Verkauf der GBW-Wohnungen:Sozialcharta zu Lasten der Stadt

GBW

Die GBW-Gruppe gehörte zur Landesbank und musste auf Druck aus Brüssel verkauft werden.

(Foto: Frank Leonhardt/dpa)

Der Stadtrat überlegt, an welche Kriterien der Erwerb weiterer GBW-Wohnungen geknüpft werden soll. Das ist ohnehin schwierig - ärgerlich ist noch dazu, dass die Stadt beim Kauf stets mehr bezahlen muss als ein privater Bieter.

Von Dominik Hutter

Um den Haushalt nicht zu überfordern, will die Stadt den Kauf weiterer Wohnungen aus dem Bestand des früheren Staatsunternehmens GBW an feste Kriterien knüpfen. So denken CSU und SPD darüber nach, künftig nur noch Häuser mit sozial schwachen Mietern zu übernehmen oder solche, bei denen der Zugriff einer "Heuschrecke" zu fürchten ist. Weitere Bedingungen könnten die Rentabilität des Immobilien-Deals oder ein hohes Mietniveau sein - wo Bewohner ohnehin schon viel zahlen müssen, fallen die gesetzlich zulässigen Mieterhöhungen um bis zu 15 Prozent besonders ins Gewicht und belasten die Betroffenen extrem. Das Thema soll im Herbst im Stadtrat behandelt werden.

Seit dem Verkauf des einstigen Staatsunternehmens GBW an private Investoren hat die Stadt bereits 446 Wohnungen übernommen. Kommunen haben laut der von Finanzminister Markus Söder (CSU) ausgehandelten Sozialcharta ein Vorkaufsrecht, sie müssen also bevorzugt zum Zuge kommen als Käufer, wenn sie das möchten. Dies kann sich die Stadt allerdings auf Dauer nicht leisten, warnen Rathauspolitiker.

Die GBW besitzt in München immerhin etwa 8000 Wohnungen. Bislang gilt für die Stadt lediglich die selbst auferlegte Einschränkung, keine einzelnen Wohnungen, sondern stets nur ganze Blöcke zu erwerben. Finanziert werden die Käufe aus dem Topf der Pensionsrückstellungen. Dieses Geld allerdings fehlt an anderer Stelle: beim Neubau kommunaler Wohnungen, den die Stadträte eigentlich für sinnvoller erachten als den Rückkauf ehemals staatlicher Immobilien. Mieterschutz gilt andererseits als wichtiger Baustein im Kampf gegen die Gentrifizierung.

Mangelnder Schutz der Betroffenen

Ärgerlich für die Stadt ist es auch, dass sie stets fünf Prozent mehr zahlen muss als ein privater Bieter - auch dieser Passus stammt aus der Sozialcharta. Der Aufschlag wird offiziell damit begründet, dass die GBW der Stadt stets einen notariell beurkundeten Kaufvertrag mit einem privaten Interessenten vorlegen muss, bevor diese über ihr Vorkaufsrecht entscheidet. Diese "Aufwandsentschädigung" ist aber umstritten, denn beim gesetzlich vorgeschriebenen Vorkaufsrecht in Erhaltungssatzungsgebieten ist das Prozedere genauso, eine Entschädigung wird trotzdem nicht bezahlt. Theoretisch kann die Stadt daher Geld sparen, wenn sie GBW-Wohnungen in Erhaltungssatzungsgebieten erwirbt: Indem sie zunächst auf ihr (kostspieliges) Vorkaufsrecht aus der Sozialcharta verzichtet, um anschließend mit Verweis auf die Erhaltungssatzung doch zuzuschlagen. Dann aber ohne Fünf-Prozent-Regel.

Wie der Kriterienkatalog für den künftigen Kauf von GBW-Wohnungen im Detail aussieht, ist unklar - was derzeit diskutiert wird, befindet sich noch im Ideenstadium. Beatrix Zurek, SPD-Stadträtin und Chefin des Mietervereins, hält das Ganze für "sehr schwierig". Wo zieht man die Einkommensgrenze der Mieter, die darüber keineswegs auskunftspflichtig sind? Wer gilt als "Heuschrecke" und wer als verantwortungsbewusster Vermieter? Verbindlich ließe sich das wohl nicht regeln, erklärt Zurek. Letztlich werde daher trotz Katalogs weiterhin über jeden Kauf im Einzelfall entschieden werden müssen. CSU-Fraktionschef Hans Podiuk pocht freilich auch auf Gerechtigkeit: Übernimmt die Stadt künftig im Interesse der Mieter auch Wohnungen, wenn der Verkäufer nicht GBW heißt? Prinzipiell sind sich CSU und SPD aber einig, dass es verfeinerte Kriterien geben muss.

Wie wenig die vom Freistaat hochgelobte Sozialcharta in Wahrheit nützt, zeigt sich nach Einschätzung Zureks anschaulich bei der GBW-Wohnanlage in der Adams-Lehmann-Straße in Nordschwabing, deren Bewohnern pünktlich zum Sommerferienbeginn eine Mieterhöhung ins Haus geflattert ist. Es handelt sich bereits um den zweiten Anlauf der GBW - der erste war vor einigen Monaten gescheitert, weil das Unternehmen die vorgeschriebene Begründung nicht mitgeliefert hatte. Der Knackpunkt aber ist ein anderer: Die Häuser wurden einst im München-Modell gefördert, was automatisch ein niedrigeres Mietniveau zur Folge hat. Die GBW begründet die Erhöhung nun jedoch mit der ortsüblichen Vergleichsmiete, die logischerweise höher liegt. Ob dies erlaubt ist, muss mangels entsprechender Paragrafen in der Sozialcharta wohl ein Gericht entscheiden. Der Mieterverein will die Sache ausfechten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: