Urteile im Islamistenprozess:Dschihad im Internet

Drei junge Leute hatten sich für Terrorgruppen im Internet engagiert und kamen deshalb vor Gericht. Die Richter im sogenannten Münchner Islamisten-Prozess zeigten jedoch Milde.

Zwei Männer und eine Frau sind am Dienstag vom Oberlandesgericht München wegen Unterstützung und Werbung für eine terroristische Vereinigung verurteilt worden. Die Strafen blieben mit einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe als Höchstmaß eher milde. Dennoch bezeichnete die Bundesanwaltschaft den Schuldspruch als "wegweisend in rechtlicher Hinsicht". Die Entscheidung setze ein Zeichen gegen den "Internet-Dschihadismus" im Netz und gehe insofern weit über die Verurteilung der Angeklagten hinaus.

Urteil ewartet im Prozess gegen acht mutmassliche Terrorhelfer

Vivian S. (2.v.l.) und Harun A. (r.) sind glimpflich davon gekommen. Die Urteile im sogenannten Islamistenprozess fielen milde aus.

(Foto: dapd)

Der mit 25 Jahren älteste Angeklagte erhielt wegen Unterstützung einer Terror-Organisation im Ausland und Werbung für die Vereinigung sechs Monate Bewährungsstrafe. Die 24-jährige Frau wurde nur der Werbung schuldig gesprochen, sie muss an einem sozialen Trainingskurs teilnehmen. Den zur Tatzeit erst 15-jährigen jüngsten Angeklagten, 18, sprach der Staatsschutzsenat schuldig, setzte aber die Entscheidung über eine eventuelle Jugendstrafe auf zwei Jahre zur Bewährung aus.

Die Urteile liegen unter dem Antrag der Karlsruher Anklagebehörde, die für den 25-Jährigen zehn und für die beiden Mitangeklagten acht Monate auf Bewährung gefordert hatte. Bundesanwalt Georg Bauer geht aber davon aus, dass die Entscheidung rechtskräftig wird. Die drei Angeklagten und fünf weitere junge Leute, gegen die das Gericht das Verfahren abtrennte, haben laut Anklage von August 2006 bis März 2008 über die Internet-Plattform der militanten Globalen Islamischen Medienfront (GIMF) Propaganda-Material und Gräuel-Videos der Terror-Organisationen Al Kaida und Ansar al-Islam verbreitet. Gegen die anderen Angeklagten wird in der kommenden Woche weiter verhandelt.

Die drei am Dienstag verurteilten Angeklagten hatten zu Prozessauftakt ihre Internet-Aktivitäten gestanden. Alle drei haben sich von ihrer damaligen Einstellung distanziert. Sie sind nicht vorbestraft und führen inzwischen ein geordnetes Leben. Der Jüngste geht noch zur Schule. Ob die Wandlung des laut Gericht "freundlichen, offenen, überdurchschnittlich intelligenten und zielstrebigen" jungen Mannes anhalte, werde die Zeit erweisen. "Wenn sie verläuft, wie wir es erhoffen, wird eine Jugendstrafe nicht verhängt werden müssen", sagte der Vorsitzende Richter Manfred Götzl.

Der älteste Angeklagte litt zur Tatzeit unter einer Jugendform der Schizophrenie, der Senat schloss daher erheblich verminderte Schuldfähigkeit nicht aus. Bei der Frau, die sich damals noch in der Entwicklung befunden habe, konnte das Gericht weder schädliche Neigungen noch eine schwere Schuld erkennen, eine Jugendstrafe komme daher nicht in Betracht. Die 24-Jährige ist inzwischen verheiratet und Mutter, ein weiteres Kind ist unterwegs.

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