Verkehr:In München gibt es wohl auch bald E-Scooter

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In Wien beispielsweise gibt es die Roller mit Elektroantrieb schon. (Foto: dpa)
  • Am 17. Mai entscheidet der Bundesrat darüber, ob E-Scooter auch in Deutschland zugelassen werden.
  • Die CSU in München hofft darauf, dass die Roller kommen. Auch von der MVG gibt es keine Einwände.
  • Fahrradklub und Blindenbund haben jedoch Bedenken.

Von Andreas Schubert

Ein Kick, ein Knopfdruck - und ab geht die Post. Und das ziemlich rasant. Am Schwabinger Tor, dem neuen Stadtquartier an der Leopoldstraße, vermietet das Unternehmen Hive schon jetzt als erster Anbieter E-Scooter - noch vor deren offizieller Zulassung für den Straßenverkehr. Und wer die Dinger, die im typisch umständlichen Amtssprech "Elektrokleinstfahrzeuge" heißen, erstmals ausprobiert, merkt sofort: Wie so vieles ist auch die Geschwindigkeit relativ.

Besitzt man einen Motorradführerschein, sind Tempo 80 oder 120 auf seiner Maschine kein Problem. Zweiraderfahrung hilft allerdings bei einem elektrisch angetriebenen Tretroller, der gerade mal so schmal ist wie ein Skateboard und einen deutlich kleineren Lenker als ein Motorrad oder normales Fahrrad hat, herzlich wenig. Und wenn man noch dazu stehen muss, statt fest im Sattel zu sitzen, sind Tempo 18 oder 20 doch ganz schön flott. Das Bremsknöpflein am linken Lenkergriff sowie die mit der Ferse zu tretende Rücktrittbremse vermitteln Anfängern nicht wirklich ein Gefühl von Sicherheit.

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Aber die Erfahrung wird's dann schon richten. Zunächst können die Bewohner des Schwabinger Tors und Angestellte der dortigen Büros die ersten 30 Roller auf dem rund 500 Meter langen und autofreien Privatgelände ausprobieren. Sollte der Bundesrat am 17. Mai der Zulassung zustimmen, will Hive vom Sommer an seine Scooter in der Stadt verteilen. Wie viele, will Hive-Chef Tristan Torres Velat noch nicht verraten. "Viele", sagt er nur. Vorher stünden noch Gespräche mit der Stadt an. Hive gehört zum neuen gemeinsamen Mobilitätsangebot Free Now von BMW und Daimler. Ausgeliehen werden die Roller per App, gegen einen Euro Freischaltgebühr und dann 15 Cent pro Minute. Das funktioniert ähnlich wie bei den Carsharing-Angeboten Drive Now und Car2Go.

Aber einen Führerschein braucht man für die maximal 20 Stundenkilometer schnellen Roller nicht, die man schon im Alter von 14 Jahren fahren darf. Auch keinen Helm, auch wenn Velat ausdrücklich dazu rät. Man habe schon überlegt, an den Rollern ein Helmfach anzubringen - eine Idee, die man in seiner Heimat Spanien niemals realisieren würde. Die Helme würden dort nur geklaut, meint der Hive-Chef. Aber in Spanien gibt es das Roller-Sharing auch noch nicht, dafür in Athen, Lissabon, Paris, Warschau und wohl bald auch in Hamburg und München - falls die Stadtverwaltungen mitspielen.

Die CSU zeigt sich aufgeschlossen und wünscht sich, dass die Stadt die Ansiedlung von Roller-Sharing unterstützt. Die Fahrzeuge seien klein, wendig und könnten womöglich kostenlos in den öffentlichen Verkehrsmitteln mitgenommen werden, im Gegensatz zum Fahrrad, für dessen Mitnahme die Fahrgäste zahlen müssen.

Der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) ist der Hype um die Tretroller nicht entgangen. Entsprechend befasst sie sich mit dem Thema. Selbst als Betreiber, wie beim MVG-Rad, werde man nicht aktiv, sagt MVG-Sprecher Matthias Korte. Man lote aber Kooperationsmöglichkeiten aus, denkbar wäre, das Tretroller-Sharing in die MVG-App einzubinden. Für die Mitnahme in den öffentlichen Verkehrsmitteln strebe die MVG "eine pragmatische Lösung" an, sagt Korte. Heißt: "Wir hoffen, dass sich der Markt so entwickelt, dass wir keine neuen Regelungen brauchen." Aktuell gelten die Roller als Sache, für die kein Aufpreis fällig wird. Auch die Uhrzeiten, in denen die Mitnahme erlaubt ist, sollen anders als bei Rädern nicht reguliert werden. Verbieten wolle man die Scooter erst recht nicht. Es gehe ja darum, die umweltfreundliche Mobilität zu stärken.

Wenn es um die Scooter geht, ist oft von der "letzten Meile" die Rede, also vom Weg zur nächsten Haltestelle oder von dort zum Ziel. So soll der ÖPNV auch fußfaulen Münchnern schmackhaft gemacht werden. Ob diese Rechnung aufgeht und wie sich die Tretroller im Münchner Verkehr bewähren, muss sich zeigen. Modelle bis zwölf Stundenkilometer sollen schon Zwölfjährige fahren dürfen, und zwar nur auf dem Gehsteig. Die schnelleren Roller müssen auf dem Radweg fahren, wenn es keinen gibt auf der Fahrbahn. Angesichts der schmalen Radwege in der Stadt zeigt sich Andreas Groh, Münchner Vorsitzender des Fahrradklubs ADFC skeptisch, was das sichere Zusammenleben von Rad- und E-Rollerfahrern betrifft: "Da kommt was auf uns zu."

Steffen Erzgraber, Geschäftsführer des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbundes warnt vor einem Sicherheitsrisiko speziell für Sehbehinderte: Fahrzeuge, die zwölf Stundenkilometer fahren, haben seiner Ansicht nach auf Gehwegen nichts zu suchen. Dort müsse weiterhin Schrittgeschwindigkeit eingehalten werden: "Auf Gehwegen geht man. Auf Radwegen fährt man!"

© SZ vom 13.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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