Verkehr:"Der Nutzen des Radfahrens für den Körper überwiegt"

Schmuckfotos Maximiliansbrücke, München Ost

Auch wer Strecken mit viel Grün in seinen täglichen Weg einplant, fährt gesünder.

(Foto: Florian Peljak)

Andreas Groh vom ADFC rät Radfahrern, aufgrund der teilweise hohen Schadstoffwerte in der Luft auf Nebenstraßen auszuweichen. Gleich auf andere Verkehrsmittel umsteigen, wäre falsch.

Von Thomas Hummel

Wissenschaftler des meteorologischen Instituts der LMU sind auf dem Fahrrad durch München gefahren und haben die Schadstoffe in der Luft gemessen. Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich, an manchen Stellen steigen die Stickstoffdioxid-Werte aber auf 200 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Das ist der Richtwert der Weltgesundheitsorganisation, der nicht überschritten werden sollte. Andreas Groh, stellvertretender Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) München, rät dennoch weiterhin zum Radfahren.

SZ: Herr Groh, haben Sie die gemessenen Werte überrascht?

Andreas Groh: Dass es zum Beispiel in der Paul-Heyse-Unterführung stark nach oben geht, konnte man vermuten. Die Radfahrer sind hier natürlich benachteiligt, weil sie die schlechte Luft direkt einatmen müssen. Das betrifft allerdings auch die Autofahrer, denn auch im Wageninneren steigen die Schadstoffwerte stark an. Teilweise liegen da die Werte sogar noch höher, weil man ja direkt hinter dem Auspuff des davor fahrenden Autos fährt.

Radfahrer atmen allerdings oft schneller und tiefer wegen der sportlichen Anstrengung.

Das ist natürlich ein Problem. Vor allem die Feinstaubpartikel dringen tief in die Atemwege ein, aber auch die Stickoxide. Dennoch ergibt sich aus allen bisherigen Studien, dass der Nutzen des Radfahrens für den Körper insgesamt überwiegt. Die körperliche Bewegung hat viele gute Seiten, weshalb Radfahren gut für die Gesundheit ist.

Haben Sie Ratschläge für Radfahrer, wie sie der schlechten Luft entkommen können?

Nach Möglichkeit sollten sie Hauptstraßen meiden. Das scheitert allerdings in München oft daran, dass man in Parallelstraßen nicht oder nicht gut vorankommt, weil die Autos in den querenden Hauptstraßen Vorrang haben. Beispiel Donnersbergerstraße. Sie verläuft parallel zur Landshuter Allee, wäre also eine schöne Alternative. Doch sie endet dann einfach an der Arnulfstraße, wo die Radfahrer dann auf der linken Straßenseite als sogenannte Geisterradler auf einem engen Radweg hundert Meter bis zur nächsten Ampel fahren müssen. Das ist unangenehm, gefährlich und gibt auch oft Ärger.

Sie fordern Radschnellwege, die fernab der Hauptstraßen liegen. Geht hier etwas voran?

Wir haben ein Konzept vorgelegt für einen Weg vom Norden der Stadt bis zum Hauptbahnhof. Simon Herzog von der Technischen Universität schlägt vor, aus der Heßstraße einen Radschnellweg zu machen, dann müsste man aber über die viel befahrene Schwere-Reiter-Straße eine Brücke bauen. Und hier liegt das Problem. Am Giesinger Berg etwa wird über eine Brücke für Radfahrer und Fußgänger seit Langem debattiert, gefühlt wird sie erst in vielen Jahren fertig sein. Für Radschnellwege und gute Alternativrouten braucht man viel Geld und Personal. Weil der Autoverkehr nicht beeinträchtigt werden soll, muss man Brücken und Tunnel bauen. Solche Pläne gehen daher leider sehr, sehr langsam voran.

Verkehr: Andreas Groh ist stellvertretender Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in München. Er fordert Radschnellwege, die abseits der viel befahrenen Hauptstraßen liegen.

Andreas Groh ist stellvertretender Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) in München. Er fordert Radschnellwege, die abseits der viel befahrenen Hauptstraßen liegen.

(Foto: privat)

Gibt es keine schnelleren Alternativen?

Am schnellsten ginge es natürlich entlang bestehender Hauptstraßen. Aber wir können in der Stadt die Radinfrastruktur kaum noch ausbauen, ohne dem Autoverkehr Flächen wegzunehmen. Das ist jedoch politisch schwierig umzusetzen.

Zuletzt wurde vor allem aus Sicherheitsgründen gefordert, den Radverkehr auf die Straße zu verlegen. Wie etwa in der Gabelsbergerstraße. Die Messungen ergaben, dass der Radfahrer hier aber einer besonders hohen Schadstoffbelastung ausgesetzt ist, weil er direkt neben den Autos fährt.

Dafür gibt es keine allumfassende Lösung. Es gilt das Argument, dass Radfahrer deutlich besser vom Autofahrer gesehen werden, wenn der Radweg auf der Straße verläuft. Für die Sicherheit ist das wichtig.

Für die Luftqualität eher schlecht.

Wer kann, sollte mit dem Rad über Nebenstraßen fahren, weil es generell angenehmer ist. Aber er muss dann halt in vielen Fällen einen Umweg in Kauf nehmen. Und so ein Ratschlag nutzt auch all jenen nichts, die an den Hauptstraßen wohnen, einkaufen oder ins Kino gehen wollen. Die müssen diese Straßen nutzen. Insgesamt ist es aber reichlich absurd, dass Radfahrer Umwege fahren sollen, weil die Autoindustrie dreckige Fahrzeuge baut und Freistaat und Stadt sich weigern, gegen die Verursacher der schlechten Luft vorzugehen.

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