Verdi ruft zum Streik auf:"Diktat der leeren Kassen"

Da die Gewerkschaft Verdi zum Arbeitskampf aufruft, könnten viele Kitas geschlossen bleiben. Der Winterdienst wird den gewohnten Dienst tun.

Michael Tibudd

Verdi bläst zum Großstreiktag, doch die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes geben sich in den meisten Fällen gelassen: Weder in den städtischen Kliniken noch bei den Altenheimen von Münchenstift befürchtet man ernsthafte Einschränkungen im Pflegebetrieb. Auch die Stadtbibliothek erwartet kaum Einschränkungen. Die Straßenreinigung wird am Streik nun definitiv gar nicht teilnehmen - angesichts der Wetterprognosen mit Schnee- und Regenfällen werden die Schneeräumer auf Geheiß von Verdi wie gewohnt ihren Dienst tun.

Streikende Kindertagesstätte

Eltern müssen alternative Betreuungsmöglichkeiten für ihren Nachwuchs organisieren - viele Kindertagesstätten könnten geschlossen bleiben.

(Foto: Foto: dpa)

Große Ausnahme sind die Kinderbetreuungseinrichtungen: Das zuständige Schulreferat konnte am Dienstag keine Einschätzung abgeben, wie viele Kitas und Krippen am heutigen Mittwoch geschlossen bleiben werden. Erfahrungsgemäß ist die Streikbereitschaft bei Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen hoch. Unzählige Eltern müssen deswegen alternative Betreuungsmöglichkeiten für ihren Nachwuchs organisieren.

Für Verdi war das am Dienstag freilich kein Grund, dem Streiktag sorgenvoll entgegenzublicken: Geht man doch zumindest für den Bereich der Kliniken davon aus, dass zu jedem tatsächlichen Streikteilnehmer noch mehrere Kollegen kommen, die ebenfalls die Arbeit niederlegen würden - wenn sie nicht ihr Pflichtbewusstsein daran hindern würde. "Wir arbeiten oft in normalen Zeiten schon zu Notdienstbedingungen", sagt Ingrid Greif, Krankenschwester am Klinikum Bogenhausen und ehrenamtliche Streikleiterin für diesen Betrieb.

"Wir können nur auf den Stationen ein paar Leute abziehen, wo ein bisschen mehr Kollegen arbeiten, als das in einem Notdienst der Fall wäre." Greif beklagt überdies den Umstand, dass Pflegekräfte häufig in ihrer Freizeit angerufen würden, um kurzfristig einzuspringen, "oft kommen Anrufe um drei Uhr nachts mit der Bitte, zur Frühschicht zu erscheinen". Münchens Verdi-Chef Heinrich Birner hält den Kampf im öffentlichen Dienst indes auch für den Bestandteil eines größeren gesellschaftlichen Konflikts: "Seit Jahren gibt es keine Verhandlungsrunde, in der es nicht hieße, die Kassen sind leer", verweist Birner auf ein ewiges Argument der Arbeitgeberseite.

"Objektiv muss man ja sagen: Die Kassen wurden tatsächlich von Steuergeschenken an Wohlhabende geschröpft." Die Mehrwertsteuersenkung für Hotels sei nur das jüngste Beispiel. "Wenn wir uns dagegen nicht wehren, dann kann das unser Gesellschaftssystem zerschlagen" - kommunale Dienstleistungen, die breite Schichten der Bevölkerung in Anspruch nähmen, seien in Gefahr. "Wir beugen uns nicht dem Diktat der leeren Kassen."

Ein Problem im eigenen Lager könnte es sein, die Verdi-Forderung zu vermitteln. Die Gewerkschaft will insgesamt fünf Prozent mehr Geld für die Beschäftigten - als Gesamtpaket. Eine Steigerung des Gehalts ist nur ein Bestandteil davon. Mindestens so wichtig ist Gewerkschaft und Beschäftigten unter anderem eine Fortführung der ausgelaufenen Altersteilzeitregelung, zu der die Arbeitgeber Zuschüsse bezahlen sollen.

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