Vereine:"Du bist humorvoll und scheust vor gar nichts zurück?"

Fast jeder Münchner Sportklub hat einen plüschigen Glücksbringer. Der Maskottchen-Bär des FC Bayern ist dabei die wahrscheinlich ärmste Socke.

Von den SZ-Autoren

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Disziplinierter Akkordarbeiter

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Quelle: SZ

"Du magst es Dich zu verkleiden, bist humorvoll und scheust vor gar nichts zurück?" Das war nicht die Stellenausschreibung für eine neue Faschingsprinzessin oder irgendwelchen Schmuddelkram, sondern für das Maskottchen des Baseball-Bundesligisten Haar Disciples auf dessen eigener Homepage. Gefunden haben sie niemanden, trotz freiem Essen und Getränken. Ein Jugendspieler übernahm den Job meistens. Böse Zungen behaupten, die Arbeit als Maskottchen sei schweißtreibender als für die Spieler, diese stünden doch sowieso die meiste Zeit nur herum.

Das ist natürlich Quatsch. In der amerikanischsten aller Sportarten, die mehr als 20 Pausen pro Partie haben kann, ist Akkordarbeit gefragt. Unter anderem holt Mr. Disciple zwischen den Innings Zuschauer aufs Feld und macht Spiele. Etwa jenes, bei dem man seine Stirn gegen einen senkrecht stehenden Baseballschläger presst und sich mehrmals drehen muss. Wer danach am schnellsten zu Mr. Disciple sprinten kann, bekommt einen Cheeseburger.

Dafür sieht Mr. Disciple eigentlich recht erwartbar aus: wie eine Kreuzung aus Mensch und Ball. Der Jugendliche, der in der vergangenen Saison so oft einsprang, wechselt übrigens ins Baseball-Internat nach Paderborn. Sein jüngerer Bruder soll nun in die Aufgabe hineinwachsen.

cal/Foto: Claus Schunk

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Ein Heim für Flips

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Quelle: SZ

Wieso wählt sich ein Volleyballklub einen Wal aus und nennt ihn "Flips"? Man könnte ja nachfragen, doch nach Jahren, in denen man das wie selbstverständlich hinnahm, klänge die Frage seltsam. Was soll's, mit etwas Nachdenken kann man sich vieles selbst erschließen. Punkt eins: Flips. Kennt man mit dem Vornamen Erdnuss-, erinnert ansonsten an den Delfin Flipper, an Ritter Fips, den Flip (Sprung im Eiskunstlauf) und natürlich an Flip-Flops. Hilft alles nicht weiter. Aber für Vornamen braucht es auch keine Begründung. Warum heißt jemand Karl-Heinz? Eben.

Passt trotzdem, weil auch das Image der Herrschinger Volleyballer etwas ausgeflipst ist. Und wieso ein Orca, ein Schwertwal, auch als Killerwal bekannt? Klar: Wassertier. Ammersee. Logisch. Als Sympathieträger legitimer Nachfolger von Flipper, seit Hollywood "Free Willy" drehte. Willy ist ein Orca, der in die Freiheit flieht, weil er in der Gefangenschaft erstens abgemurkst werden soll und sein Becken zweitens zu klein ist. Was unmittelbar zu Herrsching führt. Denn ein Schwertwalbulle wird aufrecht stehend bis zu 9,80 Meter groß. Die Nikolaushalle ist bekanntlich niedriger als die von der Liga geforderten neun Meter. Ehe das Maskottchen also voll ausgewachsen ist, muss eine neue Halle her. Die Kampagne "Free Flips" böte sich an.

lib/Foto: Franz Xaver Fuchs

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Null-Wachstum

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Quelle: SZ

Ob die Wachstumsstörungen nun auf die vergleichsweise kalten mitteleuropäischen Winter oder die wenig artgerechte Haltung in einem für Löwen viel zu großen, viel zu zugigen Fußballstadion zurückzuführen sind, darüber lässt sich nur spekulieren. Offensichtlich ist aber: Löwe Sechzgerl, Junioren-Maskottchen des Immer-noch-Zweitligisten TSV 1860 München und laut Vereinsangaben der Sohn von Senior-Repräsentant Sechzger, ist seit seinem ersten Arbeitstag bei Münchens blauestem Fußballklub vor achteinhalb Jahren nicht größer geworden.

Vielleicht ist Sechzgerl längst erwachsen. Vielleicht haben sich die Münchner damals einen kleinwüchsigen Löwen angeschafft, weil Kinderlöwenarbeit gesellschaftlich nur bedingt akzeptiert ist. Vielleicht hat Sechzgerl infolge eines traumatischen Erlebnisses - Sechzig bietet da eine gewisse Auswahl - wie einst Oskar Matzerath beschlossen, fortan nicht mehr zu wachsen. Nicht ein Zentimeterchen. Womöglich ist Sechzgerl also gar nicht der Sohn Sechzgers. So richtig ähnlich sehen sich die beiden ohnehin nicht. In jedem Fall froh sein kann der kleine Löwe aber, dass er nicht vom Vorgänger seines vermeintlichen Vaters abstammt. Der sah mit seinem zerknautschten Gesicht aus, als hätte man einem Braunbären ein Schafskostüm angezogen.

swi/Foto: imago

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Grafinger Goldbär

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Quelle: SZ

Sein voller Name ist etwas sperrig: Grafinger Fighting-Bayrisch-Volleybär. Es ist nicht sonderlich einfallsreich, das Wappentier der Stadt zum Maskottchen zu machen, aber was soll's: Es fuchtelt nun mal ein schwarzes Ungetüm auf Grafings gelben Flaggen herum, mit viel zu großen Füßen und ein paar Gelenken mehr als anatomisch vertretbar.

