Verkehr:Angst vor dem Kollaps

Bahnhof Daglfing

Die Gleise der S 8 trennen das Neubaugebiet von der Stadt. Ein Tunnel wäre deshalb gut - aber teuer.

(Foto: Florian Peljak)

Die Anbindung des neuen Quartiers an das Schienen- und Straßennetz stellt die Planer vor einige Probleme

Von Andreas Schubert

Mit der künftigen Erschließung des Nordostens für den Verkehr hat die Stadt ein Problem: Denn das Neubaugebiet ist durch die Gleise, auf denen die S 8 zum Flughafen und der Güterverkehr rollen, abgeschnitten. Deshalb wünscht sich die Stadt, dass die Gleise im Tunnel verschwinden, wenn die Strecke dereinst viergleisig ausgebaut wird. Doch der soll nach ersten Schätzungen etwa 2,3 Milliarden Euro kosten, was auch bezahlt werden will. Oberirdischen Gleise lägen nach letztem Stand bei 757 Millionen. Wie viel die Stadt davon bezahlen müsste und wie viel möglicherweise der Bund, ist noch offen. Und: Vor Ende der 2030er Jahre wird der Ausbau wohl nicht abgeschlossen sein.

Die S-Bahn ist einer von mehreren Aspekten, wie das Wohngebiet an den ÖPNV angeschlossen werden könnte. Überlegungen zur Erschließung gibt es schon seit Längerem: Mit einer Verlängerung der U4 über Englschalking (mit Anbindung an die S 8) bis zur Messestadt (mit Anbindung an die U2) könnten ein oder zwei U-Bahnhöfe in der neuen Siedlung entstehen. Laut Planungsreferat ist die Verlängerung der U 4 sogar die Voraussetzung dafür, dass sich der Münchner Nordosten "als zentrales Gebiet im Dreieck Flughafen-Messe-Innenstadt" auch entwickeln kann.

Noch ist aber nicht klar, ob in der "SEM Nordost" 30 000, 20 000 oder nur 10 000 Menschen angesiedelt werden sollen. Die Frage ist, ob die Stadt eine teure U-Bahn für 10 000 Leute (dazu kommt noch eine variable Anzahl Arbeitsplätze) finanziert bekäme. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hat für sich das Problem bereits gelöst: Bevor man über die Bevölkerungszahl entscheide, müsse zunächst klar sein, wie der Verkehr, insbesondere die Bahnanbindung, geregelt wird, sagte er im Planungsausschuss.

Für das Planungsreferat steht fest: Die umweltfreundlichen Verkehrsmittel, also Radverkehr und ÖPNV, sollen dominieren.

Und weil das Projekt in der Zukunft liegt, denken die Planer auch bei der Verkehrsinfrastruktur schon weiter. Autonome Systeme soll es geben, unterschiedliche Sharing-Konzepte, ein engmaschiges Wegenetz für Fuß- und Radverkehr, natürlich mit guten Verbindungen zu ÖPNV-Haltestellen.

Doch auch der motorisierte Individualverkehr brauche seine Anbindung. Die Erschließung solle vor allem in Nord-Süd-Richtung erfolgen, damit die angrenzenden Siedlungen in Bogenhausen und Trudering-Riem so möglichst wenig belastet werden. Ebenso brauche es Maßnahmen, die den Durchgangsverkehr für die neuen Stadtquartiere "verträglich" gestalten. Vom Osten her könnte der Autoverkehr zum Beispiel über die Aschheimer Humboldtstraße erfolgen, so die Planer.

Doch Kritiker mahnen, dass der Verkehr im Osten in den nächsten Jahren kollabieren könnte. Schon ohne die SEM wird die Autobahn A 94 laut einer Studie bis 2030 ausgelastet sein. Die Erschließung über die A 94 sei deshalb problematisch. Auch für alle Zufahrtsstraßen aus dem Westen seien Defizite bei der Leistungsfähigkeit zu erwarten. Und eine Anbindung von Süden her, etwa über den Schatzbogen, lehnt der Bezirksausschuss Bogenhausen ab. Die Debatte zeigt: Der Verkehr ist auch hier bereits ein Streitthema, noch bevor der Bau des Viertels überhaupt beschlossen ist.

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