Verfahren gegen stellvertretenden Stadelheim-Chef:Entschuldigung vor Gericht

Er soll Interna über den Dachauer Todesschützen verraten haben. Nun hat das Münchner Amtsgericht das Verfahren gegen den stellvertretenden Leiter der JVA Stadelheim Hans-Jochen Menzel wegen geringer Schuld eingestellt. Zuvor hatte sich Menzel für sein Verhalten entschuldigt.

Von Christian Rost

Der Vorwurf des Verrats von Privat- und Dienstgeheimnissen gegen den stellvertretenden Leiter der Justizvollzugsanstalt Stadelheim ist vom Tisch. Hans-Jochen Menzel musste sich vor dem Münchner Amtsgericht verantworten, weil er mit der Bild-Zeitung über den schlechten Gesundheitszustand des Dachauer Todesschützen Rudolf U. gesprochen hatte. Das Gericht stellte das Verfahren gegen Menzel am Montag wegen geringer Schuld ein. Zuvor hatte er sich für sein Verhalten entschuldigt.

Transportunternehmer U. hatte im Januar 2012 während eines Prozesses im Dachauer Amtsgericht einen jungen Staatsanwalt erschossen. Der Täter kam in Stadelheim in Untersuchungshaft. Seinen schweren Diabetes wollte er dort nicht behandeln lassen, woraufhin sich sein Gesundheitszustand extrem verschlechterte. Auf Nachfrage von Journalisten sagte Menzel, ein Unterschenkel U.s befände sich bereits "in einem Zustand der Verwesung".

Der Verwesungsgestank sei für Mitgefangene und das Personal nicht zumutbar. Bild zitierte Menzel mit diesen Worten in einem entsprechend aufgemachten Bericht. Rudolf U. starb kurz nach der Verurteilung zu lebenslanger Haft.

Strafbefehl über 7500 Euro

Die Schilderung brachte Menzel eine Anzeige ein, weil vermutet wurde, er habe unerlaubt wörtlich aus einem ärztlichen Bericht zitiert. Das Amtsgericht erließ daraufhin einen Strafbefehl über 7500 Euro gegen den 63-Jährigen, wogegen er Einspruch einlegte. In der dreitägigen Verhandlung hatte sich Menzel eingangs verteidigt, er habe den Journalisten nichts erzählt, was zum Zeitpunkt des Interviews nicht längst schon bekannt gewesen sei. Es gehöre außerdem zu seinen Aufgaben, Fragen der Medien zu beantworten.

Am Montag räumte er ein, dass er mit seiner Vorgehensweise "über das Ziel hinaus geraten" sei, was er heute bedauere. Es sei eigentlich nicht üblich, unmittelbar aus internen Mitteilungen des medizinischen Dienstes der JVA zu zitieren, sagte er. Allerdings verwies er auf die spezielle Problematik damals im Fall U., der für das Gefängnispersonal eine "außergewöhnliche Belastung" dargestellt habe. Er habe eine Fürsorgepflicht gegenüber den Vollzugsbeamten, betonte Menzel in seiner Erklärung.

Der Amtsrichter erkannte in Menzels Verhalten offenbar nichts Gravierendes und regte mehrfach an, das Verfahren einzustellen. Darauf wollte sich der Anklagevertreter zunächst nicht einlassen. Menzels Verteidiger Ralf Seidl betonte indessen auch am Montag, im Falle eines Urteils hätte sein Mandant mit einem Freispruch rechnen können.

So weit kam es aber nicht, auch weil Seidl eine neuerliche Verhandlung des Falles am Landgericht vermeiden wollte. Er ging fest davon aus, dass die Staatsanwaltschaft bei einem Freispruch in Berufung gehen würde. Das hätte nach Seidls Auffassung der Justiz noch mehr geschadet.

Schließlich einigten sich Staatsanwaltschaft und Verteidigung außerhalb des Saales doch noch auf eine Einstellung, weil kein öffentliches Interesse an der weiteren Verfolgung bestehe. Für Menzel dürfte das Zeitungs-Interview nun auch keine dienstrechtlichen Konsequenzen mehr haben. Allerdings muss er seinen Anteil der Prozesskosten selbst aufbringen, den Rest übernimmt die Staatskasse.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: