Veranstaltungstipps:Die Woche in München

Christian Kracht schreibt die Geschichte um, Chansonsängerin Camille haucht in der Muffathalle und Bob Dylans Sohn versucht's jetzt alleine - die Veranstaltungstipps für München.

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Disco

Donnerstag Großer Apfel: Tim Sweeney aus New York schaut mit seiner wunderbaren Elektro-Plattensammlung in der Ersten Liga vorbei. Sein Motto: "Beats in Space" (Thakirchner Straße 2).

Freitag "Alles Roger": Überraschenderweise hat Roger von Blumentopf bei seinem Solo keine Rap-CD aufgenommen, sondern eine gefühlvolle, freilich wortgewandte Liedermacherplatte mit schräger Gitarre, Simple-Synthie und kickenden Drum-Loops. Er stellt sie samt Band im Ampere vor (21 Uhr, Zellstraße4). Wumm wumm!

Die Zubzonikz bringen Singles mit dicken Beats aus Jamaika ins Muffatcafé (22.30 Uhr, Zellstraße 4).

Im Café King tobt die "Gomma Nacht" mit Mathias Modica (22 Uhr, Müllerstraße3). Gepflegt Cocktails trinken kann man an der Bar des Charles-Hotels, Münchens neuer 5-Sterne-Adresse, bei der "Soul Nacht" (19 Uhr, Sophienstraße 28).

Samstag

Leiwand: Peter Kruder ist endlich wieder in München und bringt statt Wiener Schmäh seine entspanntesten House-Platten in die Registratur (23 Uhr, Blumenstraße 28).

Münchens cooler Alternative-Radiosender M94,5 holt im Orangehouse seine Hitparade live auf die Bühne. Mit dabei die Bands Headlights aus den USA und Lichter (20 Uhr, Hansastraße 39).

Sonntag Freistil: Im Café Kosmos kann man seinen eigenen mp3-Spieler anstöpseln und so das Musikprogramm mitgestalten (19 Uhr, Dachauerstraße 7).

Montag Blaue Stunden: Beim "Blue Monday" in der Milchbar setzt DJ Marc Zimmermann auf Wave-Musik der Achtziger (22 Uhr, Sonnenstraße 12).

Dienstag Alaaf: Der "Kölner Abend" poltert wieder durch die Mariechenbar (21 Uhr, Sonnenstraße 25).

Mittwoch Höllisch gut: Das schwedische Trio Hellsongs spielt Metal-Klassiker wie "Paranoid" oder "Symphony of Destruction" folkig-entspannt im 59:1 nach ( 21 Uhr, Sonnenstraße 27).

Foto: Robert Haas

(SZ Extra vom 09.10.2008)

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Lesung

Verkehrte Welt Es beginnt 1917. Lenin besteigt nicht den plombierten Waggon von Zürich nach St. Petersburg. Die russische Revolution findet nicht statt. Stattdessen erlebt die Schweiz einen kommunistischen Umsturz.

Seither kämpft die Alpendiktatur gegen deutsche und britische Faschisten, gegen Großaustralien und Hindustanier. Die einstigen USA halten sich raus, heißen Amexiko und haben sich wegen eines Bürgerkrieges isoliert. Der Schweizer Schriftsteller Christian Kracht schreibt die Geschichte um.

Sein neuer Roman "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" (Kiepenheuer & Witsch) entwirft ein Szenario des Grauens. Als Erzähler fungiert ein Söldner aus Malawi, doch allmählich wird die Geschichte immer surrealer.

Nach "Faserland", der Irrfahrt eines Yuppies durch Warendeutschland, und "1979", der Reise eines Architekten durchs vorislamische Teheran - die Götterdämmerung vor Augen -, ist dieses Buch erneut der Versuch einer Vision. Während in diesen Tagen über den Zustand der westlichen Demokratien räsoniert wird, schafft Kracht sie einfach ab.

Der Autor liest am Donnerstag, 9. Oktober, 20 Uhr im Literaturhaus, Salvatorplatz, Telefon 29193427.

