stammstrecke.

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Quelle:
SZ vom 09.10.2020
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