Verkehr:Kollaps-Vermeidung

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Aubings Lokalpolitiker plädieren für die in der Machbarkeitsstudie als Nummer 7 dargestellte Variante: Eine Trasse zwischen Autobahn und Aubings Stadtrand nach Freiham-Nord, die dann als Tangente nach Norden verlängert wird

Von Ellen Draxel, Aubing/Freiham

Aubings Lokalpolitiker haben ihren Willen kundgetan. Zu einem Papier, das für den Stadtbezirk Aubing-Lochhausen-Langwied zur Vermeidung von Schleichverkehr "extrem wichtig" ist, thematisiert es doch das weitere Vorgehen der Anbindung Freihams an Aubing. Der Nachdrücklichkeit der Bürgervertreter ist es zu verdanken, dass die Stadt überhaupt eine detaillierte verkehrliche Untersuchung und eine Machbarkeitsstudie für diesen Bereich auf den Weg gebracht hat. Nun geht es um die vertiefte Planung - und der Bezirksausschuss gibt einstimmig zu Protokoll, dass er die künftige Verkehrsentwicklung in seinem Stadtbezirk nach wie vor als "sehr kritisch" erachtet. Nicht nur einen "massiven Ausbau" des öffentlichen Nahverkehrs durch einen Weiterbau der U 5 bis Freiham und Optimierungen bei der S-Bahnlinie S 4 hält das Stadtteilgremium für ein Funktionieren des Verkehrs nach Bezug der Wohnungen in Freiham für unerlässlich. Sondern auch eine Verbesserung des Radwegnetzes im Viertel und eine verträgliche Abwicklung des Individualverkehrs auf den Straßen. Die Umsetzung der in der Stellungnahme aufgeführten Ziele, betonen die Lokalpolitiker, sei die "Voraussetzung" dafür, dass die Bevölkerung künftige Lösungen mittrage. Schon heute gibt es von Seiten der Bewohner Klageandrohungen.

In 15 oder 20 Jahren, das ist der Zeitkorridor der Stadt, sollen in Freiham einmal 25 000 Menschen leben. Menschen, die mobil sein werden, die in die Innenstadt oder ins Umland wollen - auch wenn Freiham dank vorausschauender Planung selbst schon so einiges an Versorgung bereithalten wird. Weil Freiham aber direkt an Aubing andockt, fürchten die Alteingesessenen, künftig noch mehr als jetzt im Verkehr zu ersticken. Der denkmalgeschützte Dorfkern der 1000 Jahre alten Altaubinger Siedlung, fordert der Bezirksausschuss, müsse deshalb inklusive der angrenzenden Wohngebiete und der Hauptachse Alto-/Limesstraße auf jeden Fall entlastet werden. Außerdem gelte es, zusätzlichen Durchgangsverkehr aus Freiham und den benachbarten Landkreisen ins Ortsgebiet Aubing via Eichenauer Straße sowie nach Lochhausen und Langwied unbedingt zu verhindern. Besonders zu schützen sei angesichts der zunehmenden Belastung in der Georg-Böhmer-Straße auch die Gegend um den Kindergarten St. Quirin und die Fußgängerquerung Bahnhof/Giglweg. Und "bei der Straßenführung muss berücksichtigt werden, dass der zugehörige Bahnhofsbereich für die zusätzlich zu erwartenden Fahrgäste aus den Neubaugebieten ertüchtigt und aufgewertet wird".

Eine Möglichkeit, diesem Ziel näherzukommen, könnte die in der Machbarkeitsstudie als Nummer 7 dargestellte Variante sein: eine neu zu bauende Trasse, die nicht nur, wie bereits bei Variante 6 vorgeschlagen, von der Eichenauer Straße im Norden quer durch eine potenzielle, zwischen Autobahn und Aubings Stadtrand situierte Neubausiedlung mit 1000 Wohnungen führt und direkt in den Germeringer Weg und die Aubinger Allee in Freiham-Nord mündet. Sondern die anschließend auch noch als Tangente Richtung Norden verlängert wird. Diese Variante 7, finden die Stadtteilvertreter, müsse "unbedingt in das Verkehrskonzept mit einbezogen werden". Beim Bürgerworkshop vergangenen November sah man diese Variante noch eher kritisch, da dafür die über dem Aubinger Tunnel angelegte Naherholungsfläche mit Biotop-Verbundachsen und einem Kulturpfad geopfert werden müsste.

Unter anderem prägt der Schleichverkehr und seine Auswirkungen auf den Dorfkern die Debatte in Aubing. (Foto: Florian Peljak)

Dass sich der Fernverkehr auf der A99 bei Tunnelsperrungen im Aubinger Tunnel bereits heute in die Straßen des Stadtbezirks ergießt, ist mit ein Grund dafür, warum der Durchgangsverkehr 80 Prozent des Verkehrs im Viertel ausmacht. Es gibt für diesen Fall, der nahezu täglich eintritt, keine festgelegte Umleitungsstrecke. In einem ergänzenden Antrag plädieren die Lokalpolitiker daher bei Blockabfertigungen im Aubinger Tunnel für eine sogenannte "Pförtnerampel" an der Autobahnausfahrt Germering/Freiham-Nord. Pförtnerampeln dienen dazu, den Zufluss in bestimmte Straßen zu regulieren. Droht der Verkehr an der Engpass-Stelle überhand zu nehmen, schaltet die Ampel auf Rot. Freihams Straßen - und in der Verlängerung auch das Aubinger und Neuaubinger Straßennetz - wären mit einer solchen Ampel vor zu viel Schleichverkehr geschützt. "Ohne diese Lösung", sagt CSU-Sprecher Jürgen Schrader, "haben wir an dieser Ausfahrt eine Art Blankoscheck für Ausweichverkehr".

Summa summarum erwarten sich die Bürgervertreter von einer weiteren Untersuchung Antworten darauf, wie sich der Verkehr von der Eichenauer und Wildenrother Straße weiter verteilen wird, ob ein direkter Anschluss einer neuen Straße an die Bergsonstraße realisiert werden kann, und ob damit zu rechnen ist, dass die geplante neue Anbindung Freiham/Aubing die Attraktivität für Verkehr aus den benachbarten Gemeinden eher noch steigert. Außerdem will der Bezirksausschuss Zahlen hören, wie sich der Individualverkehr auf den Straßen ohne rechtzeitigen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs entwickeln würde.

Ohne eine U-Bahn bis Freiham, dessen ist sich das Gremium sicher, lässt sich das Verkehrsproblem aber auf keinen Fall lösen.

Zwei zusätzliche Anträge untermauern dies: Einer fordert die konkrete Planung und Inbetriebnahme der U-Bahn bis 2030 und nicht nur wie bisher reine Absichtserklärungen. Und mit einem zweiten regen die Politiker an, das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz, das 2019 ausläuft, zu ändern. Das Gesetz ermöglicht Zuschüsse für den U-Bahn-Bau von Bund und Land, die Kalkulation basiert aber fast ausschließlich auf der Anzahl von Bürgern. Es wäre doch "sinnvoll", so die Aubinger, weitere Aspekte wie Lärm-, Kohlendioxid-, Feinstaub- und Stickoxid-Belastungen in die Berechnung mit einfließen zu lassen.

© SZ vom 10.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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