Foto: ddp

(SZ Extra vom 09.10.2008)

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Nouvelle Chanson

Madame Maultrommel

Die junge Camille erobert mit Vokalartistik die französischen Charts Frankreich jubelt. Das Land hat einen neuen Star, nachdem Carla Bruni inzwischen ihren musikalischen Status als Première Dame des Burgunder-Pops sozusagen verstaatlicht hat. Die junge Dame heißt Camille, stammt aus Paris nähert sich eben den dreißig Lenzen und darüber hinaus der Million verkaufter Schallplatten.

Ein Phänomen in Zeiten des musikalischen Datentausches, zumal die Vokalartistin durchaus Eigenwilliges präsentiert. Camilles Vokalwelt kennt viele Nebengeräusche vom Atmen bis zur Mundperkussion, die sie pointiert zu geschmackvoll gestalteten Song-Collagen verknüpft.

Der Hit "Ta Douleur" schlängelte sich sanft parlierend vor zwei Jahren an die Spitze der Hitparaden, nachdem sie zuvor schon mit der Combo Nouvelle Vague Punk-Schlager erfolgreich brasilisiert hatte, und inzwischen ist ein weiterer A-Cappella-naher Tonträger erschienen.

Das ist Grund genug, es erneut im Nachbarland in den Konzertsälen zu versuchen, und so gibt sich Camille in der Muffathalle die Ehre. Nouvelle Chanson à la mode.

Camille, Mi., 15. Okt., 21 Uhr, Muffathalle, Zellstr.4, 21839182

Ralf Dombrowski

Foto: Reuters

(SZ Extra vom 09.10.2008)

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Actionthriller

Gerade hat Jerry Shaw seinem Bruder das letzte Geleit erwiesen, der bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Und wieder einmal muss er sich die Vorwürfe seines Vaters anhören, warum er nichts aus seinem Leben machen würde und in einem Copy Shop jobbe.

Da findet er plötzlich sein New Yorker Apartment voll gestellt mit modernsten Waffen und Chemikalien. Was absurd beginnt, entwickelt sich im Lauf der Geschichte zu einem beklemmenden Szenario der totalen Überwachung. Das Ganze wird verpackt in einen rasanten Actionfilm, der durchaus die Hand des Produzenten Steven Spielberg erkennen lässt.

Ebenso nicht zu übersehen sind die Anleihen bei Filmen, die John Badham in den achtziger Jahren drehte, wie "Das fliegende Auge" und "War Games". Die zeigten die Anwendung modernster Technologien und die staatlichen Reaktionen darauf.

Regisseur D.J.Caruso erweist, wie schon bei seinem vorangegangenen Film Disturbia, dem Meister des Suspense, Alfred Hitchcock, seinen Tribut: Er hetzt seinen Protagonisten quer durch die USA. Auf der Flucht vor dem FBI - das hält ihn für einen Terroristen - und gleichzeitig in den Fängen einer geheimnisvollen Macht. Die ist nur in Form einer mysteriösen Frauenstimme präsent, die Jerry meist via Handy Befehle gibt.

Deren Nichtbefolgung wird strengstens geahndet, denn Jerry wird nicht nur beobachtet, auch die Verkehrsampeln und Baukräne um ihn herum werden manipuliert. Zusammen mit der alleinerziehenden Mutter Rachel Holloman, deren kleinen Sohn die fremde Macht in ihrer Gewalt hat, sieht sich Jerry gezwungen, einen Transporter zu überfallen.

Dessen unbekannte Fracht schmuggelt er fortan durch Kontrollen. Wenn ihm dabei einmal alle über ihn gespeicherten Daten auf einer Monitorwand präsentiert werden, und man parallel dazu sieht, wie der Verteidigungsminister ein geheimes Projekt zur Datenerfassung präsentiert, beginnt man die Zusammenhänge zu begreifen: Keine terroristische Vereinigung, auch kein verrückter Einzelner (wie in "Stirb langsam 4") steht dahinter. Nein, der Drahtzieher beruft sich auf die amerikanische Unabhängigkeitserklärung...

Das Fazit ist: Eagle Eye beweist, dass auch ein Actionreißer bittere politische Wahrheiten transportieren kann, wenn er seine Figuren nur ansprechend genug charakterisiert.

