Uschi Glas wird 65:Das weißblaue Supergirl

"Meine Uschi wurde zur Quotenkönigin" - Gala-Chef Peter Lewandowski hat aufgeschrieben, was er in den vergangenen Jahrzehnten alles mit Uschi Glas erlebt hat.

Vielleicht wäre ich ein Fall für Siegmund Freud und dessen Schüler Theodor Lipps gewesen. Sie beschäftigten sich ja mit Gefühlen, bei meiner Person wäre es mehr um Einfühlungsvermögen, um Empathie gegangen, von denen die beiden Wissenschaftler sagten, sie ermögliche es, Personen von außen zu erfassen und für sich als "Alter Ego" zu konstruieren.

Uschi Glas wird 65: Aus dem Schätzchen ist eine Frau geworden: Uschi Glas ist nun 65 Jahre alt und in ihrem Leben durch durch Höhen und Tiefen gegangen.

Aus dem Schätzchen ist eine Frau geworden: Uschi Glas ist nun 65 Jahre alt und in ihrem Leben durch durch Höhen und Tiefen gegangen.

(Foto: Foto: dpa)

Als Kind habe ich mich zu Faschingszeiten wie Winnetou gefühlt, später, in den Sturm- und Drang-Zeiten, war ich je nach Bedarf Mick Jagger, Günter Netzer, Paul Breitner. Ich bewunderte Oskar Maria Graf, Jack Kerouac und vergötterte Willy Brandt. Bei den Frauen allerdings gab es nur eine und das schon sehr früh.

Ich war damals elf oder zwölf Jahre alt. Von zur "Zur Sache Schätzchen" hatte ich noch nie was gehört, die Bunte war ein Blatt, das im elterlichen Haushalt keine Rolle spielte. Ich weiß nicht mehr, ob es bei einem Freund war oder wie noch heute üblich beim Friseur oder Arzt, dass ich ein Exemplar ergatterte.

Jedenfalls hat sich diese Doppelseite tief in mein präpubertäres Gehirn eingegraben. Ein Foto, schwarzweiß, zwei Menschen auf einer Yacht. Er, ich glaube es war der Kameraproduzent Bob Arnold, vollkommen uninteressant, sie aber, für Jungs wie mich, elektrisierend schön, mit ihren schwarzen Wuschellocken und einem Bikini, der, na ja, Sie wissen schon.

Ab in die Paukerfilme

An diesem Tag kaufte ich meine erste Bunte vom Taschengeld, rannte in sämtliche Paukerfilme mit Uschi Glas, lernte mit einer Frau zu leben, die ich gar nicht kannte - und dann doch wieder so gut. Das ging eine ganze Weile. Manchmal gönnten wir beide uns eine jahrelange Pause. Und plötzlich war sie wieder da.

Als ich zum ersten Mal von München nach Hamburg zog, lief gerade im Fernsehen "Zwei Münchner in Hamburg", und wir konnten, an der Elbe innerlich noch nicht so richtig angekommen, unseren Hang zum Trivialen, gepaart mit Heimweh und Sentimentalität, wunderbar in den eigenen vier Wänden ausleben.

Im zweiten Teil lesen Sie, wann Uschi Glas das Mitgefühl der ganzen Nation hatte und wie die Schauspielerin das Glück verlor.

Das weißblaue Supergirl

Es war die Zeit, in der ich Uschi Glas mit Elmar Wepper teilen musste. Mehr als zehn Jahre lang verkörperten beide das Traumpaar des deutschen Fernsehens. Diese Serie brachte Uschi Glas für die "positive Vermittlung des bayerischen Wesens" den Bayerischen Verdienstorden ein.

Vom Schätzchen, den Schwabinger 68er Zeiten, dem Durchbruch des jungen deutschen Films, redete keiner mehr. Meine Uschi wurde dafür zur Quotenkönigin, hatte als "Tierärztin Christine" und "Anna Maria - eine Frau geht ihren Weg", mehr Zuschauer als die Tagesschau, wurde mit Preisen und Orden überschüttet. Es war die Zeit, in der ich nun doch etwas auf Distanz zur Angebeteten ging.

Uschi, die neue bayerische Volksheldin, stellte ihr Familienglück mit den drei Kindern im Dirndlschick zur Schau, zeichnete sich durch zelebrierte Bodenständigkeit aus, die sich in innigen Sympathiebekundungen für die CSU äußerte. Uschi Glas, das Gesicht Bayerns: fleißig, adrett, hübsch, ein kleines bisschen sexy, aber nicht zu viel, ein weißblaues Supergirl. Dass dies alles hart, mit unglaublichem Willen, ja auch mit Sturheit erarbeitet wurde, zeigte sich erst viel später, als die Fassade bröckelte.

Meine platonische Jugendliebe

Natürlich war es Zufall, dass mein erster Titel als Gala-Chefredakteur sich mit Uschi Glas, meiner platonischen Jugendliebe, beschäftigte. Es war die Zeit, in der sie lernen musste, sich neu zu finden. Sie hatte das Mitgefühl der ganzen Nation, als sich ihr Mann mit einer Jüngeren erwischen ließ, und sie erntete das triviale Mitleid von Millionen, als sie sich, wie einst in "Zur Sache Schätzchen", mit Ende 50 im Bikini und erotischen Posen von Max, dem inzwischen eingestellten Lifestyleblatt, fotografieren ließ. Ihr niederbayerischer Sturschädel hatte beschlossen, die Zeit noch mal zurückzudrehen, um es allen zu zeigen, vor allem ihm, ihrem Ex-Mann Bernd Tewaag.

Genützt hat's nix. Die negativen Schlagzeilen nahmen zu. Der Streit um eine von ihr vermarktete Hautcreme mit Stiftung Warentest eskalierte derart, dass man sich vor dem Berliner Landgericht wieder traf, die Sorge um den einen Sohn wurde zum Dauerthema. Schlägereien, Alkohol- und Drogenexzesse und ein momentaner Gefängnisaufenthalt zerstörten endgültig das Heile-Welt-Bild, um das sich die Schauspielerin ihr Leben lang bemüht hat. Plötzlich war selbst sie in der Realität angekommen. "Das verlorene Glück" haben wir bei Gala damals getitelt.

Sie hat es sich ein bisschen zurückverdient. Sie ist wieder verheiratet, lebt zurückgezogen. Aus dem Schätzchen ist eine Frau geworden, die durch Höhen und Tiefen gegangen ist. Fast wie im richtigen Leben - und das macht sie wieder so sympathisch. Alles Gute und Liebe zum 65. Geburtstag, Frau Glas.

Der Autor ist Chefredakteur der Illustrierten Gala.

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