Grafing nennt sich gern Bärenstadt, zur fünften Jahreszeit regieren dort die Faschingsbären, und die Zweitliga-Volleyballer des TSV haben ihre Jahnsporthalle schon mal euphorisch "Bärenhölle" genannt. Auch wenn hier sicher seit 200 Jahren kein frei lebender Bär gesichtet wurde, sondern allenfalls Wildschweine aus dem Ebersberger Forst vorbeitrotten - es wäre angesichts der Wucht dieser Fakten doch seltsam gewesen, hätte man sich für ein Warzenschwein entschieden. Ansprechender gestaltet als im Wappen ist der Volleybär auf alle Fälle.

Nur diesen "Fighting-Bayrisch"-Slogan, der in derselben Epoche geprägt wurde wie die Bärenhölle, den muss der Ärmste winkend und grinsend mit sich schleppen. Ein prägnanterer Rufname wäre nett. Etwa "Barnie", wie beim EHC Klostersee. Auch der ist in Grafing zu Hause. Und man glaubt es nicht, welche Plüschtiergattung nebenan den EHC-Fans zuwinkt. Na? Okay, ein Tipp: Es ist kein Warzenschwein.

lib/Foto: Claus Schunk

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Tölzer Löwchen

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Quelle: SZ

Ottfried Fischer ist eine beeindruckende Erscheinung: 1,90 Meter groß, annähernd genauso breit, das Gewicht zwar schwankend, aber stets im dreistelligen Bereich. So ermittelte er als Kommissar Benno Berghammer bis 2009 in der Serie Der Bulle von Tölz. In der Kurstadt gibt es dazu ein eigenes Museum. Vor eineinhalb Jahren bahnte sich ein spektakuläres Comeback an: Der Eishockey-Drittligist Tölzer Löwen fahndete nach einem Namen für sein Maskottchen. Der Löwe, der vor jedem Heimspiel über das Eis flitzt, wurde Bully getauft, mit dem vielsagenden Zusatz: von Tölz. Ein als Löwe verkleideter Otti Fischer wäre natürlich die Idealbesetzung gewesen, der Bulle als Bully. Doch aus unerfindlichen Gründen scheiterte ein Engagement. Zu hohe Gehaltsforderungen? Unangenehme Arbeitszeiten (Wochenende)?

Stattdessen trat Niklas Jäger den Job an. Er ist noch nicht so bekannt wie der große Ottfried Fischer und hatte bislang keine einzige Hauptrolle in einer Fernsehserie. Jäger gilt trotzdem als vielversprechendes Talent. Er spielt derzeit für die U-10-Mannschaft der Tölzer Löwen. Und das Kostüm, welches der Bully (von Tölz) traditionell trägt, passt ihm wie auf den Leib geschneidert. Möglicherweise liegt ja hier der eigentliche Grund, weshalb die Verpflichtung des echten Bullen, äh: platzte.

fema/Foto: Oliver Rabuser

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Ein Münchner im Eishockeyhimmel

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Quelle: SZ

Jon Matsumoto schaute hin und schmunzelte. Dann schaute er noch einmal hin - und musste wieder schmunzeln. Der kanadische Stürmer des EHC Red Bull München konnte einfach nicht die Augen von dem Wesen in weißen Strumpfhosen und weißem Kleid lassen, das neben ihm auf dem Münchner Eis stand. Der Name des Wesens: Aloisius. Sein Beruf: Maskottchen. Aloisius hat selbst gut lachen. Anders als etwa Jünter, der seit 1965 bei Wind und Wetter zur Belustigung der Gladbach-Fans herhalten muss, bemüßigt er sich nur selten zur Arbeit. Einen Monat malochen pro Jahr reicht völlig aus, sagt er sich - und erhebt sich erst im Dezember von seiner Wolke, um für das alljährliche "Hockey HALLEluja" des EHC - zwei Gastspiele in der großen Olympiahalle - die Werbetrommel zu rühren.