Frank Arnold

Foto: ap

(SZ Extra vom 09.10.2008)

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Folk-Konzert

Wie Dylan, aber anders Den Produzenten Rick Rubin kennt man als einen, der in die Jahre gekommene Musiker wie Johnny Cash und Neil Diamond wieder aufmotzt. Nun hat er sich den jüngsten Spross von Folk-Legende Bob Dylan - Jakob - vorgeknöpft.

Der 38-Jährige, der seit 1992 mit seiner Band The Wallflowers Rockmusik macht, nahm mit Rubin sein erstes Folk-Soloalbum "Seeing Things" auf. Das ist mit karger Instrumentierung fast vollständig auf Dylans rauchige Stimme und seine Akustikgitarre abgestimmt.

Vergleiche mit dem Vater drängen sich auf, aber die wehrt der wortkarge Sohn ab. Dylans Münchner Auftritt im Vorprogramm von Eric Clapton im August löste gemischte Reaktionen aus. Sein eigenes Konzert nun mit kleiner Band wurde von der Muffathalle ins Atomic Café verlegt

Donnerstag, 9. Oktober, 21 Uhr, Neuturmstraße 5, Telefon 21 83 91 82.

Foto: ap

(SZ Extra vom 09.10.2008)

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Tanztheater

"Dance 4 Kids": Sechs Produktionen in der Schauburg sollen Kinder aus ihrer virtuellen Welt locken

Er ist ein Held. Keine Frage. John Maynard, Steuermann der "Schwalbe", rettet in Theodor Fontanes Ballade (Foto) das brennende Schiff ans sichere Ufer. Und doch ist er kein Bruce Willis im Muskelshirt, kein fliegender Superman und keiner, über den man überhaupt je einen Film drehen würde.

Denn er scheitert; bezahlt seinen Einsatz mit dem Leben. Nicht das, was also als ein siegreiches Vorbild durchgehen könnte. Genau diese Tatsache aber hat den Intendanten der Schauburg am Elisabethplatz und Regisseur Andreas Denk dazu bewogen, gerade Fontanes John Maynard für Kinder als Tanztheater zu inszenieren und das Festival "Dance 4 Kids" mit dieser Produktion zu eröffnen: Scheitern gehört zum Leben dazu.

Es ist nötig, um erwachsen zu werden und Glück oder Vertrauen als Werte neu empfinden zu können. John Maynard steht aber auch für Menschlichkeit und Selbstaufgabe - Gegensätze zum aktuellen Heldenbild.

Entstanden ist kein neuer Interpretationsversuch der Ballade. Entstanden sind Spots. "Wir haben unsere Gedanken, die wir beim Lesen des Textes hatten - zum Beispiel, warum keiner der Passagiere einen Rettungsversuch unternimmt - spontan in bewegte Bilder umgewandelt", erklärt Dramaturgin Dagmar Schmidt.

Die Frage "Was will der Dichter uns damit sagen?" war tabu. Es gehe, wie Schmidt sagt, um keine stichhaltige Analyse, sondern darum, "Phantasien fliegen zu lassen". So genießen die Passagiere der "Schwalbe" ihre Freizeit, spielen Minigolf oder Roulette. Das Feuer will niemand wahrhaben - bis zur Katastrophe.

John Maynard ist eine von sechs Produktionen, die in der Schauburg anlässlich des "11. Internationalen Festivals des zeitgenössischen Tanzes" ( 25. Oktober bis 8. November) zu sehen sind. Aus den Niederlanden kommen die Unglücksgeschichte "Que Pasa?" (18.-20.10.) und die Produktion "Gasten" von Beumer und Drost aus Amsterdam (21.10.). Ein Spiel mit Kartonschachteln heißt "Carto(O)n" und ist der Beitrag der ungarisch-österreichischen Gruppe "Two in One" (22./ 23.10.).

Aber nicht nur die Kinder, auch die Großen dürfen träumen: mit dem Märchen von "Edgar" (23./24.) und der Geschichte "Don Q." mit Eric Gauthier und dem Tänzerstar Egon Madsen (25./26.): einer kleinen Philosophie des Scheiterns und der Hoffnung.

"Dance 4 Kids", Tanztheater, von Mi., 15., bis Fr., 31. Oktober, Schauburg - Theater der Jugend, Franz-Joseph-Straße 47, Elisabethplatz, 23337155

Nicole Graner

Foto: ap

(SZ Extra vom 09.10.2008)

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