Veranstalter des Nachtflohmarkts:Glücklich mit Trödel

Gerade einmal fünf Euro Startkapital hatten Florian Liss und Stefan Schmidl, um ihre Geschäftsidee zu verwirklichen. Einen ungewöhnlichen Flohmarkt für Studenten wollten sie schaffen. Nach Anlaufschwierigkeiten hat sich ihr Konzept im Nachtleben etabliert. Ein Doppelporträt.

Marie-Therese Schoeß

Zwei grün-gepolsterte Sessel, daneben ein gemütliches Sofa, in der Mitte ein kleiner Bistro-Tisch: Was auf den ersten Blick aussieht wie eine auf einem Flohmarkt zusammengesuchte Kaffeeecke, ist das Büro eines jungen Unternehmens. Hier planen die Veranstalter von Münchens erstem Nachtflohmarkt den "Nachtkonsum". An diesem Samstag bringen die gebürtigen Schwaben Florian Liss und Stefan Schmidl ihren Trödel ins Olympiastadion.

München, Nachtflohmarkt in der TonHalle,

Ihre Geschäftsidee von einem Münchner Nachtflohmarkt ist aufgegangen: die Veranstalter Stefan Schmidl (links) und Florian Liss.

(Foto: ANGELIKA BARDEHLE)

Angefangen hat die Geschichte des Nachtflohmarkts 2007 dabei weniger groß: in der Mensa der LMU München. Liss war gerade im sechsten Semester seines Soziologiestudiums und hatte drei Jahre Uni ohne Praxiserfahrung hinter sich. Da stieß der heute 29-Jährige auf einen Wettbewerb zur Existenzgründung: das 5-Euro-Business. Mit fünf Euro Startkapital verwirklichen Studenten dabei ihre eigene Geschäftsidee. Zusammen mit drei Freunden überlegte sich Liss ein passendes Konzept: Einen Flohmarkt wollten sie veranstalten, aber ein gewöhnlicher durfte es nicht werden.

Studentenfreundlich - so stellten sie sich ihren Trödel vor, als eine Veranstaltung mit Event-Charakter. Getränke und entspannte Musik sollte es geben, dafür möglichst wenig professionelle Händler und Ramsch, außerdem Öffnungszeiten für Langschläfer. Das Konzept stand: Am 7. Juli 2007 öffneten sich die Türen der LMU Mensa, und Studenten verkauften am Abend, wo sie sonst für ihr Mittagessen Platz nahmen. Die Idee war erfolgreich: Die vier gewannen den zweiten Platz und 700 Euro - doch die Zukunft des Projekts blieb ungewiss. Liss konzentrierte sich auf sein Studium und immer stärker geriet der Nachtflohmarkt in Vergessenheit.

Neuen Wind bekam die Idee zwei Jahre später: Schmidl, ein alter Schulfreund, zog nach München. Schon länger hatten die beiden vor, sich gemeinsam selbständig zu machen. Doch Uni- und Arbeitsalltag ließen kaum Raum für neue Pläne. 2009 machten sie trotzdem einen ersten Versuch: Mit dem alten Konzept veranstalteten sie einen Flohmarkt in der Reithalle - der Gewinn blieb aus, die Gastro lief nicht wie erhofft: "Ich glaube, wir haben danach gut 800 Würstchen zur Tafel gebracht", erinnert sich Schmidl. Entspannt lehnt der 31-Jährige in einem der beiden Sessel, vor sich einen selbst gemachten Cappuccino. Heute erzählt er mit Gelassenheit von den Fehleinschätzungen - damals ließ der ausbleibende Erfolg den gelernten Volkswirt am Konzept zweifeln.

Die richtige Idee schien noch zu fehlen: "Wir sind teilweise durch Neuhausen gelaufen und haben eine Idee nach der anderen ausgepackt", sagt er. Vor allem aber hätten sie gemerkt, dass die Qualität des Marktes unter der Doppelbelastung gelitten habe. Liss stand damals in den letzten Zügen des Studiums und Schmidl blieben nur die Feierabende zum Planen.

Deshalb wagten sie den großen Schritt. Schmidl kündigte seinen Job: "Ich wollte keine vier Jahre mehr warten." Und Liss schlug die Warnungen seiner Eltern in den Wind, nach dem Studium erst ein paar Jahre Berufserfahrung zu sammeln. "Für mich tat es am wenigsten weh, den Studentenstatus zu behalten und gar nicht erst richtig zu verdienen", sagt er - sichtlich erleichtert, dass der Plan aufgegangen ist. Er scheint sich etwas bewahrt zu haben von der Jugendlichkeit des Studenten, der den Nachtflohmarkt nach München gebracht hat. Mit einem bunten Shirt und einer locker darüber geworfenen Jacke sitzt er in seinem Büro, immer ein wenig so, als sei er auf dem Sprung zur nächsten Verabredung.

Mit der Tonhalle als neuem Veranstaltungsort gaben sie sich und ihrem Flohmarkt noch eine Chance: Auf diesem Nachtkonsum spielten das erste Mal Livebands und der Slogan "Trödel dich glücklich" sollte das Besondere an dem Event ankündigen. Je später der Abend, desto mehr Besucher - und umso größer war die Gewissheit, dass sich der Schritt gelohnt hatte.

Seitdem ist der Nachtkonsum ihr Hauptberuf: Sie haben mit Köln einen zweiten Standort gefunden - und sie hätten gelernt, den Markt effizienter zu gestalten, erzählen sie. Jetzt geht der Nachtkonsum neue Wege. Ende August lädt er zum ersten Flohmarkt nur für Mädchen ins Feierwerk ein. Und dieses Wochenende geht es ins Olympiastadion: mit Livebands und einem Kilometer Standfläche für alte Kostbarkeiten.

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