Damit ist Aloisius das Part-Time-Maskottchen schlechthin. Vielleicht versteckt er sich auch das ganze Jahr über, weil er im Zuge seiner kurzen Tätigkeit mit dem, Achtung, Hockeylaus unterwegs sein muss. Gegen Berlin und Köln wird er jedenfalls wieder wild auf der Tribüne tanzen und sich danach auf seine Wolke zurückziehen und weiter dösen. Vielleicht träumt er ja von Justin Bieber: Dessen Bewerbung als EHC-Maskottchen war leider nicht von Erfolg gekrönt.

cbe/Foto: RedBull/oh

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Berni, der Bipolarbär

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Quelle: SZ

Der Bayern-Bär ist eine arme Sau. Während die Fußballer des FC Bayern jammern, dass sie 34 Punktspiele plus die eine oder andere Pokalrunde plus Champions League spielen müssen - alles in allem nicht mehr als lächerliche 53 Pflichtspiele - und die Basketballer auch nicht mehr als höchstens 60 oder 70 Mal ran müssen - na gut, die Nationalspieler vielleicht noch ein paar Mal öfter -, ist Berni, der Bär, der Akkordarbeiter unter den Maskottchen, immer auf Doppelschicht. Seit dem 1. Mai 2004 verbreitet der 2,00 Meter große und 99 Kilo schwere Rekordmeister Petz gute Laune bei allen Heimspielen der FCB-Kicker. Und seit dem Aufstieg der Basketballer in die Bundesliga (2011) turnt die Pelznase mit den Rückennummern 12 (Fußball) respektive 99 (Basketball) auch dort übers Parkett. Fliegende Trikotwechsel - mit Ärmel, ohne Ärmel - sind längst Routine. Aber: Hat man Berni je jammern gehört?

Gut, der Bär an sich ist keine Plaudertasche, sonst wäre er ein Wellensittich geworden. Oder ein Ziegenbock, wie sie in Köln einen haben, dann ließe es sich trefflich über die Ungerechtigkeit des Seins meckern: Nach Selbstauskunft ist er Deutschlands "meistgehasstes Maskottchen". Berni aber brummt höchstens. Erinnert sich noch jemand an "Bazi"?

sjo/Fotos: Getty/Imago

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Armer, einsamer Cowboy

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Quelle: SZ

Lucky Muc, der trotz seines Namens weniger an den Comic-Cowboy Lucky Luke, sondern optisch mehr an den Cowboy Woody aus dem Animationsfilm Toy Story erinnert, lächelt immerzu. Dabei ist er - und darin ist er nun ganz bei Lucky Luke - wahrlich ein einsamer Cowboy. Ursprünglich sollte Lucky Muc noch ein Pferd zur Seite bekommen, doch die Stadt befürchtete einen Trojaner: Dann kommt bald jeder Verein und wünscht sich ein Viech! Also keine lebenden Sidekicks fürs Maskottchen.

Deshalb hat der nunmehr fünf Jahre alte Talisman des Football-Bundesligisten Munich Cowboys einen Spleen entwickelt: Jedes Mal, wenn sein Team einen Touchdown erzielt, geht er in die Weitsprung-Grube des Dantestadions und "branded" dort eine Holzkuh mit einem Stab. Die Kuh fällt dann um. Lucky Muc lächelt dabei unter seinem sehr großen Hut. Lächeln soll er ja auch, damit sich die Kinder nicht vor ihm fürchten. Beim Verabreichen von Brandzeichen an Kühe - und seien sie aus Holz - sieht es aber leicht sadistisch aus, und es ist ihm anzumerken: Manchmal würde Lucky Muc am liebsten auf einem wilden Mustang sitzen und buhende Zuschauer mit einem Lasso von der Tribüne zerren. Das würde Spaß machen! Yee-haw!

cal/Foto: Claus Schunk

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Mops? Panther? Schwärzling!

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Quelle: SZ

Der schwarze Panther ist bekanntlich ein Mitglied der Familie der Großkatzen, das sich durch Melanismus von Leopard und Jaguar unterscheidet. Diese dunkle Pigmentierung ist im Tierreich keine Seltenheit und wurde schon bei Mäusen, Eidechsen oder Meerschweinchen beobachtet. Ganz offenbar gibt es im Reich der Brucker Handballer einen Experten auf diesem Gebiet, jedenfalls konnte sich selbiger offenbar nicht so recht entscheiden, welches Tierchen man denn nun als Maskottchen für den Drittligisten nehmen soll. Diese nennen sich ja "Panther", also lag es nur nahe, ein derartiges Kostüm zu wählen.

Bis zum Kopf, also von unten gesehen, ist dieser namenlose Geselle als solcher eindeutig zu identifizieren, aber dann? Mops? Schwein? Die Interpretationen gehen weit auseinander. Aber das muss auch gar nicht abschließend geklärt sein, denn zum einen taucht der Panther nicht bei jedem Heimspiel auf, zum anderen gibt es selbigen für die Mini-Mannschaft in kleinerer Form. Und dieser Panther sieht auch aus wie einer - und zwar überall. Und einen Namen hat er auch noch: Pauli. Im Tierreich werden im Übrigen melanistische Tiere auch Schwärzlinge genannt. Wäre das keine Namensidee? Dann wäre auch noch völlig egal, wonach das Maskottchen aussieht.

toe/Foto: Günther Reger

© SZ vom 30.12.2016/vewo
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